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Die Ranch

Die Ranch

Titel: Die Ranch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steel Danielle
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eine Weile allein zu bleiben. Wann immer du mir begegnest, müssen dich ähnliche Gefühle bewegen wie mich.«
    Unter Tränen lächelte sie, gerührt und traurig zugleich. »Du siehst aus wie er. Als du vorhin in die Küche kamst, war ich völlig durcheinander.«
    Er nickte. Das verstand er sehr gut. Beide wurden von der Vergangenheit verfolgt. Nun wollte er aus dieser Wohnung flüchten, vor der Post für Todd, die immer noch eintraf, vor dem Zimmer, das er nie betrat. Sogar Alyssa sah ihrem Bruder manchmal ähnlich, und er hatte die Augen und das Lächeln seiner Mutter geerbt. Es war unerträglich.
    »Um der Erinnerung an unseren Sohn zu entrinnen, können wir nicht voreinander davonlaufen, Bill. Es wäre ein doppelter Verlust. Nachdem wir ihn verloren haben, verlieren wir auch noch uns.« Doch sie hatten sich schon verloren, und sie wussten es beide.
    »Wirst du ohne mich zurechtkommen?« Zum ersten Mal plagte ihn sein Gewissen. Er hatte sich eingeredet, es sei vernünftig, seine Frau für längere Zeit zu verlassen. Natürlich flog er in erster Linie aus beruflichen Gründen nach London, aber er war froh über die Gelegenheit gewesen, ihr zu entfliehen. Jetzt erschien ihm dieser Wunsch albern und unsinnig. Trotzdem wollte er sie nicht mitnehmen.
    »Ja, sicher«, entgegnete sie wider besseres Wissen. Hatte sie eine Wahl? Sollte sie ihm anvertrauen, sie würde jeden Tag zu Hause sitzen und weinen und die Trennung nicht verkraften? Natürlich würde sie's überstehen, weil sie mittlerweile fast daran gewöhnt war. Bill hatte sie nach Todds Tod verlassen, zumindest emotional, und jetzt entfernte er sich vollends. Seit einem Jahr war sie einsam, und da spielten zwei Monate keine große Rolle mehr.
    »Ruf mich an, wenn's Probleme gibt. Vielleicht solltest du schon die nächsten Wochen bei Alyssa verbringen.«
    Sie kam sich vor wie eine alternde Tante, die man Verwandten aufbürdete oder auf eine Kreuzfahrt schickte. Zu Hause würde sie sich besser fühlen als in der Einsamkeit europäischer Hotelzimmer. »Unsere Tochter fährt mit Freunden nach Italien, sie hat ihre eigenen Pläne.« So wie Bill. So wie Tanya, die Tonys Kinder nach Wyoming mitnehmen wollte. Ihr selbst blieb nur die kurze Reise mit Alyssa. Und ihr Mann erwartete, sie würde den restlichen Sommer daheim herumsitzen. Eine Unverschämtheit … Aber kein Wunder angesichts des Zustands, in dem sich ihre Ehe befand.
    Lustlos stocherten sie im Essen herum und besprachen Dinge, um die sich Mary Stuart kümmern musste – die Nebenkosten für die Wohnung, die Versicherungsprämie, die bald fällig war, welche Post sie ihm nachschicken, welche Rechnungen sie bezahlen sollte. Schließlich ging er ins Schlafzimmer und packte seine restlichen Papiere ein. Als sie ihm folgte, duschte er, dann kam er in einem Morgenmantel aus dem Bad. Sein Haar war feucht, er roch nach After Shave, und es verwirrte sie, ihn so zu sehen. Jetzt, so kurz vor seiner Abreise, schien er sich in ihrer Gegenwart ein bisschen zu entspannen. Vielleicht bedauerte er, dass sie ihn nicht begleiten würde, und fühlte sich ihr deshalb ein wenig enger verbunden. Oder er war so erleichtert, dass sich seine innere Verkrampfung lockerte.
    Im Bett rückte er nicht zu ihr, aber die Distanz erschien ihr erträglicher. Wie gern hätte sie gestanden, was sie empfand, was sie immer noch von ihm wollte. Doch dafür war er noch nicht bereit. Trotz der leichten Erwärmung ihrer Eiszeit würde er sie abweisen, wenn sie ihre Seele offenbarte. Sie fühlte sich betrogen – um ihre Ehe, um ihren Sohn, der sich selbst betrogen, seiner Zukunft beraubt und seine Eltern gewissermaßen ins Jenseits mitgenommen hatte. Wie tröstlich wäre es, ihrem Mann solche Gedanken anzuvertrauen … doch davon wollte er nichts hören. Ohne ein weiteres Wort schlief er ein, ohne seinen Arm um sie zu legen. Was er zu sagen hatte, war bereits in der Küche erörtert worden.
    Am nächsten Morgen beschleunigte er seinen Aufbruch, rief in der Kanzlei an, schloss die Koffer, duschte und rasierte sich. Beim Frühstück fand er kaum Zeit, einen Blick in die Zeitung zu werfen. Mary Stuart hatte Spiegeleier für ihn gebraten, ein Müsli zubereitet und Brot getoastet. Danach kleidete sie sich an. In einem Hosenanzug aus schwarzem Leinen und einem schwarzweiß gestreiften T-Shirt betrat sie die Küche. Wie üblich glich sie einer Zeitschriftenreklame.
    »Hast du heute eine Besprechung?«, fragte er.
    »Nein«, erwiderte sie leise und spürte einen

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