Die Rache des glücklichen Mannes
wohl zumu te, während er über die Sache nachdachte. Der Abriss der Brücke war ein Husarenstreich gewesen, eine Falle hatte es jedoch nicht werden sollen.
Bald hatte Jaatinen den Flugplatz erreicht, und ihm blieb keine Zeit für weitere Überlegungen. Er kletterte ins Führerhaus des Krans, startete die Maschine, prüf te, ob er genug Ketten und Stahltrossen dabeihatte, und donnerte dann mit dem Raupenkettenfahrzeug in Rich-tung Kirchdorf. Der Kran war groß und bewegte sich aufreizend langsam vorwärts. Jaatinen drückte das Gaspedal herunter, der schwere Bagger donnerte über die Zufahrtsstraße und hinein in das von Straßenlam pen erhellte Kirchdorf. Jaatinen ließ die Maschine mit Höchstdrehzahl laufen. Der Ölstandsanzeiger zeigte Rot – würde der Diesel ein so scharfes Tempo durchhalten? Er musste. Im Fluss lagen zwei Männer, der Bischof und der Propst, im Sterben.
Endlich traf Jaatinen an der neuen Brücke ein. Er stoppte den Kran und richtete die Scheinwerfer auf das Auto im Fluss. Jokikokko schwamm hinüber und befes tigte die Stahltrossen an den Achsen des Wagens. Der Arm des Krans hob sich, die Trossen spannten sich, das Auto kam langsam hoch. Aus den Türspalten floss Wasser, drinnen waren Klopfgeräusche zu hören, als der Bischof und der Propst mit den Fäusten gegen die Wän de schlugen. Jaatinen setzte das Auto auf die Brücke, wo es seitlich aufkam. Man musste ein Brecheisen zu Hilfe nehmen, um die eingedrückte Seitentür öffnen und zunächst Bischof Huhtinen, dann Propst Roivas heraus ziehen zu können.
Die kältestarren Kirchenmänner wurden auf Tragen gelegt, die man eiligst in den wartenden Krankenwagen schob. Ab ging’s mit heulenden Sirenen zur Bettenstati on des Gesundheitszentrums. Senni Matilainen, die berühmte Masseuse der Gemeinde, wurde herbeigeru fen, damit sie die Männer durchknetete, zuerst den Bischof, dann den Propst.
In der Nacht, nachdem Masseuse und Arzt das Zim mer verlassen hatten, sagte Bischof Huhtinen zu Propst Roivas:
»In der Stunde der Not warst du, lieber Bruder, schwach und ehrlos, du hast nicht zu Gott gebetet. Ich habe gebetet, und wie du siehst, schickte er einen Inge nieur mit dem Kran, um uns zu retten.«
»Vergib mir meine Schwäche«, erwiderte Roivas aus seinem Bett.
»Bitte nicht mich, sondern bitte Gott um Vergebung. Aber sag mir doch, wann wolltest du in Pension gehen?«
»In zwei Jahren, wieso?«
»Ich schlage vor, dass du schon im nächsten Monat deine Entlassung aus dem Amt einreichst. Du be kommst die volle Rente, und über die Sache wird nicht mehr gesprochen. Versuch zu verstehen, dass ich im merhin der geistliche Leiter dieses Bistums bin. Ich kann nicht zulassen, dass das Gotteshaus dieser Ge meinde einem Diener untersteht, der im Notfalle bereit ist, sich vom Herrn abzuwenden.«
»Ist das dein Ernst? Der Mensch ist schwach, kannst du mir nicht vergeben?«
»Ich kann meinen Entschluss nicht umstoßen.« Roivas lag eine lange Weile stumm in seinem Bett.
Schließlich sagte er mit schläfriger Stimme: »Du bist ein Arschloch, Huhtinen.«
28
Die neue Gemeindevertretung von Kuusmäki traf sich Ende Oktober zu ihrer konstituierenden Sitzung. Jaati nen verfolgte das Ereignis als Zuschauer. Er nahm sich einen Metallrohrstuhl und setzte sich an die linke Seite des Sitzungssaals, von wo er die neu gewählten Ge meindevertreter ungehindert beobachten konnte.
Wie zu erwarten war, wählten die Abgeordneten Manssila zu ihrem Vorsitzenden. Die Vertreter für die einzelnen Ausschüsse wurden entsprechend des Kräfte verhältnisses gewählt. Während der Kaffeepause kamen die Vorsitzenden der größten Fraktionen zu Jaatinen und begrüßten ihn; sie fragten, ob die Sitzung so verlau fen war, wie es sein sollte.
»Vorläufig bin ich zufrieden.«
Nach der Pause stellte Pyörähtälä einen neuen Vor schlag zur Diskussion, nämlich die Einrichtung des Amtes eines Gemeindedirektors.
»Bisher war Bauer Jäminki Gemeindevorsteher. Er hat halbtags auch die Aufgaben des Gemeindedirektors wahrgenommen. Aber wie wir wissen, ist Jäminki in diesen Wahlen gar nicht in die Gemeindevertretung gelangt, sodass er verhindert ist, seine Tätigkeit zum Wohle der Gemeinde fortzusetzen. Ich habe mit dem neuen Vorsteher gesprochen, und er hat gesagt, dass er sich nicht mit den laufenden Angelegenheiten der Ge meinde befassen, sondern sich auf sein Ehrenamt be schränken will. Es gilt außerdem zu bedenken, dass die Menge
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