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Die Radleys

Titel: Die Radleys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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noch etwas. Jemand ist unter dem Boot, klopft gegen das Holz, versucht, von unten durchzubrechen.
    Er hält am Ufer nach Helen Ausschau. Sie ist nicht mehr da. An ihrer Stelle steht dort Alison Glenny – die arrogante Kommissarin mit dem Kurzhaarschnitt, Leiterin der Anti-Vampirismus-Operationen bei der Polizei. Sie nickt, als ob alles nach Plan laufen würde.
    Die Leichen sind überall, klammern sich wie Julie mit aus dem Blut auftauchenden Armen an das Boot, während dasKlopfen lauter und lauter wird. Die Arme haben ihn fast erreicht, aber er schließt die Augen, öffnet sie dann wieder und befindet sich in seinem Campingbus, mit heruntergezogenen Sonnenrollos.
    Nur ein Traum.
    Bloß wieder dieser alte Traum.
    Er schnappt sich sein Messer und öffnet die Heckklappe, um nachzusehen, wer da klopft. Es ist Helen.
    »Ich habe gerade geträumt –« Ihr Blick fällt auf das Messer. »Verzeihung«, sagt er mit einem zaghaften Lächeln. »Hab ziemlich viel VB hier drin. Auch ein paar Kostbarkeiten. Bin in Sibirien von ein paar Blutfanatikern angefallen worden. Dänische Riesenarschlöcher. Die guten alten Reißzähne sind in solchen Fällen nutzlos, wie du weißt«, sagt er und winkt sie zu sich, so wie sie ihn gerade in seinem Traum zu sich gewinkt hat. »Komm rein, hier drin ist Schatten.«
    Helen lehnt die Aufforderung ab, indem sie die Augen schließt. Leise, damit die Nachbarn nicht mithören können, sagt sie dann: »Peter wollte dir sagen, dass du verschwinden sollst. Wir brauchen dich nicht.«
    »Stimmt, jetzt, wo du es sagst: Mir kam er auch ein bisschen abweisend vor. Könntest du nicht mal mit ihm reden, Hel?«
    Helen ist verblüfft. »Was?«
    So gefällt ihm das nicht. Er hockt wie Quasimodo in seinem Bus, was nicht besonders attraktiv aussehen kann. »Du hast dich inzwischen wirklich gut an die Sonne gewöhnt. Komm rein, setz dich.«
    »Ich kann’s nicht fassen«, sagt sie verärgert. »Du willst, dass ich mit Peter rede, damit du bleiben kannst?«
    »Nur bis Montag, Hel. Muss mich ein bisschen ausruhen, mehr nicht.«
    »Du hast hier nichts zu suchen. Peter und ich wollen, dass du verschwindest.«
    »Hab’s in letzter Zeit ein bisschen übertrieben. Ich brauche nur einen Ort, wo es … ruhig ist. Da draußen treiben sich einige verärgerte Angehörige herum. Einer vor allem.« Und das stimmt sogar, wobei das schon eine ganze Weile so ist. Im vergangenen Jahr hatte er aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass jemand nach »Professor Will Radley« sucht. Jemand aus Unizeiten, der einen Groll gegen ihn hegt, wie er vermutet. Ein durchgedrehter Vater oder ein Witwer, der auf Rache sinnt. Er macht sich deswegen nicht mehr Sorgen als wegen Alison Glenny, aber Stress mit seinen Vampirkollegen bei der Sheridan Society ist dann doch noch etwas anderes. »Jemand hat Fragen gestellt. Wer es ist, weiß ich nicht, aber er lässt nicht locker. Wenn ich also bloß …«
    »Ich soll meine Familie in Gefahr bringen? Nein. Ganz bestimmt nicht.«
    Will steigt aus dem Bus, sieht blinzelnd den Vögeln nach, die verängstigt in den nächsten Baum flüchten, und bemerkt, dass auch Helen erschrocken zusammenzuckt, als sie die Straße hinunterblickt. Will folgt ihrem Blick und sieht eine ältere Dame mit einem Gehstock.
    »Puh, ich brauche unbedingt einen anständigen Sonnenblocker«, sagt er und kneift die Augen vor dem Sonnenlicht zusammen.
    Will hat das Messer immer noch in der Hand.
    »Was hast du vor?«, fragt Helen.
    Die alte Dame ist bei ihnen angekommen.
    »Guten Tag.«
    »Morgen, Mrs. Thomas.«
    Mrs. Thomas lächelt Will an, der beiläufig die Hand mit dem Messer hebt und winkt. Er lächelt und grüßt zurück.
    »Mrs. Thomas.«
    Es macht ihm Spaß, Helen zu provozieren, und Helen ist eindeutig entsetzt. Aber Mrs. Thomas hat das Messer anscheinend nicht bemerkt oder scheint zumindest nicht beunruhigt.
    »Guten Tag«, erwidert sie den Gruß fröhlich krächzend.
    Sie setzt ihren Weg unbeirrt fort. Helen starrt Will an, weshalb er beschließt, dafür zu sorgen, dass sie sich noch ein bisschen mehr aufregt. Er tut so, als hätte er eben erst bemerkt, dass er das Messer immer noch in der Hand hält.
    »Hoppla.«
    Er wirft das Messer lässig in den Bus zurück, mit verzerrtem Gesicht wegen des Lichts. Helen sieht zum Nachbarhaus hinüber, aus dem Mark Felt mit Eimer und Schwamm tritt, um sein Auto zu waschen. Ein Mann, der, zu Wills Erheiterung, etwas besorgt aussieht wegen des verdächtig wirkenden Typen, mit dem Helen da

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