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Die Rastlosen (German Edition)

Die Rastlosen (German Edition)

Titel: Die Rastlosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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trug eine absolut vorzeigbare, marineblaue Unterhose von Zimmerli und war in seinem eigenen Schlafzimmer, aber er fühlte sich irgendwie schuldig. Sie zündete sich eine Zigarette an und blies einige Schwaden in den Mondschein, der den Wald silbrig schimmern ließ – sie stiegen zur Decke auf und verhängten sie.
    »Was soll ich denn sonst tun?«, murmelte sie nach einer Weile. »Sag mir, was ich tun soll. Warten, bis du mir die Nachricht verkündest? Warten, bis du ausziehst? Warten, bis ich allein dasitze?«
    Er bemerkte, dass sie ein bisschen zu viel getrunken hatte. Er griff nach der Hand, in der sie ihre Zigarette hielt, führte sie an seine Lippen, und sie sah ihm dabei zu. »Seit wann lasse ich dich sitzen?«, sagte er, als er den Rauch ausblies. »Seit wann ist Richard Olso eine ernstzunehmende Option, egal in welcher Lebenslage? Seit wann interessierst du dich für Typen, die Strebsamkeit und Talent nicht auseinanderhalten können? Hat er dir was ins Glas getan oder was? Strebsamkeit ist gut, um Listen aufzustellen, und noch nicht einmal dafür…«
    Natürlich war es undankbar von ihm, wenn er Marianne vorwarf, dass sie auf die eine oder andere Weise ihre weiblichen Reize eingesetzt hatte, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Dessen war er sich völlig bewusst. Ohne ihr Eingreifen hätte er seine Stelle verloren. Ohne einige im richtigen Moment gewährte Rendezvous mit Richard, bei denen sie sich für ihn verwendete, wäre er ohne viel Federlesens von der Universität geflogen. Usw. Das wusste er. Aber er konnte nicht anders. Seine Eingeweide krampften sich zusammen.
    Er hatte das Gefühl, dass zwischen ihnen gerade etwas zerbrach, aber er hatte noch kein Mittel gefunden, um die Risse wieder zu kitten. Sie hingen weiß Gott aneinander, hatten sie doch eine besondere Beziehung entwickelt seit der Zeit, als ihre Mutter sich offen über sie lustig machte und mit angewiderter Miene verkündete: »Diese beiden Grünschnäbel scheinen richtig zusammenzukleben. « Sie bedeuteten einander weiß Gott eine Menge – woher hätte er sonst die Kraft genommen, zu vollbringen, was er vollbracht hatte, welch unbezwingbare Wut hätte sonst von seinem Arm Besitz ergreifen können?
    Aber heute – wo standen sie heute? Schließlich zog er sie an sich, und sie lagen schweigend beieinander. Dann weinte sie still vor sich hin, vergoss ein paar Tränen. Dann drehte sie sich zu ihm um und legte ihre Beine zwischen seine. Er verstand voll und ganz was sie empfand, diese Angst vor dem Verlassenwerden, die aus den düsteren Jahren stammte und die nur er vertreiben konnte, indem er seine Arme und Beine um sie legte, als würde er sie mit einer stabilen Hülle umgeben, und das so lange wie nötig, wobei es ganz praktisch war, wenn sie wie jetzt unter eine Decke kriechen konnten wie unter die Plane eines schlecht aufgebauten Zelts.
    Sie zog ihren Rock aus, weil er sie beengte, behielt aber wie er die Unterhose an. Oft blieben sie dann so liegen und schliefen eng umschlungen ein, ruhig und friedlich, die natürlichste Sache der Welt, aber ein paarmal hatten sie es tatsächlich getan, ohne es richtig zu merken, wegen all der Umarmungen, der Einsamkeit, des Zitterns, des ständigen Aneinanderreibens, des Alkohols und anderer Substanzen, der Verzweiflung, und auf einmal war er in ihr, ohne dass er es irgendwie beabsichtigt, auch ohne dass er Hand angelegt hätte, und dann sagte keiner mehr ein Wort – auch am nächsten Morgen wurde nicht darüber gesprochen, genauso wenig wie am Abend und die Tage danach. Sie hatten beide nicht das Bedürfnis, darüber zu reden, und dankten es einander wortlos, wenn das Thema danach unerwähnt blieb.
    Wenn sie erst einmal die Grenze überschritten hatten, empfanden sie sicherlich Lust bei dem, was sie taten, aber das hatte nicht viel mit »Sex« zu tun, so wie das heute verstanden wird, sondern war eher eine Art höchster geistiger Verschmelzung, ein unstillbares Verlangen, sich angesichts der heftigen Stürme so eng wie möglich aneinanderzuklammern, und die Lust, die sie dabei empfanden, war eine fast religiöse Erfahrung, schlicht und einfach Transzen-denz – hatte er nicht in der Nacht des großen Feuers einen Schluchzer unterdrückt, als sie in einer Besenkammer im Untergeschoss Schutz suchten und er sich in sie ergoss?
    Das letzte Mal hatten sie im Winter miteinander geschlafen, nach einem feuchtfröhlichen Weihnachtsabend, etwas zu feuchtfröhlich vielleicht, denn sie hatten sich erneut

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