Die Raffkes
weiter und wünschen ihnen Glück auf dem Weg und eine ruhige, sichere Hand.«
Er werde für Berlin immer einen Platz in seinem Herzen freihalten, Berlin müsse in jedem deutschen Herzen einen besonderen Platz einnehmen. Auch wenn die Bank ihre Eigner nicht immer mit Gewinnen überschütte, so seien doch die ersten wichtigen Schritte unternommen worden, diese Bank zu einer festen Größe im Wirtschaftsleben der Bundesrepublik Deutschland, ja, Europas zu machen. Dreher schloss: »Meine Arbeit hat mir viel Freude gemacht. Ich sage also, auch im Namen meiner Frau: Auf Wiedersehen, Berlin!«
Mann war platt: Mit diesem Spazierstock war Marion ins Bett gegangen? Das war unmöglich! Und noch unmöglicher schien ihm die Vorstellung, dass dieser Spazierstock ihr die Wohnung gekauft und geschenkt hatte und sie so … Aber so war es!
In den Rest des abklingenden Applauses sagte Tante Ichen empört: »Na, hoffentlich nicht!« Dann flüsterte sie: »Das hältst du im Kopf nicht aus: der kleine Sirtel!«
»Wo?«, fragte Mann sofort.
»Am Eingang«, gab sie zurück. »Da, wo diese Blonde steht, die nur ein Schürzchen anhat oder so was.«
Sascha Sirtel war ein großer, schlanker Mann, gekleidet in edlem Schwarz. Er mochte um die dreißig sein. An seiner Seite stand eine zarte blonde Puppe, ebenfalls in Schwarz. Die Blonde hatte einen Chihuahua im Arm, sie wiegte ihn wie ein Baby.
»Der Vater ist noch nicht mal unter der Erde!«, regte sich Tante Ichen auf. »Wie kann der hierher kommen?«
»Hier sitzen wahrscheinlich seine Geschäftspartner«, versuchte Mann eine Erklärung. »Ist dieser Russe auch hier?«
»Koniew? Um Himmels willen!«, sagte Tante Ichen. »Das macht Blandin nicht. Der Russe gehört zur Unterwelt, der ist nicht akzeptabel. Jedenfalls nicht, solange er kein Bargeld unter dem Arm trägt.«
»Also ist sein Geld gutes Geld«, sagte Mann.
»Es stinkt nicht«, stellte seine Tante sachlich fest. Spitz setzte sie hinzu: »Aber Leute, die was auf sich halten, achten schon darauf, woher das Geld des Nachbarn stammt.«
»Du gestattest Zweifel«, grinste Mann. »Sieh mal, Sascha kommt hierher.«
»Ich kannte ihn schon, da hat er noch seine Windeln beferkelt. Hallo, mein Lieber!« Sie reichte Sascha Sirtel den rechten Arm. »Und das ist also deine Gefährtin! Nein, wie reizend! Und wie ist Ihr Name, meine Liebe?«
»Manuela«, antwortete die Frau mit etwas schriller Stimme. Sie hatte Kulleraugen, grau und groß, und sie war eine ausgesprochene Schönheit, wie aus Porzellan gegossen. Ihr Hund betrachtete Tante Ichen misstrauisch aus hochgezüchteten Glupschaugen.
»Manuela! Nein, wie schön!«, strahlte Tante Ichen. »Nehmen Sie doch Platz. Das ist mein Neffe, Jochen Mann. Setzt euch doch, Kinderchen, setzt euch.« Sie winkte einer Bedienung und befahl peinlich herrisch: »Schampus und zwei Gläser!« Dann wandte sie sich zu Sascha Sirtel und beugte sich vor, ganz liebevolle Oma: »Du trauerst sicher noch, Sascha! Mein Gott, wie hat uns das alle getroffen! So entsetzlich schroff aus heiterem Himmel! Kommst du damit zurecht?«
»Absolut nicht«, antwortete Sascha Sirtel brav mit Trauerflor um die Stimmbänder. »Das war ein entsetzlicher Schock. Aber, was soll man machen? Die Geschäfte laufen leider weiter.«
»Ein gewaltiger Schock«, kiekste die Blondine namens Manuela.
»Ich hörte, Sie arbeiten bei der Staatsanwaltschaft«, sagte Sirtel zu Mann.
»Das ist richtig«, erwiderte Mann neutral. »Aber ich habe nichts mit dem Fall der Bankgesellschaft zu tun. Dafür sind andere zuständig.«
Sirtel strahlte. »Ich nehme an, wenn Sie etwas mit den Ermittlungen gegen die Bank zu tun hätten, wären Sie nicht hier.«
»Gut beobachtet«, lobte Mann. Er war versucht boshaft hinzuzusetzen, dass er in dem Fall wahrscheinlich Sirtels Büro zu durchsuchen hätte. Aber er ließ es, vielleicht konnte er diesen Sirtel noch gebrauchen. »Wann wird die Beerdigung Ihres Herrn Vaters sein?«
»Voraussichtlich nächste Woche.« Sirtel musste pfundweise Gel in sein Haar geschmiert haben, denn die kecke Locke über der Stirn wirkte wie betoniert und bewegte sich nicht, wenn er den Kopf theatralisch hin-und herdrehte.
»Das Kleidchen ist entzückend«, säuselte Tante Ichen. »Und dieses Hündchen! Nein, was für ein Hündchen!«
»Ich trage normalerweise kein Schwarz«, antwortete die blonde Dame.
Sie hat einen Spitznamen, erinnerte sich Mann. Wie war das noch … richtig! Das Ritzchen!
»Ich habe Sie im Fernsehen gesehen«, sagte Sascha Sirtel zu
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