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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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natürlich wußte keiner, ob die morgens zu den Brücken geschickten Truppen schon vollständig zurückgekehrt waren, und natürlich mochte Zamora bei diesen gewesen sein.
    »Was gibt’s da?«
    Der Pikenier, der neben mir ging, schüttelte den Kopf. »Keiner weiß was Genaues. Angeblich sollen wir einen Ausfall machen.«

    Hinter dem Kärntnertor drängten sich Fußkämpfer, noch ohne Ordnung. Weiter vorn waren schwere Reiter aufgesessen. Alles stank nach Schweiß, Pferden, Pferdekot und lange ungewaschenen Füßen; von hinten wehte ein Hauch von Kohlsuppe durch die Reihen. Während wir warteten, suchte ich vergeblich nach dem Gesicht des Molochs. Aber in dem Gedränge war kaum eine Übersicht möglich.
    Karl, halb hinter mir, stieß mich an, wahrscheinlich mit der Spitze seiner Pike, denn es klirrte an meinem Harnisch wie Metall auf Metall. »Ausfall zu Fuß«, knurrte er, »mit Piken … Die Spanier sind angeblich besonders gut mit ihren Arkebusen. Wenn’s das wird, was wir erwarten, decken sie wahrscheinlich die Flanken.«
    »Könntest recht haben.«
    Endlich erteilte vorn jemand Anweisungen, die von Unterführern brüllend weitergegeben wurden. Wir sollten ausrücken, den Gegner aus den Ruinen der nur unvollständig zerstörten Vorstadt verjagen und danach die restlichen Mauern so niederlegen, daß sie den Türken keinen Schutz mehr bieten würden.
    »Mit den Händen?« schrie jemand weiter links.
    »Sobald wir draußen sind«, rief der Unterführer, »kommen andere mit Rammen nach. Anpacken und decken - habt ihr verstanden?«
    Die schweren Torflügel öffneten sich quietschend. Als erste jagten die Reiter hinaus, dann die Fußkämpfer. Ich schätzte, daß wir an die dreitausend Mann waren, die durch das Tor mußten, und es schien ewig zu dauern, bis auch die letzten, zu denen Karl, Avram und ich gehörten, sich in Bewegung setzten. Hinter uns rumpelten Karren durchs Tor, beladen mit Rammen und Hacken, und danach kamen ein paar Ochsengespanne.

    »Wenn’s außer bei der Führung noch Ochsen gibt«, sagte Avram, »kann das mit dem Hunger noch nicht so schlimm sein.«
    Dann waren wir draußen, zwischen den zerstörten Gebäuden der Vorstadt. Die Reiter hatten sich nach rechts und links gewandt, um die Gegner von der Seite anzugreifen und ihnen möglicherweise den Rückweg abzuschneiden. Neben ihnen zogen sich Reihen spanischer Arkebusiere nach Süden; sie feuerten auf etwas, das wir noch nicht sehen konnten. Vor uns, zwischen den Ruinen, fielen einzelne Schüsse, aber vor allem hörten wir Waffengeklirr und Schreie.
    Bei der teilweisen Zerstörung der Vorstädte hatte man auch die Brücken über die Wien abgebrochen, aber die Türken waren über schnell gefertigte Behelfsbrücken vorgerückt und saßen nun hinter Mauerresten und schnell aufgeschichteten Trümmerhalden. Offenbar wurden sie von unserem Ausfall überrascht, und bis unsere hinteren Reihen den Kampfplatz erreichten, war alles schon vorüber. Hinterher hörten wir, es habe bei uns drei Tote und ein Dutzend Verletzte gegeben; die gegnerischen Verluste waren größer: etwa zweihundert Gefallene und eine unbekannte Zahl entkommener Verwundeter; außerdem gelang es den Männern weiter vorn, ein paar Unterführer gefangenzunehmen, die beim Verhör vielleicht etwas aussagen konnten.
    Die vorderen Reihen rissen die Behelfsbrücken ab; zusammen mit den Reitern und den Arkebusieren deckten sie uns dann, als wir mit den Rammen, Hacken und Zugtieren die letzten Mauern niederlegten.
    Zamora blieb für mich unsichtbar. Besser so, sagte ich mir; wenn ich ihn nicht sah, brauchte ich mich nicht darüber zu grämen, daß ich ihn nicht in die Hände bekam.

     
    Tag und Nacht feuerten die türkischen Geschütze. Sie konnten den Mauern nicht viel anhaben, richteten aber in der Stadt immer wieder Schaden an. Es gab zahlreiche Tote, sowohl durch den Beschuß als auch durch infolge des Beschusses zusammenbrechende Gebäude.
    Vor allem hinderte uns der Beschuß am Schlafen. Und er erschwerte die Bewegungen hinter den Mauern, die Verteilung von Lebensmitteln und Wasser, die Versorgung der Verwundeten. Hinzu kam, daß in unregelmäßigen Abständen mal hier, mal da Angriffe auf Tore oder einzelne Mauer abschnitte stattfanden. Es mochten Scheinangriffe sein, deren einziger Zweck es war, uns zu beschäftigen und von anderem abzuhalten, doch mußten sie natürlich zurückgeschlagen, mußten Sturmleitern gekippt und Brandgeschosse gelöscht werden.
    Wir waren beinahe ohne Pause

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