Die Rache der Liebe
verzehrte. Was sie erleidet, soll sie durch mich erleiden. Gegen ihre Tränen ankämpfend, schloss sie die Augen.
Zufrieden mit ihrer Reaktion, beobachtete Selig sie. Sie war so verdammt schön, so verdammt begehrenswert selbst jetzt, in seinem Hass , vermochte sie ihn zu erregen und gleichzeitig so verdammt grausam. Noch nie hatte er solch eine Frau kennengelernt. Konnte sie nicht mit der Macht umgehen, die ihr Bruder ihr überließ? Seine Mutter und seine Schwester hatten ebenfalls Macht ausgeübt, die Macht aber nie derart miss braucht wie diese Dänin. Sie hatte ihn auspeitschen lassen, und aus welchem Grund? Weil er ihr angeboten hatte, ihr Bett mit ihm zu teilen. Andere Frauen wären über diese Gelegenheit überglücklich gewesen.
Und während man ihn ausgepeitscht hatte, war sie daneben gestanden und hatte gelacht, diese kaltherzige, böse ... diese wunderschöne Hexe! Doch sie würde dafür büßen. Er konnte es kaum erwarten. Und bevor er mit ihr fertig wäre, würde sie ihn um Gnade anwinseln, und dann würde er derjenige sein, der lachte.
»J a, mir gefällt dieser Strick um deinen Hals so gut«, fuhr er fort, » dass ich dir ein Band aus Eisen anfertigen lassen werde, aye, ein Band aus Eisen mit einem Ring daran. Denn mit so einem Ring lässt sich allerlei machen, ich habe da schon ein paar Ideen. «
Erika schaute auf, um zu sehen, ob er noch immer lächelte, aber nun lag Hass in seinen Augen, tiefer, verzehrender Hass . Sie würde also nicht gehängt werden, aber die Angst würde dennoch bleiben, und genau das beabsichtigte er ja auch. Mit ihr spielen? Nay, das war zu milde ausgedrückt; er wollte sie in den Wahnsinn treiben.
»Findest du das nicht amüsant?« fragte er.
Erika fehlten die Worte. Sie konnte nur den Kopf schütteln.
»Gut«, sagte er nun eisig. »Ich werde nämlich dafür sorgen, dass du nie mehr lachen wirst!«
Das klang so bedeutungsvoll, als läge hinter diesen Worten mehr als nur eine Drohung und ein Versprechen. Erika war zu mitgenommen, um ihm eine Antwort geben zu können. Der Wikinger rutschte nun ein Stück weiter, bis Erika ihn nicht mehr sehen konnte. Süße Freya, wenn er doch nur für immer verschwunden bliebe!
15
Die Männer packten ihre Satteltaschen und machten sich für die Weiterreise bereit. Kristen wollte neben ihrem Gemahl reiten, und so konnte auch Erika nicht länger im Wagen bleiben, da man sie unmöglich mit dem hilflosen Selig allein lassen durfte. Von wegen hilflos! Der Mann mochte vielleicht noch schwach wie ein neugeborenes Baby sein, aber dafür verstand er es, seine Worte besser als jede Waffe einzusetzen.
Dennoch war Erika dankbar, seiner unmittelbaren Nähe entronnen zu sein, selbst wenn sie nun zu laufen gezwungen war. Das Laufen hätte sie auch gar nicht gestört, nur hatte man ihr die Schuhe nicht zurückgegeben.
Sie war sich nicht einmal sicher, ob das mit Absicht geschehen war, denn es war nicht Kristen, sondern Thorolf gewesen, der ihr die Handgelenke gefesselt und sie daran mit einer langen Schnur an den Wagen gebunden hatte. Erika bezweifelte, dass Thorolf das Fehlen ihrer Schuhe überhaupt bemerkt hatte, da ihr Unterkleid bis auf den Boden reichte. Und die Norwegerin hatte womöglich vergessen, dass sie ihr am Vortag die Schuhe ausgezogen hatte. Andererseits war es durchaus üblich, Gefangene barfuß laufen zu lassen, waren doch wundgescheuerte Fußsohlen die beste Gewähr, eine Flucht zu vereiteln, falls sich dazu doch eine Gelegenheit böte.
Erika war das Fehlen ihrer Schuhe natürlich nicht entgangen, aber aus irgendeinem lächerlichen Grund - vermutlich, weil Selig beobachtet hatte, wie sie an die Rückseite des Wagens gebunden worden war - war sie zu stolz gewesen, nach ihren Schuhen zu fragen. Der Wagen bewegte sich langsam genug, um damit Schritt halten zu können, allerdings boten ihre Strümpfe keinerlei Schutz gegen das harte Erdreich.
Sie hatte sich angewöhnt, neben dem Wagen zu laufen , wo weder sie den Mann, noch der Mann sie sehen konnte, Doch mit der Zeit erschöpften sich ihre Kräfte, und sie schritt wieder hinter dem Wagen einher. Die Anstrengung und die zunehmende Hitze trieben ihr den Schweiß aus allen Poren, aber sie fiel kein einziges Mal hin.
Als die Sonne gerade ihren höchsten Punkt erreicht hatte, dirigierte der angelsächsische Lord sein Pferd neben sie und bot ihr seinen mit Wasser gefüllten Ledersack an. Der Aussage seines Schwagers zufolge hasst e er die Dänen, doch Erika entdeckte in seinen Augen
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