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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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Kuss hätte mir womöglich gefallen – was ich nie zugegeben hätte. Letztlich behielt jedoch Ehrlichkeit die Oberhand. »Der Grund.«
    Er lächelte, und seine blauen Augen strahlten. Die Wärme und Zuneigung in seinem Blick war direkt an mich gerichtet, und sosehr diese Erkenntnis mir das Herz aufgehen ließ, sosehr ließ sie mich bis ins Mark frösteln. Niemals würde ich das zulassen. Phin war Teil meiner Arbeit, Teil des Versprechens, das ich einlösen musste, aber noch viel wichtiger: Er war ein Dreg. Nicht der Schlimmste, sondern sicher einer der besten, die ich kannte. Doch trotz allem war er eben kein Mensch.
    Nichtmenschen sind unsere Feinde, denen man nicht über den Weg trauen darf. Punkt. Das war der Kernsatz aus dem Ausbildungslager, den man mir in den ersten Wochen dort Tag und Nacht eingeschärft hatte. Er gehörte zum Mantra der Triaden. Heutzutage wurde er jedem Rekruten mithilfe eines Videos eingebleut, das am ersten und am letzten Tag der Ausbildung gezeigt wurde. In dem Video war ein Jäger zu sehen, der nicht wachsam genug gewesen war und einen grausamen Preis dafür bezahlt hatte. In meiner ersten Woche bei den Triaden hatte ich diese Szene selbst miterlebt.
    »Evy?«
    Die Stimme durchbrach meine Gedanken. Abrupt riss ich den Kopf herum. Phin sah mich mit einer Mischung aus Besorgnis und Skepsis an. Sein Mund war leicht geöffnet.
    »Sorry, mit mir ist alles in Ordnung«, sagte ich.
    »Okay, nur noch ein letzter …«
    »Wenn du mich noch einmal küsst, setzt es eine Tracht Prügel.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht doch. Bitte, Evy, egal, was passiert oder was sie sagen, du musst mir vertrauen, dass ich dich beschütze.«
    Phin hatte keine Ahnung, was er da von mir verlangte. Schließlich wussten wir nicht, wie sich diese Stippvisite entwickeln würde. Ob sie uns angreifen oder akzeptieren würden oder wie viel Schauspielerei es erfordern würde, sie davon zu überzeugen, dass wir es ernst meinten. Phin würde bei dieser Sache die Führung übernehmen, und das war eine Vorstellung, die mir nicht in den Kram passte. Es war mir lieber, wenn ich die Fäden in der Hand hielt.
    Doch mir blieb keine Wahl. »Ich verspreche es«, willigte ich ein, und auch wenn ich überzeugt klang, war ich es in meinem Innern nicht. Dennoch setzte ich ein heiteres Lächeln auf und strich mir mit beiden Händen durchs Haar, das für meinen Geschmack entschieden zu lang war. »Komm schon, bevor sie das Treffen verschieben und alles umsonst war.«

    Während wir uns dem Treffpunkt näherten, versuchten wir, gelassen und gleichzeitig entschlossen zu wirken. Ich hatte mich an Phin geklammert und beide Arme um seine schlanke Taille geschlungen. An seinem Bauch trafen sich meine Hände, und ich hielt sie so fest verschränkt, als wollte ich ihn nicht wieder hergeben. Er hatte den rechten Arm um meine Schulter gelegt, und seine Fingerspitzen kitzelten meinen nackten Oberarm. Unsere Schritte waren perfekt aufeinander abgestimmt, so dass wir wie ein ungleiches Zwillingspaar nebeneinander herwippten.
    Um die rostige Eisenbank hatten sich fünf Gestalten versammelt. Vier davon bildeten einen Halbkreis um den Mann mit dem schwarzen Hut. Dieser war größer als die anderen, doch seine Figur wurde von einem unförmigen Trenchcoat verdeckt. Angesichts seines klischeehaften Outfits hätte ich am liebsten die Augen gerollt. Doch ich beherrschte mich und beließ es bei einem lautlosen Kichern.
    In zwei der Typen, die um den Kerl herumstanden, erkannte ich die beiden Teenager wieder, die aus dem Restaurant gerannt waren. Sie waren vielleicht siebzehn, hatten beide braunes Haar, das gleiche spitze Kinn und runde Augen. Wahrscheinlich waren sie verwandt oder stammten aus demselben Clan, falls es sich bei ihnen um Therianer handelte.
    Die beiden anderen waren Mitte zwanzig und offenbar ein Paar. Allem Anschein nach gab sie in der Beziehung den Ton an. Sie stand hoch aufgerichtet da – beinahe wie ein Garderobenständer. Die Arme hatte sie spitz angewinkelt, die Hände steif in die Hüften gestemmt. Ihr blauer, knöchellanger Rock war tadellos gebügelt und wurde von einem Gürtel gehalten. Die etwas hellere Bluse war ebenfalls faltenfrei und ordentlich in den Rock gesteckt. Unter einer blassblauen Strickmütze verbarg sie ihr Haar, die Augen hinter einer Designersonnenbrille. Nichts vermochte jedoch ihre bleiche Hautfarbe und die gertenschlanke Figur zu verbergen. Es war mehr als offensichtlich, dass sie eine Vampirin war.
    Wenn sie

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