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Die Rache des schönen Geschlechts

Titel: Die Rache des schönen Geschlechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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bestiegen. Fast alles junge Ausländer mit Schlafsäcken. Sie würden die Inseln sicher nicht mit Geld, dafür aber mit dem Glanz ihrer Jugend bereichern. Er seufzte und machte sich auf zu seinem gewohnten Spaziergang bis ans Ende der Mole.
    »Das sind wohlgemerkt nur Vermutungen meinerseits, aber sie bestätigen sich allmählich. Die Piccolos, zu denen sie als fünfjährige Vollwaise kommt, halten Grazia von Anfang an wie eine Sklavin, das hat sie selbst zu mir gesagt, und ich glaube nicht, dass sie übertreibt. Und ich bin auch überzeugt, dass Onkel Gerlando, wen wundert's, seine Nichte schon als kleines Mädchen missbraucht hat. Nach dem Tod der Tante wird Grazia zur festen Geliebten des Onkels, wenn er nichts Besseres zur Hand hat. Seit Jahren spürt das Mädchen, anfangs verschwommen, aber allmählich immer deutlicher und stärker, dass sie ihn hasst, aber sie kann sich nicht wehren, es gibt keinen Ausweg für sie. Bis sie sich irgendwann mit Fonzio Arico, dem Geldeintreiber und Vertrauensmann, zusammentut, vielleicht verlieben sie sich auch richtig ineinander. Der Onkel merkt nichts. Er hockt in seinem Büro im ersten Stock und saugt den Leuten das Blut aus, Grazia und Fonzio machen unten, was ihnen gefällt. Eines Tages kommt Grazia oder Fonzio, das werden wir noch klären, ein Gedanke: sich Gerlando Piccolos zu entledigen, sein Geschäft zu übernehmen und auf eigene Rechnung weiterzubetreiben. Gerlandos Erbe würde sicherlich an Grazia gehen, der Mann hat keine anderen Verwandten. Aber wie die Sache über die Bühne bringen, ohne Verdacht zu erregen? Ideal wäre es, wenn eine dritte Person Gerlando umbrächte. Und da fällt Grazia, und ich bin sicher, dass sie auf diese tolle Idee kommt, Dindo ein, der Ladenjunge vom Supermarkt, ein Zwanzigjähriger mit dem Hirn eines Kindes. Sie fängt an, besonders freundlich zu ihm zu sein, sie gewinnt sein Vertrauen, bei jeder Begegnung gibt sie sich liebevoller und herzlicher. Und Dindo fällt drauf rein und verliebt sich in sie. Da gesteht Grazia ihm, dass sie ihm nie wird gehören können, dass sie eine Gefangene des Onkels ist, der sich niederträchtig an ihr vergeht, der sie zwingt, abscheuliche Sachen mit ihm zu machen. Dindo beißt sofort an, er fühlt sich wie ein Ritter ohne Furcht und Tadel und verspricht ihr, sie zu befreien und den Mann, der sie gefangen hält, zu töten. Er schwört tausend Eide. Ein paar Tage lang tut Grazia, als wollte sie Dindo von seinem Vorhaben abbringen, dann sagt sie, wenn der Junge so fest entschlossen sei, könne sie ihm eine von den Waffen im Haus besorgen. Die müsse Dindo mitnehmen, nachdem er den Onkel erschossen habe.«
    »Aber wir haben alle Waffen, die im Haus waren, gefunden«, warf Fazio ein. »Und aus keiner wurde der Schuss abgefeuert, der Piccolo getötet hat.«
    »In der Tat gehört die Waffe Fonzio Arico. Aber lass mich weiterreden. In der vereinbarten Nacht öffnet Grazia, nachdem sie die Küche aufgeräumt hat, leise die Haustür und legt den Revolver, den Arico ihr gegeben hat, auf die unterste Treppenstufe.«
    »Darf ich was sagen? Wo steckt Fonzio in der Zeit?«, fragte wieder Fazio.
    »Er sorgt für sein wasserdichtes Alibi. Sicher in einem Spielclub, mit fünfzig anderen Leuten, die das später bezeugen können. Grazia will sichergehen, dass Dindo auch schießt. Deshalb wäre es ideal, wenn er sie anträfe, während der Onkel sie zu den Sachen zwingt, die sie so anwidern, wie sie dem Jungen erzählt hat. Und so kommt es dann tatsächlich.«
    »Augenblick«, sagte Gallo. »Die Haltung der Leiche.«
    »Ich weiß, was du denkst. Aber du bist schließlich kein kleiner Junge mehr. Du wirst doch wohl wissen, dass beim Liebemachen die traditionelle Position nicht obligatorisch ist.«
    Gallo wurde rot und schwieg.
    »Dindo verspätet sich, also hält Grazia Gerlando auch danach noch fest umarmt. Endlich kommt Dindo, Grazia schreit und macht sich frei, der Junge schießt, legt den Revolver irgendwohin und fängt an, das Zimmer auf den Kopf zu stellen, um einen Einbruch vorzutäuschen. Aber da verraucht Dindos Wut plötzlich, er dreht sich um, schaut den Toten an, begreift, was er getan hat, dreht vollends durch und zerschlägt die Bilder und die kleine Muttergottes-Figur.
    Dann flieht er aus dem Zimmer. Grazia glaubt, dass alles aus ist. Sie denkt, vielleicht ganz zu Recht, dass Dindo früher oder später zusammenbricht und alles erzählt. Sie holt die Waffe des Onkels aus dem Nachttisch, rennt hinter dem Jungen her,

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