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Die Rache Der Rose

Die Rache Der Rose

Titel: Die Rache Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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abgebröckelt ist, wie es in jener Bucht der Fall ist, die wir bald überqueren werden. Sie können die Straße nicht ändern. Als wir hier eintrafen, machte ich ihnen den Vorschlag. Man sagte mir, daß es zu teuer sei, daß die Gemeinschaft sich das nicht leisten könne. Tatsächlich jedoch können sie ihre Bahn ebensowenig verändern wie ein Planet die seine um die Sonne. Und falls wir zu fliehen versuchen würden, wäre es so, als ob ein Kiesel der Schwerkraft entfliehen wolle. Man empfahl uns, daß unsere Hauptsorge sein sollte, in den Dörfern, jedoch nie unter den Dörfern zu bleiben!«
    »Das ist ein bloßes Gefängnis«, sagte Wheldrake und pickte derweil immer noch an den Käsestücken herum, »keine Nation. Es ist eine stinkende Störung im Ablauf der Dinge. Sie ist tot und wird durch Tod aufrechterhalten. Ungerecht und durch Ungerechtigkeit aufrechterhalten. Grausam und durch Grausamkeit genährt. Und dennoch haben wir selbst gesehen, wie sich die Bürger von Trollon ihrer Weltgewandtheit, ihrer Menschlichkeit, ihrer Freundlichkeit und ihrer gewandten Manieren brüsten: derweil die Toten unter ihren Füßen stolpern und sie in ihrer selbstverlogenen Dummheit stützen! Diese Farce des Fortschritts!«
    Mutter Phatts alter Kopf drehte sich, und sie betrachtete Wheldrake. Sie lachte leise, nicht spöttisch, sondern voller Zuneigung. »Mein Bruder sagte ihnen dasselbe und sagte es ihnen immer wieder. Aber dennoch starb er an den Laufbrettern. Ich war bei ihm. Ich spürte, wie er starb.«
    »Ach!« machte Wheldrake, als ob auch er diese Todeserfahrung teile. »Dies ist eine üble Parodie auf Freiheit und Gerechtigkeit! Es ist eine Lüge tiefsitzender Unehrlichkeit! Denn wenn eine Seele in dieser Welt erleidet, was Hunderttausende, vielleicht Millionen erleiden, dann sind sie dafür haftbar.«
    »In Trollon sind eben lauter feine Kerle«, sagte Fallogard Phatt ironisch. »Es sind Menschen guten Willens und voller Barmherzigkeit. Sie sind stolz auf ihre Weisheit und ihre Gleichberechtigung…«
    »Nein«, sagt Wheldrake mit einem ärgerlichen Schütteln seines roten Schopfes, »sie nehmen vielleicht an, daß sie Glück haben, aber sie können sich weder für weise noch gut halten! Denn letztlich stimmt solches Volk jeder Maßnahme zu, die es im Zustand der Bevorzugung und der Behaglichkeit verbleiben läßt, und behält so seine Herrscher bei, die es mit allen Anzeichen demokratischen und republikanischen Eifers erwählt. So läuft das ab, Sir. Und die Ungerechtigkeit des Ganzen ist für sie kein Thema, Sir. Das macht sie durch und durch zu Heuchlern. Wenn es nach mir ginge, Sir, geböte ich dieser ganzen elenden Scharade des Fortschritts Einhalt.«
    »Den Fortschritt der Zigeunernation aufhalten!« Fallogard Phatt lachte voller Schadenfreude und fügte mit gespieltem Ernst hinzu: »Seid vorsichtig, mein lieber Herr. Hier seid Ihr unter Freunden - doch in anderen Kreisen werden derartige Ansichten als die reinste Ketzerei erachtet! Schweigt, mein Herr. Um Eurer selbst willen!«
    »Schweigt! Das ist die ewige Ermahnung der Tyrannei. Den Schreien ihrer Opfer, dem elenden Stöhnen und Jammern und den flehentlichen Bitten der geschundenen Millionen bellen die Tyrannen ihr ›Schweigt!‹ entgegen. Wir sind eins, Sir - oder wir sind zerstückeltes Aas, dem die Würmer den falschen Anschein von Leben verleihen - Leichen, die unter dem Gewicht der Maden zucken und zittern -, der verrottete politische Leichnam einer idealen Freiheit. Die Freie Zigeunernation ist eine enorme Falschheit! Bewegung, Sir, ist nicht gleich Freiheit!« Zornig holte Wheldrake Luft.
    Aus dem Augenwinkel sah Elric, wie die Rose sich aus ihrem Sessel erhob und das Zimmer verließ. Er nahm an, daß sie die Debatte langweilte.
    »Das Rad der Zeit ächzt und dreht eine Million Räder, die wiederum eine Million bewegen und so weiter und so fort, bis in die Unendlichkeit - oder die Beinahe-Unendlichkeit«, sagte Phatt und warf einen Seitenblick auf seine Mutter, die wieder die Augen geschlossen hatte. »Alle Sterblichen sind ihre Gefangenen und ihre Vorsteher. Das ist die unvermeidliche Wahrheit.«
    »Man kann die Wahrheit widerspiegeln oder sie zu lindern suchen«, sagte Elric. »Manchmal kann man sogar danach trachten, sie zu verändern…«
    Wheldrake nahm einen Schluck aus einem Glas. »Sir, ich wurde nicht in einer Welt erzogen, in der die Wahrheit formbar oder die Wirklichkeit eine Frage dessen ist, was man daraus macht. Es fällt mir schwer, so

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