Die Rache der Jagerin
Clanangelegenheiten einmischen.«
Ich funkelte sie wütend an. »Phineas ist zu mir gekommen …«
»Er ist ein Dummkopf, wenn er dir vertraut. Wir werden die Coni in Sicherheit bringen, bis diese Sache vorbei ist.« Wieder fauchte der Jaguar, und Belle grinste. »Er hat dir heilige Geheimnisse verraten, die du nicht wissen darfst.«
»Woher …?«
Sie fasste sich ans Ohrläppchen. Das Gehör der Therianer – natürlich! Sie hatte uns im Restaurant belauscht und wusste, was Phin mir über die Zweifachwandler erzählt hatte.
Mir wurde heiß. Hatte das von Anfang an zu Phins Plan gehört? Hatte man mich wieder einmal bloß ausgetrickst? Mich ein weiteres Mal als Spielfigur auserkoren? Ich ballte die Fäuste so sehr zusammen, dass sie schmerzten, und vor Wut lief ein Beben an meiner Wirbelsäule herauf und herunter. Ich spürte das Knistern der Kraft der Kluft und behielt die Küche im Hinterkopf.
»Was ist mit Michael Jenner?«, fragte ich und zwang mich, ihr nicht ins Gesicht zu springen.
Belles Nasenflügel erzitterten. »Was soll mit ihm sein?«
»Er wird mir zuliebe die Zusammenkunft aufsuchen, denn wir glauben, dass den Clans von denselben Leuten Gefahr droht, die auch die Coni und Stri töten ließen. Und ich will herausfinden, wer dafür verantwortlich ist. Das habe ich Phin versprochen.« Sein Name hinterließ einen bitteren Nachgeschmack in meinem Mund.
»Und wenn es ein Mensch ist?«
»Mich kümmert es einen feuchten Dreck, ob es ein Mensch, eine Fee, ein Kobold oder Gott höchstpersönlich ist. Er wird seine Strafe erhalten.«
Sie ging auf mich zu, während ihre Hand auf dem Rücken des Jaguars ruhte. Im Laternenlicht funkelten ihre kupferfarbenen Augen wie die einer Raubkatze. »Du lügst. Ich kenne niemanden, der eine fremde Rasse über die eigene stellt.«
»Verbrecher bleibt Verbrecher.«
»Blödsinn.«
»Du würdest dich gegen den Entschluss der Zusammenkunft stellen?«
»Die Zusammenkunft hat noch über nichts entschieden, Menschenfrau, und ich werde ihr die Mühe ersparen.«
Sie stellte sich vor den Jaguar und beugte sich nach vorn. Schwarze und braune Haare sprossen aus ihrer glatten Haut, und ihr Gesicht wurde flacher und breiter. Innerhalb von Sekunden verwandelte sie sich in einen Tiger, der noch größer war als der Jaguar, der bereits in meinem Schlafzimmer Hof hielt.
Belle, das Tigerweibchen, fauchte und schlich zurück, um sich zum Angriff bereit zu machen.
»Komm her, Miezekatze«, sagte ich.
Da sprang sie auf mich zu. Ich zapfte die Kluft an und ließ mich von der Energie auseinanderreißen. Ich bildete mir ein, zu spüren, wie Belle an dem Punkt aufsetzte, an dem ich eben gestanden hatte. Ich stellte mir die Küche vor und bewegte mich darauf zu. Doch dann stieß ich mit etwas Elektrischem zusammen. Blaue Blitze zuckten über mein Gesichtsfeld, und die Haare standen mir zu Berge. Schreiend fiel ich zu Boden.
Ich landete auf dem Teppich, rollte mich ab und ging in die Hocke. Mir war schwindelig und speiübel. Gerade mal einen Meter von der Schlafzimmertür entfernt war ich im Wohnzimmer gelandet. Sogleich hechtete der Jaguar auf mich zu, so schnell, dass ich ihn nur als einen verschwommenen Schatten wahrnahm. Ich duckte mich. Zu spät – seine rasiermesserscharfen Klauen rissen mir den Rücken auf. Feuriger Schmerz breitete sich aus. Mit der jämmerlichen Nagelfeile stieß ich zu und versenkte sie bis zum Heft im linken Schenkel des Jaguars. Dieser heulte auf und humpelte davon.
In dem Moment traf mich Belle von der Seite und nagelte mich mit dem Gewicht ihres Leibs am Boden fest. Ihr heißer, feuchter Atem schlug mir ins Gesicht, und als sie die fingerlangen Zähne bleckte, tropfte Sabber auf mich herab. Sie ließ eine seltsame Mischung aus Knurren und Schnurren hören. Lachte sie mich etwa aus?
Das war gar nicht gut.
Mit dem Blockadezauber hatte ich nicht gerechnet. Sie hatte mitbekommen, dass Phin und ich auf die Toilette gegangen und nicht zurückgekommen waren. Wahrscheinlich hatte sie erraten, dass ich eine entsprechende Gabe besaß, und hatte sich darauf vorbereitet. »Clever«, meinte ich, obwohl meine Lungen schmerzten, weil ich nicht richtig Luft holen konnte.
»Für eine Katze, meinst du?«, fragte eine fremde Männerstimme.
Ich drehte den Kopf um einige Zentimeter. Neben dem Sofa stand ein nackter Mann, der eine Nagelfeile in der Hand hielt. An seinem Bein floss Blut herab. Er war schlank und unscheinbar, und Brust und Beine waren mit dunklem Haar
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