Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake

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rannte auf den Rangierbahnhof hinaus. Waggons, ein Dampftraktor mit einem flachen Anhänger dahinter. Überraschte Männer, hauptsächlich Araber, aber auch einige kräftig gebaute Briten.
    »Feuer!«, brüllte Wang, ohne anzuhalten. »Rein da! Schlagt Alarm!«
    Er war in seinem ganzen Leben noch nie so schnell gerannt.
    Das laute Knallen eines Gewehrs bewies ihm, dass, sich nach draußen zu begeben, keine gute Idee gewesen war. Er wurde jedoch nicht getroffen, und um ihn herum erhob sich ein lauter werdendes Gemurmel arabischer Stimmen.
    Das Außentor des Hofs stand offen, und die Straße lag einladend vor ihm. Die Vorkommnisse im Gebäude hatten sowohl die Menschen draußen neugierig gemacht als auch den Verkehr zum Erliegen gebracht.
    »Ich bitte um Verzeihung«, rief Wang. »Macht Platz für die Verletzten.«
    Eine weitere Kugel jagte über seinem Kopf hinweg. Die Menge, die sich gerade noch versammelt hatte, löste sich in Sekundenbruchteilen wieder auf. Er stürzte sich hinein, und die lauten Schreie hinter ihm – »He, du, stopp!« – gingen im Chaos unter.
    Nicht drängeln , dachte Wang. Werde zum Teil der Menge.
    Er wusste, dass er ein Idiot war. Auf der gesamten Straße war kein anderer Chinese zu sehen. Jeder würde ihn als Ausländer erkennen.
    Aber um ihn herum trugen die Menschen Dutzende verschiedener Gewänder, die Hautfarben jedes Tons bedeckten, von Mitternachtsschwarz über Nussbraun bis hin zum hellsten Weiß. Er war anders, aber damit war er nicht allein.
    Hinter ihm waren die Alarmglocken noch deutlich zu hören, aber sie wurden leiser, je weiter er sich von ihnen entfernte. Wütende britische Stimmen waren ebenso zu vernehmen, aber in dieser Menge würden nur die wenigsten ihren englischen Herrn und Meistern helfen.
    Es wurde ihm klar, dass dieser Ort Singapur sehr ähnelte. Wer immer herrschte, verfügte über die entsprechende Macht, aber die Einwohner kümmerten sich um sich selbst und begegneten den Mächtigen »da oben« mit einer bemerkenswerten Gleichgültigkeit. So etwas wäre im Herzen Chinas undenkbar.
    Wangs Lungen brannten wie Feuer. Die Schmerzen in seinem Unterleib fühlten sich an, als ob jemand auf ihn eingestochen hätte. Seine Beine zitterten und fühlten sich an, als bestünden sie aus Gummi.
    Er wurde langsamer und ging normal weiter. Entweder würde er das Schiff erreichen oder nicht. Aber … was hatte wohl der Mönch in der Zwischenzeit gemacht?
    Manchmal wünschte sich Wang, er hätte dem Kô gesagt, er solle doch die schlimmsten kaiserlichen Bestrafungen über ihn verhängen. Anstatt zwei auf magische Weise unmöglichen Frauen quer über die Nördliche Hemisphäre nachzujagen und dem Tod dabei ständig über den Weg zu laufen, könnte er in seinem Büro sitzen, auch wenn es nicht sonderlich bequem gewesen war und er schlechten Tee hatte trinken müssen. Die alten Dokumente, durch die er sich durchgekämpft hatte, waren so verrottet gewesen, dass es ihm die Tränen in die Augen getrieben hatte.
    Er lächelte, als er durch die staubigen Straßen ging, zwischen Eselskot, herabgefallenem Obst und unzähligen stinkenden, fremden Körpern.
    Gashansunu
    Sie blieb selbst in der Schattenwelt ohne Bezug zur Zeit. Das neue Luftschiff schien sich vom alten kaum zu unterscheiden, aber die Männer waren seltsam. Einen Moment lang hier, im nächsten Augenblick da, dann verschwunden. Auch die Sonne zitterte kurz, als sie ihren Höchststand erreichte.
    Ich bin aus dem Haus des Westens , dachte sie. Dort ist Osten. Außer natürlich, die Nördliche Hemisphäre war so verdreht, dass selbst die Himmelsrichtungen nicht mehr stimmten.
    Ein violetter Streifen verwandelte sich von einem Moment zum anderen in einen orangefarbenen Halbmond.
    Am schlimmsten aber war, dass die Stimme ihres wa komplett verstummt war. Sie fühle sich anders, als ob man ihr eine Hand abgetrennt hätte. Die Vorstellung ihres Verstandes, immer alles zu wissen, glich nun einem abgrundtiefen Loch.
    Aber sie hatte im Gegenzug etwas dafür erhalten. Sie hatte etwas dazugewonnen. Doch handelte es sich um einen fairen Tausch?
    Einer der Männer sah sie in diesem Moment genauer an. Er öffnete den Mund, um mit ihr zu sprechen, doch was herauskam, hörte sich für sie wie weit entfernt erklingender Donner an, der in einer Höhle in einer unendlichen Schleife gefangen war.
    Ist dies der Wahnsinn? Ist in meinem Verstand eine Mauer niedergerissen worden?
    Ihr wa antwortete nicht.
    Gashansunu versuchte, die Schweigende Welt zu