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Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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sie vor Schmerz aufkeuchen ließ, traf sie am Bein.
    Plötzlich wehte eine Regenböe über den Platz, die Kapuzen von den Köpfen riss und Gewänder wild zum Flattern brachte. Mehrere Pferde wieherten schrill. Adela sah, wie eines der Tiere wie ein riesiger Schatten auf sie zusprang. Der Sattel war leer. Die Steigbügel baumelten lose an den Seiten herab. Die Männer wichen zurück. Angst- und Schmerzensschreie wurden laut, als das Tier in die Menge preschte. Nun warfen auch andere Pferde ihre Reiter ab.
    Panisch versuchten die Menschen, den stampfenden Hufen auszuweichen. Niemand kümmerte sich mehr um Adela. Sie wurde von den fliehenden Menschen einfach mitgerissen. Für einen Moment glaubte sie, in dem Durcheinander das blasse Gesicht einer Frau wahrzunehmen, die auf einem der wild gewordenen Pferde saß. Es kam ihr entfernt bekannt vor. Doch gleich darauf vergaß sie es wieder in dem Bemühen, zwischen den ineinander verkeilten Leibern nicht zu fallen und niedergetrampelt zu werden.
    *
    Schon am Fuß der Stiege zu ihrer Kammer hörte Adela Robin weinen. Sie hetzte die Stufen hinauf. Als sie die Tür aufstieß, sah sie, dass das Kind von dem Strohsack gefallen war. In seinem dünnen Hemdchen lag es auf den rohen Dielen. Sein Gesichtchen war ganz verzerrt vor Schmerz und Angst. Seine Windeln hatte es abgestreift. Eine Urinlache breitete sich um es aus.
    »Mein Herzchen, es ist ja gut. Ich bin bei dir …«, flüsterte Adela weinend. Sie durfte keinen Augenblick länger als nötig hier verweilen. Hastig wischte sie Robin notdürftig mit einem Lappen sauber. Dann hob sie das Kind hoch, wickelte es in eine Decke und band es sich an den Leib. Sie hatte eben die Kapuze ihres Mantels über ihren Kopf gezogen und sich ihr Bündel umgehängt, als sie hörte, wie sich die Haustür knarrend öffnete. Schritte kamen die Treppe hinauf. Sie waren leichter als die ihrer Wirtin.
    Adela wich zur Wand zurück und zog ein Messer aus ihrem Bündel. Sie konnte nicht mehr klar denken. Sie wusste nur, dass sie Robin beschützen würde und wenn es sie das Leben kosten sollte. Jetzt hatten die Schritte das Ende der Stufen erreicht. Die niedrige Tür schwang auf. Adela umklammerte den Messergriff fester. Eine stämmige Frau bückte sich in den Raum. Unter ihrem weiten dunklen Mantel trug sie den Habit einer Nonne.
    »O Gott, steckt das weg«, keuchte die Frau entsetzt, als sie das Messer in Adelas Hand sah. »Ich will Euch doch nichts Böses. Meine Herrin schickt mich. Ich soll Euch und Eure Tochter an einen sicheren Ort bringen.«
    »Eure Herrin …?« Adela verstand nicht.
    »Matilda, die Äbtissin von Barking. Ihr habt damals in der Normandie ihr Mündel Joanna gerettet.«
    Wirre Bilder tauchten in Adelas Gedächtnis auf. Ein braunhaariges Mädchen auf einer Schaukel. Ein Wespenschwarm vor einem blauen Herbsthimmel. Hatte sie dies wirklich erlebt?
    Als Adela nicht reagierte, packte die Nonne sie am Arm und zog sie zur Treppe. »Nun beeilt Euch doch«, drängte sie. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Hier, nehmt meinen Mantel.« Sie hängte Adela das Kleidungsstück um die Schultern. Erst jetzt begriff Adela, dass ihre eigenen Gewänder von der Flucht in der panischen Menge völlig zerfetzt waren.
    Alle Energie wich von ihr. Sie ließ sich von der Nonne die steile Stiege hinunterführen. Vor dem Haus wartete ein Karren. Auf der Ladefläche lagen einige grobe Decken und leere Säcke.
    »Kriecht mit Eurer Tochter darunter und sorgt dafür, dass das Kind nicht schreit«, befahl ihr die Nonne.
    Apathisch kam Adela der Aufforderung nach. Decken wurden über sie und Robin gebreitet. Sie rochen streng nach Pferden. Adela streichelte das Köpfchen ihrer Tochter, die ruhig an ihrer Brust lag. Dann setzte sich der Karren rumpelnd in Bewegung. Adela war zu erschöpft, um sich zu fragen, wohin er sie wohl bringen würde.
    *
    Er hatte gedacht, die Tochter Alines wäre auf dem brennenden Gut umgekommen, nachdem er sie ohnmächtig auf dem Bett zurückgelassen hatte. Aber nun lebte sie und spazierte ihm direkt vor die Augen. William de Thorignys Armstumpf, der dicht oberhalb des früheren rechten Ellenbogengelenks endete, schmerzte, was seit Wochen nicht mehr der Fall gewesen war. Es kam ihm vor, als hätte Adela selbst das Schwert geführt, mit dem ihr verdammter Mann seinen Arm vergiftet hatte. Er lächelte grimmig. Welch ein Hohn, dass seine Behauptung, sie sei eine Hexe, plötzlich gar nicht so weit hergeholt schien.
    Und wie mit Zauberei schien

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