Die Rache Der Rose
erfolgreichen Schwindler. Jede darauffolgende Tragödie ist in der Folklore meiner Tage vergessen worden. Wißt Ihr, manchmal kommt es mir so vor, als sei ich in einem Traum, in dem alle Helden und Heldinnen, Schurken und Schurkinnen meiner Verse zum Leben erwacht sind, um mich heimzusuchen, sich mit mir anzufreunden, um mich zu einem der Ihren zu machen. Schließlich darf ein Mann nur selten darauf hoffen, Kumpane zu finden, die einen so krassen Gegensatz zu Putney finden…«
»Also wißt Ihr nicht, warum Esbern Snare sich an Bord dieses Schiffes befindet, Meister Wheldrake?«
»Nicht mehr, als Ihr, meine Lady.«
»Und Ihr, Prinz Elric?« Sie erweckte die flüchtige Aufmerksamkeit des Albinos. »Wißt Ihr um seine Geschichte?«
Elric schüttelte den Kopf.
»Ich weiß nur«, sagte er, »daß er ein Gestaltwandler ist und als Mensch von seltener Güte und Vernunft zu jenen allerverfluchtesten Seelen gehört. Stellt Euch die Qualen vor, die er leidet!«
Selbst Wheldrake neigte wie als Zeichen seiner Hochachtung den Kopf. Denn es gibt nur wenige Schicksale, die schrecklicher sind, als das der Unsterblichen, die kraft der tiefgründigsten Logik der Natur von jenen unsterblichen Seelen getrennt sind, denen sie im Leben zugetan sind. Sie können nur den Schmerz des Todes erfahren, jedoch nie die Ekstase des ewigwährenden Lebens. Ihre Vergnügungen und Vergünstigungen sind kurzlebig, ihre Qual dauerhaft.
Und dies ließ Elric an seinen Vater denken, der in der zeitlosen Zerstörung von Imrryrs Vorgängerstadt verharrte; getrennt von seiner einzigen dauerhaften Liebe durch seine Bereitschaft, mit seinem Schutzdämon zu schachern - ihn sogar zu betrügen -, um ein wenig mehr an unverdienter Macht auf Erden zu erlangen.
Der Albino fand sich in tiefsinnige Gedankengänge über die Beschaffenheit aller unheiligen Pakte verstrickt, über seine eigene Abhängigkeit vom Höllenschwert Sturmbringer, über seine Bereitschaft, übernatürliche Hilfe herbeizurufen, ohne an spirituelle Folgen für sich selbst zu denken, und, was vielleicht am wichtigsten war, über seinen Mangel an Bereitschaft, nach einem Weg zu suchen, sich von der verführerischen Anziehung des Okkulten zu befreien; denn in seinem sonderbaren Verstand gab es einen Teil, der neugierig darauf war, dem eigenen Schicksal zu folgen, um zu erfahren, welchen verheerenden Abschluß es finden würde - er mußte das Ende der Saga erfahren: Vielleicht den Wert seiner Qual.
Elric bemerkte, daß er an der Kröte vorbei zum Vordeck gewandert war, sich mit dem Rücken gegen den kupferbeschlagenen Bugsprietaufbau lehnte und zum Steuermann hinaufstarrte, der immer noch reglos in der Takelage hing.
»Wohin reist Ihr, Esbern Snare?« fragte er.
Der graue Mann legte den Kopf schief, als ob er einen fernen, jedoch vertrauten Pfiff hörte. Dann richteten sich seine grüngrauen Augen auf den roten Blick des Albinos, ein tiefer Atemzug entwich ihm, und eine Träne rollte über seine Wange.
»Nun nirgends«, sagte Esbern Snare. »Nun nirgends, mein Herr.«
»Werdet Ihr Euren Dienst bei Gaynor fortsetzen?« fragte Elric. »Selbst wenn Land in Sicht kommt?«
»Bis ich mich zu anderem entscheide, mein Herr. Wie Ihr selbst feststellen werdet. Vor uns liegt Land, nicht weiter als eine Meile entfernt.«
»Ihr könnt es sehen?« fragte Elric überrascht und versuchte den wirbelnden Dunst der Schweren See mit den Blicken zu durchdringen.
»Nein, mein Herr«, sagte Esbern Snare. »Aber ich kann es riechen.«
Und tatsächlich war bald Land zu sehen. Land, das sich aus dem trägen, schrecklichen Wasser der Schweren See erhob; ein Land wie ein erwachtes Ungeheuer, ein zorniger Schatten aus scharfen Kanten und zackigen Spitzen; Klippen aus schwarzem Marmor; Strände aus Kohlen und schwarze Brecher, die sich wie der Rauch der Hölle auf das stöhnende Ufer ergossen…
Ein so ungastliches Land, daß die Reisenden, die es jetzt erblickten, alle ziemlich einhellig derselben Meinung waren, daß die Schwere See weniger unerfreulich sei; und Wheldrake war es, der vorschlug, daß sie weitersegelten, bis sie eine zugänglichere Insel fänden.
Doch Gaynor schüttelte den flackernden Helm und hob die leuchtende Faust und legte die stählerne Handfläche auf die schlanken Schultern von Charion Phatt. »Du sagtest mir, Kind, daß die anderen Phatts hier seien. Haben sie die Schwestern gefunden?«
Langsam schüttelte die junge Frau den Kopf. Ihr Gesicht war ernst, und ihre Augen schienen in eine
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