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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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Bann des Krieges zwischen sich.
    »Dem Pfand würde ich mein eigenes Leben opfern«, sagte Siegfried. »Doch Wulfgar lebend der Welt hinterlassen, das kann ich nicht. In Walhall würde mein Vater nicht neben mir speisen, ließe ich den Mörder der Familie, den Verwüster unseres Reiches davonkommen.«
    Sie machten einen vorsichtigen Schritt aufeinander zu, nah genug, um des jeweils anderen Atem zu spüren.
    »Dann ist, was ich bin, nicht genug, um dem Wahnsinn ein Ende zu bereiten?«, fragte Xandria, und ihre Stimme war ein Hauch, der über Siegfrieds Schultern und Rücken bis direkt in seine Lenden wehte. Er strich ihr mit einer Hand über die Wange, den Daumen sanft an ihren Lippen, ihre Augen in Sehnsucht verschließend.
    »Es ist mehr, als ich wünschen könnte – und doch nicht genug, den Willen der Götter zu brechen, die den Fall Xantens fordern«, antwortete Siegfried, und er bereute die Unfähigkeit zur Lüge, die Xandria jetzt auf sein Lager gezwungen hätte. »Meinem Blut gehört der Thron, und Frieden kann nicht herrschen im Unrecht.«
    Die Prinzessin nahm seine Hand von ihrem Gesicht, drückte sie, als gelte es einen Pakt zu beschließen, und sah ihm klaren Geistes in die Augen. »Dann, Siegfried von Island und Xanten, lass mich dir Unrecht zeigen, wo du Frieden suchst.«

    Nazreh war nicht in sein Zelt zurückgekehrt an diesem Abend. Sein Körper verlangte nicht nach Schlaf, sein Lager nicht nach Anwesenheit. Im Beutel trug er, was er brauchte, und weiches Fell an seinen Füßen dämpfte das Geräusch seiner Schritte. Kein Zweig unter ihm brach die Stille, kein raschelndes Blatt verriet seinen Weg.
    Es war geschehen, was er befürchtet hatte. Was als Eroberung begonnen hatte, wuchs sich aus zur Vernichtung. Wulfgar wollte nicht weichen, und Siegfried konnte es nicht. Für beide war die Entscheidung leicht zu treffen, war die Zahl der gefallenen Soldaten doch wenig mehr als das – eine Zahl. Ihren Eitelkeiten und dem Schicksal opferten sie in wütender Sturheit jedes Leben in ihrer Obhut. Nazreh hingegen sah im Herrscher auch den Hüter und im Wohl des Volkes das oberste Gebot.
    Er hatte Siegfried vieles beigebracht, doch vieles war auch an seiner Verschlossenheit abgeprallt. Das noble Herz hatte der Erbe von Xanten und Island zweifellos, doch die Weisheit des erfahrenen Veteranen ging ihm ab. Wulfgar hingegen fehlte es an der Erfahrung nicht, doch wo ein Herz schlagen sollte, hatte er nur einen Stein.
    Nazreh hatte die Schlacht lange genug verfolgt, um einzusehen, dass ein Ende ohne verbrannte Erde von den Herrschern nicht zu erwarten war.
    Es lag an ihm.
    Am einfachsten wäre es gewesen, Siegfried eine Klinge zwischen die Rippen zu stecken. Als Freund kam er nahe genug heran, und keine Wache wagte es, den Orientalen nach Waffen abzutasten.
    Aber der Mord an Siegfried hätte Wulfgars Sieg bedeutet, ewiges Leid für Xanten und Island, sowie das Ende der Blutlinie. So sehr Nazreh dem Blutvergießen ein Ende bereiten wollte – dieser Preis war nicht zu zahlen. Nicht von ihm.
    Das Ende des Krieges musste das Ende Wulfgars sein.
    Die Schritte des Arabers waren schnell, und die Dunkelheit der Nacht war ihm kein Hindernis. Jene Jahre, die er Siegfried immer verschwiegen hatte, waren lehrreich gewesen, und kaum langsamer als ein Pferd im Galopp kam Nazreh voran. Mitunter kroch er an Xantener Posten vorbei, die angespannt horchend in den Büschen kauerten, und eine Absperrung überwand er lautlos wie ein Schatten. Mit jedem Schritt entspannten sich seine alten Muskeln, kehrten einst erlernte Bewegungen in seinen Körper zurück. Seine Füße glitten mehr über den Boden, als dass sie ihn berührten, und seine Augen sahen mehr als die der Eulen, deren Ruf er immer wieder hörte.
    Weder nach Verrat noch übler Tat stand ihm der Sinn. Wo Nazreh herkam, war der Mord zum Zweck der Freiheit eine edle Geste. Sie stand nicht vielen zu, und jenen erst nach Jahren harter Ausbildung, doch ihre Anwendung trug keine Niedertracht in sich.
    Nazreh war ausgezogen, das zu tun, was Siegfried um des Schicksals willen verwehrt war.
    Die Hälfte der Nacht war noch nicht vorbei, als an den Seiten des Weges die ersten Hütten auftauchten und Felder im Mondlicht lagen, die bestellt gehörten, wenn der Krieg endlich vorbei war.
    Burg Xanten konnte nicht mehr weit sein.

    Es war nicht nur dumm, sich auf das Wort der Prinzessin zu verlassen – es war nachgerade töricht. Sie war die Tochter des Feindes. Und doch fragte Siegfried sich

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