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Die Ratten im Maeuseberg

Die Ratten im Maeuseberg

Titel: Die Ratten im Maeuseberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Schnellentschlossene mir zu. „Kommen Sie, ich habe
mit Ihnen zu reden.“
    „Ich eher mit Ihrer Frau“,
antwortete ich. „Aber, na ja, mit Ihnen ist mir auch schon gedient.“
    Ich folgte ihm in das
normannische Haus. Er machte Licht und bat mich nach oben. Dort machte er
ebenfalls Licht. Im Flur hing ein Bild und in dem Zimmer, in das wir gingen,
zwei weitere. Auf allen dreien war die Rothaarige zu sehen. Einmal völlig
nackt, einmal splitternackt und einmal völlig ausgezogen. Aus dieser kleinen
Ausstellung schloß ich, daß dieses nicht besonders tugendhafte Wesen das Modell
des Ehemannes der Rothaarigen war.
    Dieser Ehemann war klein, hatte
breite Schultern und große Füße, graumelierte Haare und einen Schnurrbart. Dazu
einen unendlich genervten Gesichtsausdruck. Den leichten Sommeranzug hatte er
bestimmt nicht auf dem Flohmarkt gekauft.
    „Sie sollten den Revolver aus
der Tasche nehmen“, sagte ich freundlich. „Er beult Ihre Anzugjacke so sehr
aus.“

10 .

Der
Hundert-Francs-Tip
     
    „Weiß der Teufel, warum ich das
Ding mit mir rumschleppe“, knurrte der Maler und schlug sich auf die
Jackentasche. „Ich hab keine Lust zu diskutieren. Wieviel?“
    „Setzen wir uns doch“, schlug
ich vor. „Es könnte länger dauern.“
    „Im Gegenteil. Wir haben schon
genug Zeit verloren, seit Sie um mein Haus rumstreichen.“
    Trotz seiner abweisenden
Haltung machte ich’s mir in einem weichen Sessel bequem. Vor seinem Revolver
hatte ich keine Angst. Der Maler hatte Angst für zwei. Tat mir richtig leid.
    „Ist Madame Courtenay nicht zu
Hause?“
    „Geht Sie nichts an.“
    „Ich hoffe, Sie haben sie nicht
getötet?“
    „Geht Sie nichts an. Wieviel?“
    „Wieviel?“ echote ich lachend.
„Ich dachte, Sie lassen sich im allgemeinen nicht
erpressen. Im Gegenteil. Hab gehört, Sie haun den Erpressern was aufs Maul?
Sollten Sie die Taktik geändert haben? Warum?“
    „Ich weiß nicht, was Sie
meinen“, zischte er.
    Ich zeigte auf eines der Bilder
an der Wand.
    „Diesmal hat Messalina ‘ne etwas größere Scheiße gemacht als üblich, hm?“
    „Ich weiß nicht, was Sie
meinen“, wiederholte er.
    „Wieviel. Geht Sie nichts an.
Ich weiß nicht, was Sie meinen. Sie verfügen wirklich nicht über ein großes
Repertoire. Sollten sich ein Konversationslexikon kaufen. Und das Blut, mit dem
sie bedeckt war? Wissen Sie nicht, was ich meine, Monsieur Courtenay? Jetzt
geht es nämlich nicht mehr um ‘ne rollige Katze, sondern um ‘ne richtige
Kriminelle... ‘ne andere Preisklasse, was? Hier im Hause ist man so sehr
durcheinander, daß man gar nicht mehr fragt, wer ums Haus streicht, und warum.
Man fragt sofort: ,Wieviel ?’. Ich will aber gar kein
Geld, Monsieur. Es sei denn... Sie könnten mehrere Millionen auf den Tisch
legen.“
    „Mehrere... was?“
    „Millionen.“
    Er lachte traurig.
    „Sie sind zu gierig. Ich habe
keine Millionen.“
    „Hier geht’s aber trotzdem um
Millionen. Den Tip hab ich vor kurzem gekriegt. Aber... ich glaub nicht, daß
Sie die richtige Adresse sind. Es sei denn... dies hier ist die Million wert.
Glaub ich aber ebensowenig.“
    Ich holte die gewagte Zeichnung
aus der Tasche und zeigte sie ihm.
    „Was soll der Rotz?“ spuckte
er.
    „Eine nackte Frau, wie Ihre
hier an der Wand. Aber zusammen mit einem Mann. Haben sie dieses gewagte
Meisterwerk geschaffen? Ziemlich talentiert, um als Experte zu sprechen.“
    „Schon möglich. Aber trotzdem
nur ‘ne Schweinerei. Vor so was hab ich keine Angst.“
    „Wie schön für Sie. Sie haben
vor ganz anderen Dingen Angst. So, jetzt wär’s an der Zeit, mit offenen Karten
zu spielen. A propos Karten...“
    Ich nahm ihm die Zeichnung aus
der Hand und gab ihm dafür meine Visitenkarte. Name, Adresse, Beruf.
    „Hm...“ brummte er.
„Privatdetektiv... Was hat Sie auf diese Sache gebracht?“
    „Bin alt genug, um mich selbst
draufzubringen. Geben Sie sich keine Mühe. Und sagen Sie mir, wo Ihre Frau ist.
Vergessen Sie nicht: sie hat jemanden umgebracht.“
    Er schüttelte den Kopf.
    „Das stimmt nicht“, behauptete
er.
    „Nicht sehr überzeugend.“
    Resigniert hob er die
Schultern:
    „Sie ist unzurechnungsfähig.“
    „Aber Sie halten sie für
schuldig?“
    „Ich weiß es nicht... nicht
mehr“, seufzte er voller Kummer.
    „Sie lieben Ihre Frau“, sagte
ich. „Trotz ihres Verhaltens, obwohl sie Ihnen das Leben schwer macht,
gesellschaftlich und seelisch: Sie lieben Ihre Frau. Das steht auf den Bildern
hier an der Wand.

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