Die Rache Der Rose
Ihr das Leben so sehr liebt, wie ich es hasse. Wir könnten beide unsere tiefste Sehnsucht stillen…«
»Ich denke, Ihr fürchtet mich, Prinz Gaynor, weil ich mich diesem letzten Kompromiß verweigere«, sagte Elric. »Ich fürchte Euch, weil Ihr zur Gänze dem Chaos gehört. Ihr jedoch fürchtet mich, weil das bei mir nicht der Fall ist.«
Ein fragender Laut entrang sich dem Helm, fast wie das Schnauben eines kosmischen Schweines. Dann kamen drei Matrosen mit einer Flöte, einem Tamburin und einem Singschwert herein, um ein trauriges Shanty zum besten zu geben; sie wurden zur Erleichterung aller rasch von Gaynor entlassen.
»Nun gut, mein Herr«, sagte Gaynor, dessen Gleichmut scheinbar wiederhergestellt war. »Dann darf ich Euch einen bescheidenen Vorschlag unterbreiten?«
»Falls Ihr Euch uns anzuschließen wünscht, um die drei Schwestern zu suchen, werde ich über Euren Vorschlag nachdenken«, sagte Elric. »Anderenfalls sehe ich wenig, was wir zu besprechen hätten.«
»Aber das ist gerade das, was ich zu besprechen wünsche, Elric. Ich hege den Verdacht, daß wir alle etwas anderes von den Schwestern begehren, und der Grund, warum uns soviel Unruhe mal hierhin, mal dorthin durch das Multiversum verschlägt, ist der, daß mehrere Interessen und mehrere Lords der Höheren Welten daran beteiligt sind. Stimmt Ihr darin mit mir überein, meine Herren?« Diesmal bezog er Wheldrake mit ein. Charion Phatt lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück; offenbar war sie bereits über die Pläne ihres Herren unterrichtet.
»In einigen Punkten sind wir uns uneins«, fuhr Gaynor fort, »in anderen jedoch haben wir keinen Streit miteinander. Und ich sehe, daß Ihr mir darin zustimmt. Nun, so laßt uns doch gemeinsam nach den drei Schwestern und der Familie Phatt - oder was davon noch übrig ist - suchen. Zumindest solange, bis unsere Interessen nicht mehr dieselben sind.«
Und so akzeptierten Elric von Melnibone und Meister Wheldrake die Logik des Kompromisses des verdammten Prinzen und erklärten sich einverstanden, mit ihm zu segeln, wenn sein Schiff am nächsten Morgen auslaufen würde, sobald sie noch ein oder zwei weitere Matrosen aus den tapfereren oder verzweifelteren Wasserratten von Ulshinir ausgesucht hatten.
»Aber«, sagte Elric, als sie sich wieder auf den Weg machten und über ihnen ein Schaben und Schieben andauerte, das von gelegentlichen leichten Schlägen begleitet wurde, »Ihr habt Euch noch nicht über Euer Ziel ausgelassen, Prinz Gaynor. Sollen wir Euch dahingehend vertrauen, oder werdet Ihr uns den Namen der Insel verraten, die die drei Schwestern erreicht haben?«
»Insel?« Gaynors Helm verdunkelte sich beinahe wie verdutzt, und blaue und schwarze Töne wirbelten über seine glatte, manchmal undurchsichtige Oberfläche. »Insel, mein Herr? Wir fahren zu keiner Insel.«
»Wo sind dann die drei Schwestern?«
»Dort, wohin wir reisen, mein Herr, obwohl es wohl so bald nicht zu einem Zusammentreffen kommen wird, fürchte ich.«
»Und wohin«, fragte Wheldrake mit einer gewissen gerechtfertigten Ungeduld, »reisen wir dann, Sir?«
Wieder legte sich der Helm leicht zur Seite, als ob er sich amüsiere, und mit beträchtlichem Genuß sagte die musikalische Stimme:
»Ei was, mein Herr, ich dachte, Ihr hättet es erraten. Morgen fahren wir auf die Schwere See hinaus.«
DAS DRITTE KAPITEL
Ungewöhnliche Methoden der Seefahrt; enttäuschte Piraten; eine verlegte Höllenklinge.
Ulsh inir lag schon weit hinter dem Horizont, und die Riffe vor ihnen waren noch unsichtbar, als Gaynor der Verdammte den Befehl gab, doch ›etwas Licht an die arme Kröte heranzulassen‹ und die Matrosen gehorchten mit vielleicht einer Spur Widerwillen, zogen an einer schwarzen Plane, rollten sie zusammen und legten die eisernen Stangen eines großen Käfigs frei. Darin erschienen zwei riesige blinzelnde, grüngeliderte Augen in einem knorrigen Reptilienschädel, dessen Nüstern bebten und dessen langes rotes Maul sich öffnete und eine rosige wedelnde Zunge freigab. Das außerordentlich große Gewicht des schuppigen Fleisches wurde von massigen Füßen mit Schwimmhäuten getragen, die Glieder waren so dick wie Ulmenstümpfe, das ganze Geschöpf erzitterte und bebte unter der Anstrengung des Atmens.
Augen wie große Halbedelsteine suchten nach Gaynor und richteten sich auf ihn, als er wartend unter dem Käfig stand und hinaufsah. Die roten schwammigen Lippen öffneten und schlossen sich, und dem Ungeheuer entströmten
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