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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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hoch über ihnen dahinschwebende Wolken, die Mauer, größer als jedes ihr bekannte Land, den warmen und riesigen Ozean, Anlegestellen im Wasser, das Plätschern kleiner Wellen, das Sonnenlicht, Wärme und ein kleines Boot, das in diesem Augenblick das Land erreichte.
    Sie machten einen Schritt vorwärts und stießen sich vorsichtig ab, damit der Druck der Reise in weiter Ferne harmlos verpuffte.
    Kitchens
    Er hatte gedacht, dass die große Kammer des Lagers staubig gewesen wäre, aber an diesem Ort hatte der Staub ein wahres Eigenleben entwickelt. Die Luft war der Staub, als ob der Fels ausreichend durchlässig geworden wäre, damit die Menschen ihn durchschreiten konnten, ohne sein wahres Wesen zu verraten. Kitchens bedeckte seinen Mund mit seinem Taschentuch.
    Seine Nase teilte ihm mit, dass sich der Staub aus der zermahlenen Mauer, aber auch aus Kohle und anderen Dingen zusammensetzte.
    Die Umrisse von Männern und Ausrüstung bewegten sich im Laternenlicht und den flackernden electrischen Leuchten; Silhouetten, die sich vor dem Staub unscharf abzeichneten. Der Krach klang immer noch in seinen Ohren nach und schien alle in seiner Nähe wie in einer gepanzerten Faust gefangen zu halten, selbst in seiner Abwesenheit.
    Die Stille, die sich langsam herabsenkte, drückte den Staub zu Boden. Der Dampfbohrer hatte seine Anstrengungen eingestellt, aber ein puffendes Geräusch ließ auf seine schlummernde Bereitschaft schließen. Solange sich diese grausame Spitze nicht mit Gewalt in das Gefüge der Mauer drängte, hatte die Luft eine geringe Chance, wieder sie selbst zu sein.
    »… einem Seitenstollen«, brüllte Ottweill.
    Er konnte wieder hören! Kitchens nickte, als ob er ihn schon die ganze Zeit verstanden hätte.
    »Kommen Sie den Hauptstollen entlang, und ich werde es Ihnen zeigen.«
    Sie nahmen einem der wartenden Männer eine Laterne ab – Kitchens fiel auf, dass die Arbeiter hier Schutzbrillen und Masken trugen.
    Ottweill hatte recht. Man hatte eine weitere Kaverne geöffnet, und die Gleise verliefen geradeaus. Eine Weiche ließ eine Nebenstrecke nach links abbiegen. Der sich langsam am Boden absetzende Staub reflektierte das Licht und zeigte die Stelle, an welcher der Dampfbohrer seinen Versuch eingestellt hatte, einen Seitenstollen voranzutreiben.
    Warum?
    Sie gingen die Gleise etwa hundert Meter weiter. Ottweill blieb auf halbem Weg im Schacht stehen. »Schauen Sie hierher«, sagte er und richtete das Laternenlicht weit nach oben.
    Eine Reihe Metallstangen ragte leicht aus dem Fels heraus; sie waren offensichtlich abgetrennt worden, als der sie umgebende Fels ausgegraben worden war. Das Laternenlicht wurde auf die gegenüberliegende Seite gerichtet, wo dieselben Metallstangenspitzen zu erkennen waren.
    »Das haben wir zuerst nicht bemerkt«, sagte Ottweill. »Erst als wir das Bohren einstellen mussten und zurückgeblickt haben.«
    Der Doktor schien so ruhig und gefasst, wie Kitchens ihn noch nie zuvor erlebt hatte. In England war er ein herumbrüllender und Feuer spuckender Fanatiker gewesen. Hier an der Mauer kanalisierte das Projekt seine Besessenheit und seine Energie. Alles, wofür sich Ottweill interessierte, konzentrierte sich auf einen Punkt an dieser Tunnelwand.
    Sie legten weitere hundert Meter zurück. An eisernen Schwellennägeln, die man in die Tunnelwand geschlagen hatte, hingen electrische Leuchten, aber sie waren nicht eingeschaltet. Kitchens sah zu dem flackernden Laternenschein an der Tür zurück, wo die Bohrergruppe und die Torwächter ihre unerwartete Pause einlegten.
    Niemand hatte auch nur einen Schritt getan, um ihrem Anführer in den Tunnel zu folgen.
    Er befingerte seinen zerlumpten Ärmel an der Stelle, wo sich die Rasierklinge verbarg.
    »Hören Sie gut zu«, sagte Ottweill und verdunkelte seine Laterne.
    Kitchens’ Ohren klingelten weiterhin, als ob er geschlagen worden wäre, aber er schloss dennoch die Augen, öffnete den Mund und versuchte, die Geräusche seiner Umgebung wahrzunehmen. Er brauchte einen Moment, bevor er begriff, wovon der Doktor sprach. Es war nicht wirklich ein Geräusch, sondern eher eine Vibration, wie bei der größten Pfeife einer Kathedralenorgel. Etwas, was eher die Knochen als die Ohren vernahmen; etwas, das einem die Haare zu Berge stehen ließ. Tief, rhythmisch und sehr schnell.
    Nicht nur schnell, merkte er. Kompliziert.
    »Was ist das?«
    Ottweill schob den Blendschutz zur Seite.
    Die Schneidfläche glänzte . Der Fels war in einem breiter

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