Die Rache Der Rose
würden.
»Wau, wau, der Hund schlägt Radau«, nölte Wheldrake; er hielt immer noch seinen Frühstücksbierkrug in der Hand, als er sich auf seinem Sattel herüberlehnte und den großartigen Anblick in sich aufnahm. »Um die Wahrheit zu sagen, Prinz Elric, in Putney wurde mir schon ein wenig langweilig zumute. Obwohl darüber geredet wurde, nach Barnes umzuziehen.«
»Das sind wohl ungesunde Orte?« fragte Elric, froh über etwas Unterhaltung während des Rittes. »Durchsetzt mit übler Magie und dergleichen?«
»Noch schlimmer«, sagte Wheldrake, »sie liegen südlich vom Fluß. Mittlerweile glaube ich, daß ich zuviel geschrieben habe. In Putney kann man sonst wenig anstellen. Ich glaube, daß die Krise der Ursprung der Kreativität ist. Und eins verheißt Putney einem ganz sicher, Sir: daß man nämlich dort von Krisen verschont bleibt.«
Elric hörte höflich zu, wie es eben Brauch ist, wenn ein Freund die verborgeneren oder spitzfindigeren Bereiche des jeweiligen Glaubens erläutert, und ließ die Worte des Poeten wie ein Wiegenlied auf seine immer noch überreizten Sinne wirken. Es lag auf der Hand, daß das Drachengift bei zunehmendem Gebrauch nichts von seiner Wirkung verlor. Aber jetzt wußte er, daß er die Zigeunerführer, sollten sie sich als Verräter erweisen, ohne große Anstrengung würde töten können. Der örtlichen Meinung brachte er eine gewisse Verachtung entgegen. Diese Schurken mochten die Bauern der Gegend in Angst und Schrecken versetzt haben, aber ausgebildeten Kämpfern waren sie offensichtlich nicht gewachsen. Und er wußte, daß er sich bei jedweder Auseinandersetzung auf die Rose würde verlassen können, obwohl Wheldrake so gut wie nutzlos sein würde. Er hatte etwas Ungeschicktes an sich, das beim Gebrauch eines Schwertes den Gegner eher verwirren als bedrohen würde.
Von Zeit zu Zeit tauschte er mit seinen Gefährten Blicke, aber es war klar, daß keiner einen anderen Vorschlag hatte. Da diejenigen, die sie suchten, nach der Zigeunernation gefragt hatten, konnte es keinen erdenklichen Grund dafür geben, nicht zuerst herauszufinden, was genau die Zigeunernation war.
Elric sah, daß die Rose, wohl um einen Teil ihrer Angst abzubauen, ihrem Pferd plötzlich die Zügel ließ und auf dem schmalen Pfad entlang des Abgrunds entlanggaloppierte, während Steine und Erdbrocken in die Finsternis und das Gebrüll des unsichtbaren Flusses hinabstürzten. Dann folgten nacheinander die Zigeuner, die johlend und jauchzend mit tollkühner Geschicklichkeit hinter der Rose herstürmten, in ihren Sätteln aufsprangen und voltigierten, als ob es ganz natürlich wäre, und jetzt lachte Elric beim Anblick ihrer Freude fröhlich auf, und Wheldrake klatschte und johlte wie ein Junge im Zirkus. Und dann waren sie zur großen Abfallmauer gekommen, die höher war, als Elric sie zuvor gesehen hatte. Weitere Zigeuner warteten an einem Durchgang, der durch den Müll gegraben worden war, und begrüßten ihre Kameraden in aller Herzlichkeit, während Elric, Wheldrake und die Rose mit jener gleichmütigen Verachtung behandelt wurden, wie sie allen Nichtzigeunern zuteil wurde.
»Sie wünschen sich unserer freien Schar anzuschließen«, erklärte der große Mann in Rot und Weiß. »Wie ich ihnen schon sagte, weisen wir Neuankömmlinge niemals zurück.« Und er lachte schallend auf, als er einen etwas überreifen Pfirsich aus der Tasche eines Zigeuners entgegennahm. »Wie gewöhnlich ist ziemlich wenig an Vorräten zu ergattern. So ist es immer am Ende einer Jahreszeit und am Anfang.« Plötzlich legte er den Kopf schräg. »Aber die nächste Jahreszeit kommt. Bald. Wir werden sie bald treffen.«
Elric bildete sich ein, ein leichtes Zittern im Boden bemerkt und etwas wie ein fernes Flöten, ein leises Trommeln, ein Dröhnen gehört zu haben. Kroch ihr Gott auf der Straße von einem Versteck zum nächsten? Sollten er und seine Gefährten diesem Gott geopfert werden? Erheiterte dies die Zigeuner sosehr?
»Welche Jahreszeit?« fragte die Rose beinahe drängend und fuhr sich mit den langen Fingern durch die Locken.
»Die Jahreszeit unseres Durchgangs. Tatsächlich die Jahreszeiten unseres Durchgangs«, sagte eine Frau, die Pflaumenkerne auf den ascheverschmutzten Boden spuckte. Dann stieg sie auf ihr Pferd und führte sie durch den Gang auf die fleischige Härte der Straße, die wie unter einem fernen Erdbeben zitterte und bebte, und jetzt sah Elric die meilenlange Straße nach Osten und erkannte eine Bewegung,
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