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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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verbunden mit der Erdumlaufschiene, während sie durch den Himmel wanderte. Alle Objekte umtanzten einander in regelmäßigem Rhythmus, eine mechanische Sarabande, die Gottes handwerkliches Geschick gewandter zu beschreiben wusste, als Worte in einem Buch es konnten; ob es sich nun um die Messingschlange handelte, die sich klappernd durch Eden gewunden hatte, oder um die Räderung Christi.
    Es war alles da . Sie war dabei, die Geheimnisse der Erde in den Pilzschuppen zu lüften, bevor sie sie ihr weggenommen hatten. Nur die Engländer verstanden Gott wirklich, diese Zauberer der Bassett und der Dent-Uhrmacherei in ihrer Heimat. Clarence Davies war vermutlich ein Idiot, aber er war ein Idiot aus einem Volk von Zauberern.
    Sie fragte sich, ob sie selbst eine Taschenuhr bauen könnte. Ihr eigenes Modell des Universums? Ganz bestimmt nicht mit Teakholzsplittern und sprödem Eisen.
    Paolina Barthes saß in der klammen, atmenden Dunkelheit und stellte sich vor, wie sie aus dem unendlichen Reichtum menschlichen Wissens schöpfte. Die Rätsel der Welt konnten gelöst werden, und genau das würde sie tun. Es gab keinen anderen Weg.
    Irgendwann später lag sie zusammengesackt und stinkend auf dem Boden, und ihr Mund fühlte sich trocken an wie vergammeltes Segeltuch. Paolina bemerkte, dass ein greller Lichtstrahl auf eine ihrer Hände fiel.
    »Mädchen«, sagte jemand leise. Das Geräusch kratzte wie kleine Krallen über ihr Ohr. »Was haben sie dir angetan?«
    Senhora Armandires, dachte Paolina. Sie ließ ihren Kopf zur Seite rollen, obwohl das Licht ihren Augen wehtat. »Sie …«
    »Nein.« Die Frau kniete sich vor sie hin. »Sprich nicht.« Sie beugte sich vor und berührte Paolina am Hals. »Sie sind dumm und oft noch Schlimmeres als das, aber sie sind unsere Männer. Im Augenblick werden sie abgelenkt.« Senhora Armandires lagerte ihren Kopf hoch und drückte ihr einen feuchten Lappen auf den Mund. »Hier, beiß hinein.«
    »Raus«, versuchte Paolina am Lappen vorbei zu sagen, aber das Wort war nicht viel mehr als ein Grunzen.
    »So schnell wie möglich.« Die Senhora schob einen Sack neben sie. Die groben Fasern fühlten sich scharf wie Korallen an und verursachten eine blutende Wunde. »Drei Wasserschläuche und ein wenig Brot von deiner Mutter. Weich es ein, bevor du es isst. Dieser englische Junge lässt dir auch ein paar Dinge schicken.« Sie schob ihr einen Beutel hin. »Er ist verrückt nach dir. Er wäre wirklich sehr süß, wenn er nicht so unpassend wäre.«
    Paoline ließ den Lappen herunterfallen. »Holt mich hier raus«, flüsterte sie.
    »Das werden wir. Die fidalgos müssen es für ihre eigene Idee halten.«
    »Sie w-w-wollen mich töten.«
    »Wir leben alle auf dieser Welt. Sie wollen niemanden töten, sondern dich nur einschüchtern, um dich zur Vernunft zu bringen.«
    Sie hatte keine Kraft für weitere Worte. Senhora Armandires schob Paolina eine Scheibe Mango in den Mund – wo hatte die Frau das herbekommen? –, richtete ihre Haare und küsste sie auf die Stirn. »Geduld und Gebete«, sagte sie. »Jemand wird dir später noch mehr Wasser bringen, aber geh trotzdem mit dem, was du hast, vorsichtig um.«
    Sie nickte und hatte entsetzliche Angst vor der nahenden, erneuten Finsternis. Als Senhora Armandires die Tür schloss, blieb nur eine vertraute, allumfassende Stille. Nicht die Angst, vor der sich Paolina gefürchtet hatte.
    Sie tastete in der Dunkelheit herum, bis sie Clarences Beutel fand. Es klickte. Was hatte er ihr geschickt?
    Im Beutel fand sie Metall. Werkzeuge. Und Metallstücke. Nicht die Taschenuhr, nichts, was sie kannte. Nur Metall.
    Er hatte also an a Muralha nach diesen Sachen gesucht, vielleicht sogar in den verlassenen Ruinen der Enkidus.
    »Geduld, Gebete und der Entwurf einer Uhr«, teilte sie der Dunkelheit mit.
    In diesem Augenblick hätte sie den Jungen lieben können, auch wenn er unbeabsichtigt für ihre Schwierigkeiten verantwortlich war. Stattdessen machte sich Paolina daran, die Dinge zu sortieren und vor ihren Knien auf dem Boden auszubreiten.
    Gott hatte die Welt in völliger Dunkelheit erschaffen, nicht wahr? Bevor er das Feuer der Sonne entfachte? Das hier war viel unbedeutender.
    Außerdem hatte sie in ihren Fieberträumen viel mehr erfahren, als es ihr vor ihrem unruhigen Schlaf möglich gewesen war.
    Werkzeuge, Werkzeuge und Metall. Damit konnte jede intelligente Frau die Welt erneut erschaffen. Nichts weniger als das.
    Eine Woche, vielleicht länger, lag Paolina in

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