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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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einer solch antiken Waffe rechnen konnte. Nun zog ich einen Pfeil aus dem Köcher.

    Die Türen schlossen sich. Und das Gemetzel begann. Wie gestern. In das Durcheinander zu stürmen oder von hier oben zu schießen wäre unsinnig gewesen, da wir die Gruppen nicht unterscheiden konnten. Bis auf die beiden Männer, die Hoyos kannte. Die er gekannt hatte, denn nun waren sie tot.
    Ich sah ein paar Spanier geduckt auf die Straße laufen; dann verschwanden sie hinter den Mauern. Hoyos pfiff leise, und seine Leute machten sich bereit.
    Die Mörder begannen, wie gestern, die Taschen und Beutel ihrer Opfer zu leeren. Alle, die nun noch standen, waren Feinde.
    »Feuer«, sagte der Fähnrich ohne besonderen Nachdruck.
    Vier Mann waren vors Tor geschickt worden; sie hatten ihre Arkebusen zurückgelassen. Elf Arkebusen krachten fast gleichzeitig, dann noch einmal vier, nacheinander, abgefeuert von denen, die nach der ersten Salve die geladenen Waffen der vier ergriffen hatten.
    Drei der Männer im Hof der Villa brachen zusammen; mindestens drei weitere waren getroffen, standen aber noch.
    »Los!« schrie Hoyos.
    Alle sprangen auf, Schwerter oder Degen in den Händen, kletterten über die Gartenmauer und stürmten hinunter. Ich bemerkte die Bewegungen neben mir, aber ich sah nur Piranesi. Ein paar Männer, hörte ich später, hätten versucht, das Tor zu öffnen, und seien in die Klingen der dort wartenden Spanier gerannt. Sie wurden niedergehauen.
    Piranesi. Das Wiesel, Mörder meiner Eltern und Geschwister, Auftürmer von Körperteilen in Prato. Er war ruhig, aber vielleicht kam es mir nur so vor. Er schien einen Ausweg aus
der Falle zu suchen; beinahe gelassen zog er sein Schwert, in der anderen Hand hielt er einen Dolch. Neben ihm, ebenfalls unversehrt von den Kugeln, duckte sich Symonds, stieß mit der Schulter eine Tür auf, die ins Haus führte, und drehte sich dann um, als Jorgo ihn angriff.
    Piranesi machte ein paar schnelle Schritte zur Seite, zu einer zweiten Tür, blieb einen Augenblick stehen, um sich umzuschauen, einen möglichen Angreifer abzuwehren.
    Der Pfeil hätte seine Brust treffen sollen, aber er drang ihm seitlich in den linken Oberschenkel und nagelte ihn ans Türblatt. Ich ließ den Bogen fallen, riß den Degen aus der Scheide und rannte die wenigen Schritte, die uns trennten.
    Piranesi fletschte die Zähne, steckte den Dolch in den Gürtel und zerrte den Pfeil aus der Tür, aus dem Bein. In all dem Geklirr und Geschrei glaubte ich, ihn stöhnen zu hören. Dann stöhnte er noch einmal, als meine Degenspitze seine Schwerthand durchbohrte. Aber er ließ die Waffe nicht fallen, hob sie mir entgegen und tastete mit der Linken nach dem Dolchgriff. Ich tauchte unter seiner Klinge weg und stieß mit dem Degen zu. Er machte eine schnelle Drehbewegung, um mir statt der Brust die Flanke zu bieten; die Degenspitze drang in seine Achselhöhle. Ich zog sie heraus, als sein Schwert unendlich langsam zu Boden fiel, und setzte ihm die Klinge an die Kehle.
    »Spengler«, sagte ich. »Ein Dorf in Deutschland.«
    Er starrte mich an. Hungrige Augen, lodernde Augen. »Spengler?« Das Lodern wurde zum Flackern. »Ah«, sagte er, »Spengler. Gut bezahlt - aber so lange her. Warum?«
    »Ich bin Jakob Spengler, der Sohn. Ich war im Wald. Wer hat es befohlen? Wer hat bezahlt?«
    Er grinste. »Komm näher, dann flüstre ich es dir ins Ohr.«

    Seine linke Hand mit dem Dolch zuckte hoch, stieß nach meinem Bauch. Ich beugte den Rumpf zur Seite und nach hinten, ohne die Degenspitze von seiner Kehle zu nehmen. Jemand taumelte gegen meinen Rücken und stieß mich wieder nach vorn. Ich hörte ein Ächzen, Avrams Stimme sagte: »Uh, Jakko«. Dann hörte ich ein Gurgeln, und mein Arm färbte sich rot unter der Fontäne aus Piranesis Hals.
    Ich sprang zur Seite und fuhr herum. Avram raffte sich gerade auf und zog sein Messer aus der Brust eines Liegenden.
    »Jakko!« Das war Karl, und der Ruf kam von weiter links, halb hinter dem Vorsprung jener Tür, die Symonds aufgestoßen hatte.
    Ich sah, daß Avram keine Hilfe brauchte, daß der Weg frei war, und ging zu Karl, den ich nun am Boden kauern sah. In der Beuge seines linken Arms hielt er einen Kopf.
    Es war der von Jorgo. Jorgos Hände tasteten über den Bauch. Ich sah Blut und Eingeweide, wie träge Schlangen, und kniete neben dem Freund.
    »Bruder«, sagte ich leise. Ich spürte ein Würgen im Hals, und eine kalte Klammer legte sich um mein Herz.
    Jorgos Lider flatterten. Sein Gesicht war

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