Die Ratte des Warlords (German Edition)
Sammelbezeichnung für die schwarzafrikanischen Völker, die dort leben."
"Sind die nicht auch Muslime?"
"Viele davon, ja."
"Wie verträgt sich das mit dem Bier?"
"Kulturhistorisch, nehme ich an."
Damit kamen sie auf Religion zu sprechen. Weder Kepler noch Katrin waren religiös. Ihre weitere Gemeinsamkeit auf diesem Gebiet waren die strengkatholischen Omas. Katrin erzählte von ihrer, wie sie sie in ein katholisches Internat stecken wollte und ihre Eltern dazu beinahe überredet hatte. Der Grund war ein Junge gewesen, oder viel mehr, dass ihre Oma Katrin und ihn knutschend erwischt hatte. Katrins Erzählung erinnerte Kepler an seine quirlige Großmutter.
"Könnte meine sein", sagte er warm und lächelte.
"Sie bedeutet dir viel, nicht wahr?", fragte Ka trin.
"Es gibt für mich zwei Welten", antwortete Kepler nachdenklich. "Die übrige und meine kleine Oma."
"Erinnerst du dich an deine Eltern?", fragte Katrin.
Kepler versank in Erinnerungen, oder vielmehr im Versuch, sich zu eri nnern.
"Nur an einige wenige kurze Momente", sagte er langsam. "Die Hände meines Vaters, die waren stark. Und die von meiner Mutter. Sie waren sehr klein und weich und auch sehr stark."
"Erzähl mir von deiner Familie", bat Katrin.
Kepler runzelte überrascht die Stirn. Dann zuckte er die Schultern.
"Wenn Oma ein eigenes Universum für mich ist, dann ..."
Er suchte nach passenden Worten , dann lächelte er. Es war wohl ganz simpel.
"Ich definiere mich über meine Oma ", sagte er. "Und über meinen Bruder und über Sarah. Alles was ich geworden bin, wie ich geworden bin – der gute Teil von mir, falls noch vorhanden, das alles bin ich durch sie geworden."
" Deine schlechten Seiten hast du dir ganz allein angeeignet?", fragte Katrin.
Kepler zuckte die Schultern.
"Ich bin Mr. Hyde in der Familie. Jens ist Dr. Jekyll. Und Sarah... Jens ist seit der fünften Klasse verrückt nach ihr. Und für mich ist sie eine Schwester." Kepler lächelte. "Eigentlich ist sie viel mehr als das."
" Jens und sie haben sofort nach der Schule geheiratet, stimmt's?", riet Katrin.
Kepler lachte kurz und freudlos.
"Sie wollen niemals heiraten."
"Warum?", wunderte Katrin sich.
Kepler schwieg eine Weile, bevor er antwortete.
"Sie haben ein wissenschaftliches Axiom gegen das Heiraten gefu nden, damit Oma mit dem Thema endlich Ruhe gab."
"Bitte? Was ist das denn für ein Ax iom?"
" Sie waren schon ein Paar, bevor sie es selbst wussten, aber als sie ihre Liebe endlich begriffen haben, haben sie sie immer abgestritten." Kepler schluckte hart. "Unsere Eltern waren sehr glücklich verheiratet, die von Sarah nicht. Unsere sind gestorben, ihre leben..."
Katrin sah ihn verwirrt an. Das mochte eine Erklärung sein, aber sie hatte sie nicht verstanden. Kepler zuckte die Schultern.
"Was gar nicht da ist, kann erst gar nicht kaputtgehen."
Er hatte zwar über seinen Bruder gesprochen, aber Katrin verstand ihn selbst jetzt besser. Aus einem Impuls heraus streichelte sie über seine Wange. Er zuckte zusammen und blickte sie erstaunt an. Sie lächelte verlegen und er konzentrierte sich auf die Straße. Katrin sortierte noch ihre Gedanken über ihn, als er mit einer Hand nach vorne wies. Katrin blickte hin und sah das Dorf der Nuba.
Es war eine Ansammlung von Behausungen, kein geordnet angelegter Ort. Die wenigen aus Sorghum gebauten Hütten verteilten sich unregelmäßig über eine relativ kleine Fläche offenen Landes. Vor jeder Hütte saß eine Afrikanerin, die meisten waren von mehreren Kindern unterschiedlichen Alters umgeben. Katrin sah einen einzigen alten Mann, der argwöhnisch aus dem dunklen Inneren einer schiefen Hütte hinausblickte.
Kepler hielt neben einer der Hütten an. Die davor sitzende Frau hatte das Auto erst genauso argwöhnisch betrachtet wie der Alte. Erst als sie Kepler sah, lächelte die Frau. Er stieg aus und begrüßte sie in einer Sprache, die nicht Arabisch war. Während er sprach, sah Katrin sich neugierig um. Sie wurde genauso neugierig von Kindern und anderen Frauen betrachtet. Die Kinder, fast nackt, unterbrachen ihr Spielen und sahen sie aus großen Augen an. Katrin lächelte ihnen zu. Einige winkten ihr knapp, dann kicherten sie, die Hände an den Mund gedrückt. Katrin lächelte den Frauen zu. Deren Reaktion war viel reservierter als bei den Kindern, wenn auch nicht unfreundlich. Katrin holte ihren Fotoapparat heraus. Sie zeigte ihn den Frauen, aber diese äußerten auch daraufhin keine nennenswerte Reaktion. Da Katrin
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