Die Rache der Liebe

werde. Aber jetzt können wir nicht nur zu dritt losreiten. Royce wird schon mehr als wütend sein, dass ich mich unter seine ver hasst en Feinde begebe, aber wenn ich darüber hinaus nicht auch für jede Eventualität, einschließlich eines Kampfes, gerüstet bin, wird er mir das Fell über die Ohren ziehen. Also lauft los und seht nach, wie viele von Seligs Männern uns begleiten wollen! «
    »Sie werden alle mitkommen wollen. «
    Kristen hatte das nicht bezweifelt. »Dann weist sie an, wenig Gepäck mitzunehmen, damit wir schnell reiten können. Wir brauchen nur Nahrung für ein, zwei Tage, denn bis ich meinen Bruder befreit habe, werden wir nur anhalten, um den Pferden etwas Rast zu gönnen. Ich werde auch von Royces Männern eine ähnlich große Anzahl zusammentrommeln. In einer Stunde reiten wir los. «
    »Ah, ein Überraschungsangriff, die Dänen mit ihrer eigenen Taktik schlagen!« grinste Thorolf beifällig. Kopfschüttelnd musterte sie die beiden Männer; sie kannte sie einfach zu gut. »Wir werden den Kampf nicht suchen.«
    Ivarr zuckte vergnügt die Achseln. »Dann können wir nur hoffen, dass er uns findet.«
     

10
    Als sich Kristen mit ihren Mannen Gronwood näherte, wurden die Tore geschlossen, doch angesichts der Größe der Reiterschar, die man noch nicht als Freund oder Feind identifiziert hatte, war das nur allzu verständlich. In Wyndhurst hätte man genauso gehandelt. Und dasselbe war auch bei sämtlichen Landgütern geschehen, an denen sie auf ihrem Weg hierher vorbeigeritten waren. Immerhin bestand die Truppe aus fünfundzwanzig Wikingern, allesamt hünenhafte, eindrucksvolle Gestalten, sowie zwanzig bewaffneten Angelsachsen.
    Es war ein merkwürdiger Anblick, die beiden Völker nach so vielen Jahren des Kriegs gemeinsam reiten zu sehen. Außerdem erwies es sich als Vorteil, dass die Anzahl beider Völker nahezu gleich war, denn angesichts der zahlreichen Angelsachsen kamen die Bewohner von Wessex nicht auf den Gedanken, die Wikinger würden erneut bei ihnen einfallen, während in Ostanglia der Anblick der zahlreichen Wikinger die Dänen davon abhielt, zu den Waffen zu greifen.
    In einiger Entfernung vom Festungswall hielten sie an, und die Männer verteilten sich entlang der Baumreihe, die sich gegenüber von Gronwood erstreckte. Als Thorolf Kristen überreden wollte, bei der Truppe zu bleiben, kam es zu einem kurzen Wortwechsel, der damit endete, dass Kristen dann doch, flankiert von Thorolf und Ivarr, auf das Tor zuritt; die Vorhut bildete der Bote aus Gronwood, der ihr Anliegen vorbringen sollte.
    Sie muss ten eine Weile warten, da man erst eine Person von Rang herbeiholen wollte. Kristen erwartete nicht, nach drinnen geladen zu werden und hätte solch ein Angebot auch abgelehnt. Aber ebensowenig hätte sie damit gerechnet, dass die Tore geöffnet würden und ein Riese von Mann erschiene, gefolgt von einer Frau und vier weiteren Männern.
    Die vier Wachmänner hielten ihre Hände nervös an den Schwertern. Ivarr und Thorolf beachteten sie gar nicht, sondern hielten argwöhnisch den gigantischen Wikinger mit der über den Rücken gegürteten, monströsen Streitaxt im Auge. Kristen stieß einen Laut des Unmuts aus, da sie im Moment keinen Sinn für die unter Männern typische Angewohnheit hatte, die körperliche Stärke des anderen abzuschätzen, vor allem angesichts der Tatsache, dass hinter den Mauern sicher Dutzende von Männern mit gespannten Bogen bereitstanden.
    Die Frau war wohl Lady Erika, wenngleich Kristen sie nicht sehen konnte, da sich der Wikinger beschützend vor ihr aufgebaut hatte. Kristen ließ ihr Pferd etwas weiter nach vorne traben, bis sie nur mehr wenige Schritte von der anderen Gruppe entfernt war, und stieg ab. Sie wollte die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen, wollte ihren Bruder befreien und sofort wieder zurückreiten, aber nun würde sie erst ein lästiges Palaver führen müssen. Da sie nun allein vorgeschritten war, müss te sich eigentlich auch die andere Frau dazu aufgefordert fühlen. Sie kam tatsächlich, legte die Hand nachdrücklich auf den Arm des Riesen, um ihn daran zu hindern, ihr zu folgen.
    Sie ist zu jung, um Selig als Gefangenen zu halten, schoss es Kristen beim Anblick der Frau durch den Kopf.
    Sie ist eine kriegerische Walküre, dachte Erika, als sie vor der beinahe sechs Fuß großen Frau stand.
    Der Bote hatte Erika mitgeteilt, um wen es sich bei Kristen handelte. Erikas Rang wiederum war an ihrem reichbestickten Übergewand aus