Die Ratte des Warlords (German Edition)
hundert Meter weiter war die Stadt dunkel und fast wie ausgestorben. Das passte Kepler gut.
In Sicht der Kneipe schlichen er und Kobi in ein unbewohntes, halbverfa llenes Haus. Kepler deutete Kobi aufzupassen und spähte vorsichtig durch das Fernglas aus dem Fenster. Von hier zu schießen war zu offensichtlich, außerdem waren weder der Winkel noch der Fluchtweg gut. Kepler besah die umliegenden Häuser. Ein vierstöckiges Gebäude etwa einen Kilometer von hier und um die achthundert Meter von der Kneipe entfernt schien zu passen. Kepler rief flüsternd nach Kobi. Der Milize kam zu ihm, seine Leichtigkeit war schon lange von ihm abgefallen, seine Augen leuchteten fiebrig. Das hatte Kobi bei jedem Einsatz und Kepler machte sich keine Sorgen deswegen.
"Wir müssen dahin", er deutete auf das Haus, "auf das Dach von der Bude." Er straffte sich. "Los. Wir mü ssen vor der Morgendämmerung dort sein."
"Und wie fliehen wir?", erkundigte Kobi sich.
"Wenn wir Glück haben", antwortete Kepler, "spazieren wir einfach davon."
Kobi schulterte seinen Rucksack, das AWSM trug Kepler selbst in der Tasche auf dem Rücken. Sie schlichen aus dem Haus. Kepler fühlte sich unwohl , weil er sich hier überhaupt nicht auskannte. Wenigstens war die Nacht mondlos.
Kepler und Kobi bewegten sich vorsichtig durch den zweifelhaften Schutz de r Schatten, die die Häuser warfen. Ein paar hundert Meter vor der Kneipe bogen sie von der großen Straße ab und gingen durch die Hinterhöfe weiter. Nachdem sie weiträumig die Kneipe passiert hatten, gingen sie zurück zur Straße und weiter zu dem Haus, das Kepler ausgesucht hatte. Sobald sie es erreicht hatten, blieben sie stehen. Jetzt mussten sie einen Weg auf das Dach finden.
Kepler nickte und Kobi verschwand in der Dunkelheit. Nach drei Minuten kam er von der anderen Hausseite z urück.
"Kein e Treppe außen", berichtete er.
Das Haus war alt, und sie hatten keine Lichter in den Fenstern g esehen, als sie hergekommen waren. Kepler hielt den Kopf in den Eingang, in dem die Tür fehlte. Er hörte keine Geräusche aus dem Inneren des Hauses, drehte Kobi um und holte eine Taschenlampe aus dem Rucksack.
"Los", flüsterte er.
Sie rannten die Treppen hoch und versuchten dabei keine Geräusche zu verursachen. Im obersten Stockwerk blieben sie stehen und Kepler leuchtete die Umgebung ab. Das Stockwerk schien unbewohnt, sie hörten nichts. Kepler lenkte den Strahl der Lampe auf die Decke. Kobi zeigte aufgeregt auf eine Dachluke.
"Da!"
Die Falltür sah so aus, als ob sie schon lange nicht mehr benutzt wurde. Kepler deutete Kobi sich hinzuknien, dann stieg er auf seine Schultern. Kobi zitterte spürbar unter ihm, als er sich aufrichtete. Kepler leuchtete auf das Vorhängeschloss an der Lucke. Er machte die Taschenlampe aus, steckte sie zwischen die Zähne und packte das Schloss mit beiden Händen, dann stupste er Kobi mit den Füßen weg. Sobald er frei hing, riss Kepler mit dem ganzen Gewicht seines Körpers am Schloss. Nach dem dritten Mal gab das Holz der Tür nach, er fiel krachend mit dem Schloss in den Händen zu Boden. Der Lärm, den er dabei verursacht hatte, war in der Stille des nächtlichen Hauses ohrenbetäubend. Kepler war sofort wieder auf den Beinen, die Glock in der Hand. Er und Kobi warteten mit angehaltenem Atem, ob jemand das Geräusch wahrgenommen hatte. Kobi stand auf einem Knie, die MP nach vorn gerichtet, und drehte sich von einer Seite zur anderen. Es war zwar etwas übertrieben, aber es gefiel Kepler trotzdem.
Als sich auch nach einigen Minuten immer noch nichts tat, steckte er die Pistole ein. Kobi beugte sich wieder, Kepler stieg erneut auf seine Schultern und machte die Falltür auf. Er zog sich hoch, schwang seinen Körper aufs Dach, riss die schallgedämpfte Glock aus der Brusttasche und hielt sie vor sich. Nichts bewegte sich. Kepler lief gebeugt mit der Pistole in der Hand im weiten Kreis um die Luke herum. Alles war ruhig. Er ging zurück, legte sich seitlich neben die Luke und hielt seinen Arm hinunter. Kobi reichte ihm erst den Rucksack, dann die Tasche mit dem Gewehr, dann sprang er hoch und packte seine Hand. Kepler zog ihn hoch und sie machten die Tür vorsichtig zu.
"Ich hoffe, dass niemand hier etwas zu suchen hat", sagte Kepler, nac hdem er und Kobi an die Brüstung des Daches gekrochen waren und sich umgesehen hatten. "Du schläfst jetzt vier Stunden, dann ich."
Kobi legte sich sofort hin. Kepler nahm das Fernglas und schaute in den Hi mmel, um wach zu
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