Die Rache Der Rose
kräftigen alten Körper von der Bank, um den grünschwarzen Himmel auszuspähen und seine langen Glieder zu recken und sich die Lippen zu lecken und in den Wind zu schnüffeln und sich zum Bug und zur Kröte zu wenden, deren schläfriges Bellen den allmählich wach werdenden Passagieren wie Wutschreie vorkam. »Dort ist ein Komet!« Er deutete mit einem wackelnden Finger nach oben. »Er bedeutet, daß ein Prinz den Tod gefunden hat.« Einen Augenblick lang lauschte er, bis er, auf geheimnisvolle Weise zufriedengestellt, sich munter seinen Pflichten zuwandte.
»Wo ich einst lebte«, erklang die Grabesstimme von Gaynor dem Verdammten, als er von seiner Kabine an Deck stieg, »sagte man, wenn ein Komet starb, daß ein Dichter den Tod gefunden hatte.« Er Heß einen schimmernden Handschuh auf Wheldrakes widerstrebende Schulter fallen. »Sagt man das auch dort, woher Ihr kommt, Meister Wheldrake?«
»Wie ich sehe, Sir, seid Ihr heut morgen unwirscher Laune«, sagte Wheldrake gelassen; sein kalter Zorn überwog seine Furcht. »Haben sich die Verdauungsstörungen Eurer Kröte auf Euch übertragen?«
Gaynor zog seine Hand zurück und nahm den Rüffel des kleinen Mannes zur Kenntnis. »Ei, ei, mein Herr! Einige Prinzen sind erpichter auf den Tod als andere. Und wie wir wissen, Dichter auf das Leben. Lady Charion.« Eine Verneigung schien seinen Helm in zornige Flammen zu hüllen. »Prinz Elric. Ah ja! Und Meister Snare…«, denn der graue Steuermann kam eilends von seinem Posten zurück.
»Ich hatte Euch schon gesucht, Prinz Gaynor. Wir hatten eine Vereinbarung.«
»Für Euch gibt es keine Hoffnung«, sagte Gaynor der Verdammte und trat einen Schritt vor, vielleicht aus Mitleid. »Sie ist tot. Sie starb, als die Kirche einstürzte. Ihr müßt Eure Braut nun im Limbus suchen, Esbern Snare.«
»Ihr verspracht mir, daß Ihr mir sagen würdet…«
»Ich versprach, daß ich Euch die Wahrheit sagen würde. Und die Wahrheit ist es, die ich Euch gesagt habe. Sie ist tot. Ihre Seele erwartet Euch.«
Der graue Steuermann senkte den zottigen Kopf. »Ihr wißt, daß ich nicht zu ihr gelangen kann! Ich habe mein Recht auf das Leben nach dem Tod verwirkt! Und dafür, der Himmel stehe mir bei, habe ich mich den Untoten angeschlossen…« Mit diesem plötzlichen Gefühlsausbruch eilte Esbern Snare zum Vordeck zurück und erklomm die Takelage, um blind in den siedenden Horizont zu starren.
Worauf Gaynor der Verdammte ein Geräusch ausstieß, das wie ein Seufzer klang, und Elric verstand, warum zwischen dem Steuermann und dem todlosen Prinzen ein Verwandtschaftsgefühl bestand.
Wheldrake jedoch lachte seltsam erfreut laut auf und schlug mit der flachen Hand auf den Frühstückstisch, wodurch das gekochte Gemüse unbetrauert aus der Tasse auf die Tischdecke schwappte. »Beim Himmel, Sir, das ist Esbjörn Snorre, nicht wahr? Jetzt habe ich Eure Aussprache raus - und seine, wie ich bemerke. Ich erhebe keine Ansprüche. Schließlich sind wir alle recht dankbar für die einzigartige Telepathie, die uns so häufig mit Überlebensmöglichkeiten in ausgesprochen unfreundlichen sozialen Bedingungen ausgestattet hat - der guten Mutter Natur sollten wir einige nördliche Akzente nicht verdenken -, wohl als gewisse heitere Entlastung in ihrer immer wachen Sorge um unsere fortgesetzte Existenz. Erstaunlich, Sir, wenn man es sich recht überlegt.«
»Ihr habt vom Steuermann gehört?« griff Lady Charion die im wesentlichen verständlichen Teile seiner Rede auf.
»Ich habe von Esbern Snare gehört. Aber seine Geschichte endete glücklich. Er bewog durch Schliche einen Troll dazu, ihm eine Kirche zu erbauen, in der er seine Braut heiratete. Die Frau des Trolls verriet den Namen des Trolls und entband dadurch Esbern Snare von seinen Verpflichtungen. Man sagt, daß das Klagegeheul der Trollfrau immer noch unter dem Ullshoihügel vernommen werden kann. In meinen Norwegischen Gesängen habe ich darüber eine Art Ballada geschrieben. Die natürlich von Whittier ausgeschlachtet wurde, doch darüber brauchen wir kein Wort mehr zu verlieren. Zweifellos benötigte er das Geld. Dennoch ist ein Plagiat nur unehrenhaft, falls die dadurch verdiente Münze weniger wert ist als die, die man gestohlen hat.«
Erneut versuchte Charion wacker, das Wesentliche zu erfassen:
»Ihr sagt, daß er glücklich geheiratet hat? Aber ihr hörtet doch, was Gaynor sagte?«
»Zu der ursprünglichen Geschichte scheint es eine Fortsetzung zu geben. Ich weiß nur von dem
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