Die Rache der Jagerin
wenn du es verändern könntest?«
»Ich glaube, das wäre eine Sisyphusarbeit. Manche begrüßen Veränderungen, andere lehnen sie ab. Und manche lehnen sie sogar vehement ab.«
»Und zu welcher Gruppe gehörst du?«
Für eine Weile sagte er nichts. »Ich denke, das Einzige, das ich verlieren kann, ist das hier. Und dass wir ein verdammt gutes Team bilden.«
Darüber dachte ich nach, während mein Kopf bequem an seiner Schulter ruhte. Wir standen kurz vor einem Krieg – einem Krieg, den niemand in der Stadt kommen sah. Erst wenn sich die Gewalt auf der Straße ausbreiten würde, würden die Menschen es merken. Furcht hatte die abtrünnigen Blutsauger und Halbvamps bisher zurückgehalten – die Furcht, durch die Hand eines Jägers einen raschen Tod zu finden. Doch jetzt organisierten sie sich. Der abgekartete Überfall, dem meine beiden Triadenpartner zum Opfer gefallen waren, war sorgfältig geplant und ausgeführt worden. Auch wenn die Dregs den Plan nicht selbst ausgeheckt hatten, führten sie doch immerhin Befehle aus. Und Calls Miliz stand bereit, um alles zu zerstören.
Es sei denn, wir sprengten sie von innen heraus auseinander.
»Also …« Ich ließ die zweite Silbe verklingen. »Dir ist bewusst, dass dich die Zusammenkunft einen Mörder nennt?«
»Nicht heute Nacht, Evy, bitte. Das werde ich dir erzählen, aber eine offene Wunde pro Abend reicht.«
»Sie sagten, ich solle den Mörder, den ich decke, nach Snow und seinen Verbindungen zu den Triaden fragen. Wenn sie dich damit gemeint haben, dann …«
»Ich weiß nicht, wer Snow ist.« Dem Klang seiner Stimme nach sagte er die Wahrheit, aber seine angespannte Haltung ließ mich daran zweifeln.
»Wieso nennt dich der Älteste der Kitsune dann einen Mörder und scheint von Snows Plänen nicht im Geringsten überrascht zu sein?«
Jemand klopfte an die Tür. Die Störung ärgerte mich, und ich hätte dem Neuankömmling beinahe ein »Verpiss dich« entgegengeschleudert. Doch da wir Phin erwarteten, kletterte ich mit großem Bedauern von Wyatts warmem Schoß.
»Glaube ja nicht, dass diese Diskussion zu Ende ist, Truman«, murmelte ich, während ich zur Tür trottete. Selbstverständlich hatte Phin sich draußen so hingestellt, dass er durch den Spion gut zu sehen war. Ich schloss die Tür auf, und er eilte herein, ohne auf eine Aufforderung zu warten.
»Jenner hat mich angerufen«, sagte er. »Die Sache mit der Zusammenkunft tut mir leid. Eigentlich hättest du es verdient, die Information zu bekommen.«
Ich zuckte mit den Schultern, während ich die Tür schloss und verriegelte. »Je länger ich darüber rede, Phin, desto weniger bin ich davon überzeugt, dass Zweifachwandler in Gefahr sind. Ich denke nur …«
»Was?«
»Was Jenner mir in seinem Büro gesagt hat, beschäftigt mich noch immer. Diese Bemerkung über Märchen. Was wollte er damit sagen?«
Er verzog die Mundwinkel zu einem Lächeln. »Er hat dir einen Hinweis auf die Identität der Zweifachwandler-Clans gegeben.«
»Wirklich? Denn wenn das ein Hinweis sein soll, ist er echt beschissen.«
»Uns gibt es schon lange, Evy. Lange genug, dass wir einige Mythen und Legenden unter den Menschen inspiriert haben.«
Da fiel mir Tattoos Reaktion ein, als er Phin auf dem Dach des Fitnesscenters gesehen hatte. »Zum Beispiel die Engel?«, fragte ich.
»Ganz genau.«
Das ergab auf eine eigenartige Weise Sinn. Halb Mensch, halb Tier. In der griechischen Mythologie gab es eine Geschichte über ein Wesen, das halb Mensch und halb Pferd war. Hm. Wenn das alles vorbei war, sollte ich vielleicht einmal in die Bibliothek gehen und herausfinden, welche anderen Clans noch Zweifachwandler sein konnten. Oder ich beauftragte Wyatt damit, denn er war besser, wenn es um Recherche ging. »Danke, Phin.«
Er nickte.
»An dieser Front bleibt uns allerdings nichts mehr zu tun.« Während er ins Zimmer hineinkam, machte ich einen Schritt auf ihn zu. »Hast du Call gesehen?«
»Ja.« Phins Nasenflügel bebten, und sein Blick huschte kurz zu Wyatt, der immer noch angespannt auf dem Stuhl saß. Dann betrachtete Phin wieder mich. Was denn …? Oha. Sein ausgezeichneter Geruchssinn. Wyatts Duft musste an mir wahrnehmbar sein. Ich zog fragend eine Braue hoch.
Er fuhr fort: »Ein durchschnittlicher Mensch, ungefähr von deiner Größe, vielleicht fünf Zentimeter größer, und von schmächtigem Körperbau. Er hat braune Haare, dunkle Augen, aber keine erkennbaren Narben oder Muttermale. Eigentlich ist gar nichts
Weitere Kostenlose Bücher