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Die Radleys

Titel: Die Radleys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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redet.
    »Alles in Ordnung, Helen?«
    »Ja, danke, bestens, Mark.«
    Dieser Mark fängt an, mit dem Schwamm das Dach seines teuren Autos zu bearbeiten, während sein leicht misstrauischer Blick weiter auf Helen ruht.
    »Wie geht es Clara?«, fragt er in fast aggressivem Ton, während das schaumige Seifenwasser an den Fenstern hinunterläuft.
    Was sie den Nachbarn wohl erzählt haben?, fragt sich Will und beobachtet Helens nervöse Vorstellung.
    »Es geht ihr gut«, sagt sie. »Jetzt geht’s ihr wieder gut. Wie das mit Teenagern eben so ist.«
    Es folgt noch ein amüsanter Moment, als Helen auffällt, dass sie Will eigentlich vorstellen müsste, sich aber nicht dazu durchringen kann. Helen weiß nicht, ob sie ihren Nachbarn anlügen soll, und darüber wundert sich Will wieüber ein vertrautes Buch, das plötzlich in eine andere Sprache übersetzt wurde.
    »Schön«, sagt Mark, sieht aber wenig überzeugt aus. »Freut mich, dass es ihr wieder gut geht. Um wie viel Uhr macht Peter eigentlich seine Praxis zu?«
    Helen zuckt mit den Schultern, offensichtlich sehnt sie das Ende dieses Gespräches herbei. »Samstags ist das unterschiedlich. Gegen fünf. Vier oder fünf …«
    »Gut.«
    Helen nickt und lächelt, aber Mark ist noch nicht fertig. »Ich würde gern bei Gelegenheit die Pläne vorbeibringen. Passt morgen vielleicht am besten. Gehe später zum Golfen.«
    »Gut«, sagt Helen.
    Will versucht, sich das Grinsen zu verkneifen.
    »Lass uns die Sache im Haus zu Ende bringen«, flüstert sie.
    Will nickt und folgt ihr zur Haustür. Bisschen dreist, aber oka y. Mach mich nur a n.

[Menü]
    PARIS
    Eine Minute später hat er es sich in dem geschmackvollen Wohnzimmer auf dem Sofa gemütlich gemacht. Helen sitzt von ihm abgewandt, den Blick auf die Terrasse und in den Garten gerichtet. Sie ist nach wie vor hinreißend, ohne es zu wissen, auch wenn sie sich für die sterbliche Überholspur entschieden hat. Sie könnte alt und verschrumpelt wie eine Walnuss sein, und er würde sie immer noch begehren.
    Für ihn ist sie wie eine russische Puppe. In dieser angespannten, dörflichen äußeren Hülle stecken weitere, bessere Helens. Da ist er sich sicher. Die Helen, die einst mit ihm übers Meer flog, eine blutverschmierte Hand in der anderen. Er kann ihre Lust auf das Leben, auf die Gefahr riechen, sie pulsiert immer noch in ihren Adern. Und er weiß, dass die Zeit gekommen ist, sie zu überreden, sie zu zwingen, dass sie sich an ihr besseres Ich erinnert.
    »Denkst du noch an Paris?«, fragt er. »An die Nacht, in der wir im Rodin-Garten gelandet sind?«
    »Bitte sei still«, sagt sie. »Rowan ist oben.«
    »Er hört Musik. Von uns kriegt er nichts mit. Ich will doch nur wissen, ob du manchmal an Paris denkst?«
    »Manchmal schon. Ich denke über vieles nach. Über dich denke ich auch manchmal nach. Und über mich denke ich nach, wie ich früher war. Wie viel ich von mir aufgeben musste, um hier zu leben, unter all diesennormalen Menschen. Ich weiß es nicht, aber manchmal würde ich am liebsten alles hinschmeißen und splitternackt über die Straße laufen, einfach nur, um zu sehen, wie die Leute reagieren. Aber ich versuche, einen Fehler gutzumachen, Will. Das ist der Grund, weshalb ich so lebe. Das Ganze war ein Fehler.«
    Will nimmt eine Vase in die Hand und äugt durch die Öffnung in das schwarze Loch im Inneren.
    »Du lebst überhaupt nicht, Helen. Dieser Ort ist eine Leichenhalle. Man kann die toten Träume riechen.«
    Helen senkt jetzt die Stimme. »Ich war mit Peter zusammen. Ich war mit Peter verlobt . Ich habe ihn geliebt. Warum mussten wir das ändern? Warum hast du mir nachgestellt? Was war das da in dir drin, das wie ein teuflischer Albtraum alles ruinieren musste? Was ist das? Rivalität unter Geschwistern? Langeweile? Die schlichte altbekannte Unsicherheit? Wenn man die ganze Menschheit umgebracht oder unglücklich gemacht hat, gibt es niemanden mehr, auf den man eifersüchtig sein kann? Ist es das?«
    Will lächelt. Er entdeckt eine Spur von der alten Helen. »Komm schon, Monogamie hat noch nie zu dir gepasst!«
    »Ich war jung und ich war dumm. Richtig scheißdumm. Ich hatte keine Ahnung, wo das hinführt.«
    »Dummheit war in dem Jahr weit verbreitet. Armer Pete. Hätte von der Nachtschicht die Finger lassen sollen … Du hast es ihm nie gesagt, nicht wahr?«
    »Wem?«, sagt sie.
    »Bleiben wir bei Pete.«
    Helen bedeckt jetzt mit der Hand die Augen. »Du wusstest es.«
    »1992«, sagt Will bedeutsam, als ob

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