Die Räuberbraut
Welches wird er wählen, und wo wird er es auftragen? Ah! Nichts allzu Verführerisches, nur irgendwas, das er sich aus England mitgebracht hat, Heide oder so ähnlich. Der Duft der freien Natur. Und nicht unterhalb der Halslinie. Roz seufzt erleichtert auf.
Sie liebt ihn. Sie liebt ihn immer noch. Sie kann es sich nur nicht leisten, es zu übertreiben, das ist alles.
Aber vielleicht liebt sie ihn unter der Oberfläche doch zu sehr. Vielleicht ist es ihre exzessive Liebe, die ihn forttreibt.
Als Mitch das Badezimmer verlassen hat, setzt Roz ihre eigenen Vorkehrungen fort, die Cremes und Lotionen und Parfüms, die Mitch nie zu Gesicht bekommen sollte. Sie gehören hinter die Kulissen, wie in einem Theater. Roz sammelt Parfüm, wie andere Leute Briefmarken sammeln, sie fällt auf alles rein, was neu auf den Markt kommt. Sie hat drei Reihen, drei Reihen niedlicher kleiner Fläschchen, nach Kategorien geordnet, die sie für sich »Blumig«, »Geschäftlich nüchtern« und »Heißes Petting« nennt. Heute entscheidet sie sich zu Ehren des Mittagessens mit Mitch für Opium, aus der Abteilung »Heißes Petting«. Aber es ist eine Spur zu schwülstig für tagsüber, deshalb mischt sie es mit etwas aus der Kategorie »Blumig«. Dann, fertig angekleidet und geschminkt, aber immer noch in ihren Schlafzimmerpantoffeln, die hochhackigen Schuhe in der Hand, begibt sie sich hinunter in die Küche, um ihre Mutterrolle zu spielen. Mitch, es erübrigt sich, das zu sagen, hat das Haus bereits verlassen. Er ist zu einem Geschäftsfrühstück verabredet.
»Hi, Kids«, sagt Roz. Da sind sie, alle drei, gesegnet seien ihre gierigen, überfütterten Herzen, und spachteln ihre Rice Crispies mit braunem Zucker und Bananen in sich hinein, überwacht von Dolores, die von den Philippinen stammt und, wie Roz hofft, allmählich anfängt, ihren Kulturschock zu überwinden. »Hi, Dolores.«
Dolores erfüllt Roz mit Sorge und Zweifel: sollte Dolores hier sein? Wird die westliche Kultur sie korrumpieren? Bezahlt Roz ihr genug? Haßt Dolores sie insgeheim alle? Ist sie glücklich, und falls nicht, ist das Roz’ Schuld? Roz hat immer wieder Zeiten, in denen sie denkt, daß sie keine Haushälterin haben sollten, die bei ihnen im Haus lebt. Aber wenn sie keine haben, ist niemand da, der den Kindern das Mittagessen macht und sich um die Krankheiten und die Katastrophen in letzter Minute kümmert, außer Roz, und Roz ist dann immer übertrieben durchorganisiert und kann sich nicht genug um Mitch kümmern, und Mitch bekommt schrecklich schlechte Laune.
Roz macht die Runde um den Küchentisch und verteilt dicke Küsse. Larry ist vierzehn, fast fünfzehn, und die Küsse sind ihm peinlich, aber er erträgt sie. Die Zwillinge küssen sie zurück; schnell, milchig. »Mom«, sagt Erin, »du riechst wie ein Raumspray.«
Wie wunderbar! Wie treffend! Roz sieht sich in der Küche um, die in warmen Holztönen gehalten ist, mit Arbeitsflächen aus massivem Holz, auf denen die drei Lunchpakete in ihren Dosen bereitstehen, blau für Erin, grün für Paula, schwarz für Larry, und sie leuchtet innerlich auf, sie glüht richtig! Deshalb macht sie das alles mit, nur deshalb! Die ganze verdammte Quälerei mit Mitch hat sich gelohnt für Vormittage wie diesen, an denen sie in die Küche kommen und »Hi, Kids« sagen kann, und die drei völlig ungerührt ihr Frühstück weitermampfen, so als wäre sie gar nicht da. Sie breitet ihre unsichtbaren Flügel aus, ihre warmen, fedrigen Engelsflügel, ihre flatterigen Gluckenflügel, unterbewertet und notwendig, sie entfaltet sie. Sicher und behütet, so sollen sie sich fühlen; und sie fühlen sich sicher und behütet, daran hat sie keinen Zweifel. Sie wissen, daß das hier ein sicheres Haus ist, sie wissen, daß sie da ist, eine feste Einrichtung, mit beiden Beinen auf der Erde, und auch Mitch ist da, mehr oder weniger, auf seine Weise. Sie wissen, daß alles in Ordnung ist, und daß sie mit dem, was sie gerade tun, weitermachen können, ohne sich Sorgen machen zu müssen.
Vielleicht irrt sie sich in bezug auf Mitch, dieses Mal. Vielleicht ist gar nichts. Vielleicht ist er endlich zur Ruhe gekommen.
41
Sie treffen sich in einem Restaurant, das sich Die Nereiden nennt. Es ist klein und liegt in einem renovierten Gebäude in der Queen East, und davor steht ein großer, gutgebauter, steinerner, splitternackter Mann. Roz ist noch nie hier gewesen, Mitch jedoch sehr wohl; sie erkennt es daran, wie die Empfangsdame ihn
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