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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Maske Poinsard diese Lücke aus. »Wir von den avebianco benötigen … keine Eide.« Sie wählte ihre Worte mit Bedacht. »Der größte Teil unserer Mitglieder steht kaum miteinander oder mit der Gemeinschaft als Ganzem in Verbindung.«
    Eine weitere Pause. Childress lächelte sie fröhlich und aufmerksam an.
    »Zuweilen bringt sich eins unserer Mitglieder, einer unserer Partner in die bedeutsameren Unternehmungen unserer Gesellschaft ein. Bewusst oder unbewusst.«
    Diesmal wurde das Schweigen von einem kritischen Blick begleitet. Childress lächelte schweigend weiter, auch wenn ihr klar war, dass ihr Gesichtsausdruck sich rapide von aufmerksam zu ausdruckslos änderte.
    Poinsard seufzte ausgiebig. »Sie, Bibiothekarin Childress, haben durch Ihre Handlungen eine Reihe von Ereignissen ausgelöst, die in direkter Folge das Verschwinden und den vermeintlichen Tod zweier Individuen verursachten, die für den Erfolg unserer Gemeinschaft außerordentlich wichtig waren. Erstens Simeon Malgus, der ein wichtiger Vertreter unserer Interessen in der lang andauernden Auseinandersetzung mit den Rationalisten und ihrem sogenannten Schweigsamen Orden der Zweiten Zeit gewesen ist. Zweitens William of Ghent, der im höchsten Rat des Schweigsamen Ordens über Einfluss verfügte.« Sie beugte sich vor und deutete auf Bibliothekarin Childress, während sie schneller sprach.
    Sie ist nervös, erkannte Childress. Sie wappnete sich für das, was nun kommen musste.
    Poinsard sprach weiter. »Durch Ihre Handlungen sind uns beide verlorengegangen. Der Schweigsame Orden zieht jetzt in den Krieg gegen die Gefederten Masken, die im höchsten Rat unseres Ordens sitzen. Die avebianco haben ihnen ein Friedensangebot unterbreitet, denn schließlich haben wir jahrhundertelang friedlich nebeneinander bestanden. Der Preis, den der Schweigsame Orden dafür verlangt hat, besteht darin, Sie an ihren Gerichtshof zu übergeben, um Sie dort abzuurteilen.«
    Ah. Das war schlimmer als alles, was sie erwartet hatte. Sich den höheren Rängen der weißen Vögel stellen zu müssen, war eine Sache, aber den Rationalisten als Opfer vorgeworfen zu werden eine ganz andere.
    Childress dachte schnell nach. »Lassen Sie uns offen miteinander reden, Maske. Sie haben sich auf meine Treue und Gehorsamkeit verlassen, um mich auf Ihr Schiff holen zu lassen und zu verraten, zugunsten der Gefederten Masken und Ihres Seelenfriedens. Ich bin nicht hier, um mich für meine Handlungen zu verantworten oder als Belohnung für meine Standhaftigkeit. Ich bin hier, um als Bauer auf dem Schachbrett der Rationalisten geopfert zu werden. Sie haben hiermit gewartet, bis wir unterwegs waren, statt diesen Fall mit mir an Land zu besprechen. Und das nur, um sicher sein zu können, dass Ihre Mission erfolgreich sein würde. Die Feigheit, mit der Sie vorgegangen sind, ist eine Schande. Schlimmer noch ist, dass diejenigen, die über Ihnen stehen, es fertigbringen, mich zu verurteilen, nur um ihre eigenen Ängste zu beschwichtigen.«
    »Aber«, sagte Childress, »ich wäre freiwillig gegangen, wenn Sie mich nur darum gebeten hätten.« Sie war leicht überrascht, dass sie damit die Wahrheit sprach. »Sie hätten mir lediglich mitteilen müssen, dass es sich um eine Notwendigkeit für unsere Sache handelte. Denn ich bin loyal, selbst jetzt. Nicht Ihnen gegenüber oder den Gefederten Masken. Sie haben sich als erbärmlich und käuflich erwiesen. Nein, ich bin dem Ideal unserer Gemeinschaft verpflichtet, der Idee, dass sich der Mensch seinen Platz im Werke Gottes zu seinen eigenen Bedingungen erstreiten kann. Wir sind der Mittelweg, weder extreme Spiritualisten, für die Gottes Worte blinden Gehorsam bedeuten, noch Rationalisten, die versuchen, Ihn aus Seiner Schöpfung zu vertreiben.«
    »Sie allerdings, so scheint es mir zumindest, haben sich von Ihrer Feigheit leiten lassen. Sie haben mich verraten. Ich werde nicht Gleiches mit Gleichem vergelten.«
    Childress drehte sich um und ging zur Tür. Sie verfügte über keine Macht, aber sie besaß noch ihre Würde. Sie war insgeheim erfreut, Annekes verwirrten Gesichtsausdruck zu sehen, als sie sich Childress in den Weg zu stellen versuchte und ihr Blick nach Anweisungen ihrer Herrin forschte.
    »Bibliothekarin Childress –«, begann die Maske Poinsard.
    Childress lächelte ein kleinliches, fieses Lächeln, das wusste sie, aber Anneke blieb stehen und ließ sie vorbei. Sie hatte den Kampf um ihr Leben oder ihre Freiheit nicht gewonnen, aber den um

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