Die Rache Der Rose
Damen hier erinnerten mich an diese Ballade, aber natürlich können unsere drei flüchtigen Schwestern ebenfalls eine Erinnerung ausgelöst haben. Wenn ich mich weiterer Verse erinnere, werde ich es ganz sicher erwähnen. Doch ich denke nicht, daß es mehr als nur ein Zufall ist. Das Multiversum ist voll von bestimmten Zahlen der Macht und ähnlichem, und die Drei ist bei Dichtern stets beliebt, da drei Namen immer ausgezeichnet für klangvolle Veränderungen in längeren Stücken geeignet sind - was natürlich in der Art erzählender Verse liegt. Wieder einmal wird dies, wohin ich auch gehe, immer weniger beliebt. Der Künstler steht außerhalb der Mode, Sir, jedoch sein Geldbeutel leider nicht. Ein komisches Schiff, nicht wahr, Sir, das heute nacht in den Hafen eingelaufen ist?«
Elric hatte kein Schiff gesehen. Er stellte seine Schüssel ab und ließ sich von Wheldrake zum Fenster führen, an dem die Wirtin und ihre Tochter immer noch lehnten und auf ein Schiff starrten, dessen Rumpf gelb und schwarz schimmerte und dessen Bug das Zeichen des Chaos aufwies; vom Mast wehte eine rotschwarze Flagge, in deren Mitte ein Zeichen aus irgendeinem unbekannten Alphabet stand. Auf dem Vorderdeck stand ein großer eckiger Gegenstand, der in Planen gehüllt war, fast das gesamte Deck einnahm und das Schiff einseitig belastete, so daß der Bug in die Höhe ragte und zuviel Ruderblatt zeigte. Gelegentlich erbebte das Ding leise und stand dann wieder unbeweglich da. Nichts deutete darauf hin, was unter der Plane verborgen war. Elric sah jedoch, wie eine Gestalt aus der Kabine unter dem Vorderdeck hervorkam, einen Augenblick stehenblieb und direkt in seine Richtung zu blicken schien. Elric konnte den Blick kaum erwidern, da der Helm keine erkennbaren Augenschlitze aufwies. Es war Gaynor der Verdammte, und wie Elric sich nun besann, war die von ihm gesetzte Fahne die des Grafen Mashabak. Es schien, daß sie erbitterte Gegner sein mußten, da sie Schutzherren dienten, die miteinander im Streit lagen.
Gaynor ging wieder in seine Kabine zurück, und dann wurde ein Steg vom Schiffaufbau auf die Mole heruntergelassen. Die Matrosen bewegten sich mit beinahe affenartiger Geschwindigkeit und sicherten den Laufsteg, als ein Knabe von nicht mehr als fünfzehn Jahren in der bunten Aufmachung eines Piraten, ein Entermesser in der einen Schärpenseite, einen Säbel in der anderen, ihn betrat und mit dem selbstbewußten Stolzieren eines Eroberers auf die Stadt zumarschierte.
Erst als die Gestalt näher an den Gasthof herankam, erkannte Elric, um wen es sich handelte - und wieder einmal staunte er ob der sich drehenden Sphären des Multiversums, wunderte sich über die außerordentlichen Verbindungen von Ereignissen und Welten innerhalb und außerhalb der Dimensionen der Zeit, die innerhalb der unergründlichen Parameter des Quasi-Unendlichen möglich waren.
Während ihn zugleich etwas in ihm warnte, daß das, was er da sah, eine Illusion oder etwas noch Schlimmeres sein mochte: Es konnte sich um jemanden handeln, den die Illusion aufgezehrt hatte, der sich dem Chaos vollständig übereignet hatte und nicht mehr war als Gaynors Puppe.
Doch anhand ihres Ganges und der Art, wie sie sich umsah, anhand des aufmerksamen und fröhlichen Eindrucks, den sie machte, konnte sich Elric kaum vorstellen, daß sie unfreiwillig in Gaynors Diensten stand.
Er wandte sich vom Fenster ab und wollte sie schon begrüßen, als die Tür von Ernest Wheldrake aufgerissen wurde, der sie mit großen blauen Augen anstarrte und freudig überrascht piepste: »Ei, Charion Phatt als Junge verkleidet! Ich habe mich verliebt! Ihr seid gewachsen!«
DAS ZWEITE KAPITEL
Worin alte Bekanntschaften erneuert und neue Absprachen getroffen werden.
Charion Phatt war seit ihrem letzten Zusammentreffen zur Frau gereift, und ihr haftete etwas an, das die Vorstellung nahelegte, daß ihre zuversichtliche Ausstrahlung eher auf Vertrauen in sich selbst als auf künstliche Großspurigkeit begründet war. Sie war nur wenig überrascht, Wheldrake zu sehen, und auch als sie ihm freundlich entgegengrinste, durchmaßen ihre Augen den Gasthof und fanden Elric.
»Ich bringe eine Einladung vom Herrn des Schiffes an Euch - an Euch Herren -, ihn heute abend aufzusuchen«, murmelte sie.
»Wie lange steht Ihr schon in Prinz Gaynors Diensten, Frau Phatt?« fragte Elric, der darauf achtete, seinen Ton gleichmütig zu halten.
»Lange genug, Prinz Elric - mehr oder weniger seit ich Euch
Weitere Kostenlose Bücher