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Die Ratten im Maeuseberg

Die Ratten im Maeuseberg

Titel: Die Ratten im Maeuseberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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in der letzten Zeit
eingebrochen worden?“
    „Nein. Was soll ihm denn
geklaut worden sein?“
    „Er ist doch reich, oder?“
    „Ach ja, natürlich! Geld oder
Schmuck ist bei ihm wohl zu holen. Daran hab ich gar nicht gedacht. Das ist so
‘ne Art Berufskrankheit bei mir. Ich zittere nicht um Bargeld, das ich im Hause
habe, sondern um meine Bilder und Objekte. Und wenn ich höre, daß bei einem
Maler eingebrochen wurde, denke ich sofort an seine Gemälde. Aber welcher Idiot
kann schon auf die Schinken von Courtenay scharf sein?“
    „Stimmt. Sicher, die Bilder von
seiner Frau... Aber an das Modell kommt man ja günstiger ran... Also, kein
Einbruch bei Courtenay?“
    „Nein. Das wüßte ich.“
    „Vielen Dank.“
    Wir legten auf. Ich ging
runter, um die letzten Ausgaben der Zeitungen zu holen. Immer noch nichts über
die Rue Blottière, immer noch nichts über Ferrand, der in Frieden unter der
Kohle ruhte. Im Moment lag er da ganz gut. Fraß kein Brot. Ich wählte die
Nummer DEN 35-10. Mal sehen, was dabei rauskam.
    „Hallo“, sagte eine freundliche
Frauenstimme.
    „Hallo. DENfert 35-10?“
    „Ja, Monsieur.“
    „Können Sie mir sagen, mit wem
ich telefoniere?“
    „Wie! Das wissen Sie nicht?“
    „Nein. Deswegen ruf ich an.“
    Leises Lachen. Dann:
    „Ich gebe Ihnen mal den
Doktor.“
    „Ich scherze nicht.“
    „Ich auch nicht.“
    Der Hörer wurde neben den
Apparat gelegt. Undeutliches Gemurmel. Dann wurde der Hörer wieder ans Ohr
gehalten. An ein anderes.
    „Hallo“, sagte jetzt eine
schroffe Stimme. „Mit wem wollen Sie sprechen?“
    „Weiß ich nicht. Sind sie der
Doktor?“
    „Ja.“
    „Dr.... Wie heißen Sie?“
    „Entschuldigen Sie, aber wer
sind Sie eigentlich?“
    „Oh, pardon. Mein Name ist
Nestor Burma, Privatdetektiv.“
    „Dr. Dalaruc. Weswegen haben
Sie mich angerufen?“
    „Offen gesagt, das weiß ich
auch nicht so genau. Hab Ihre Nummer irgendwo gesehen.“
    „Und da haben Sie mich
angerufen?“
    „So ungefähr, ja.“
    „Eine Eingebung?“
    Jetzt lachte er.
    „Kann man so sagen.“
    „Ihre Geschäfte gehen gut, im
Augenblick?“
    „So lala.“
    „Nicht überarbeitet?“
    „Ein wenig vielleicht.“
    „Tja dann...“
    Sein Ton war gutmütig,
verständnisvoll. Ein Arzt, der es gewohnt ist, sich mit dem Kummer anderer
Leute rumzuschlagen.
    „Kommen Sie doch einfach mal zu
mir“, sagte er. „Ich wohne Ecke Boulevard Arago und Avenue Denfert-Rochereau.
Dann plaudern wir mal ein wenig.“
    Wollte der mich verarschen?
    „Wüßte nicht, worüber“, knurrte
ich.
    „Ach, das werde ich schon
rauskriegen“, antwortete er.
    „Ich bin Psychiater.“
    Er legte auf.
    Psychiater! Also wirklich!
Ferrand hatte sich zwei wichtige Telefonnummern notiert: meine und die eines
Psychiaters. Das Bild der nackten Marie Courtenay tauchte vor mir auf, nackt
unter ihrem roten Morgenmantel, Marie Courtenay, die früher mal in psychiatrischer
Behandlung gewesen war!
    Ich betrachtete den Hörer in
meiner Hand, ohne ihn zu sehen. Dann legte ich ihn ganz sacht auf die Gabel.
Ich hatte beschlossen, mit dem Irrenarzt zu plaudern, wo er mich doch schon so
nett einlud.
     
    * * *
     
    Die Place Denfert-Rochereau war
sonnenüberflutet. Mitten auf dem Platz thronte majestätisch der grünliche Löwe
von Beifort auf seinem Sockel. Das Haus, auf das ich zusteuerte, stand an der
Ecke Boulevard Arago. Seine fünf Etagen beherrschten das Straßenbild. In der Apotheke
im Erdgeschoß konnte ich mir nach dem Besuch beim Psychiater Aspirin besorgen.
Von Gesprächen mit einem Irrenarzt bekommt man leicht Kopfschmerzen.
    Ein flottes Dienstmädchen
führte mich zu Dr. Dalaruc, einem etwa Sechzigjährigen mit breiter, zerfurchter
Stirn und kantigem Kinn. Erinnerte mich an einen Gefängniswärter. Seine
schmalen Äuglein blitzten hinter einem Kneifer, der ständig runterzurutschen
drohte. Seine Geburtshelferfinger spielten mit meiner Visitenkarte, die ihm das
Dienstmädchen gegeben hatte.
    „Sie sind also Nestor Burma“,
begann er väterlich. „Sie haben eben angerufen. Ich dachte, es handele sich um
einen Scherz.“
    „Ganz und gar nicht. Sie haben
mir vorgeschlagen zu kommen. Hier bin ich.“
    Er fing an zu lachen. Verblüfft
fragte ich mich, ob immer noch derselbe Mann vor mir stand. Der
Heiterkeitsausbruch veränderte völlig sein Gesicht. Offenbar hatte er das
Verhalten seiner Patienten angenommen.
    „Sie sind ein folgsamer
Patient“, sagte er. „Kompliment. Ihr Anruf hat mich amüsiert. Sie

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