Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ratten

Die Ratten

Titel: Die Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
Vom Netzwerk:
Löcher in die Türen genagt hatten, um sich Zutritt für ihre stets hungrigen Körper zu verschaffen. Sie huschten durch die Öffnungen und eilten dann durch wiederum selbst gemachte Löcher unten am großen Müllcontainer direkt in den Abfallhaufen, um alles zu fressen, was sie zernagen konnten.
    Die großen Ratten wußten als erste, daß Fleisch da war. Jemand hatte den Sonntagsbraten in den Müllschlucker geworfen. Vielleicht war der Braten schlecht geworden, vielleicht hatte ihn ein Ehemann, der es leid war, angeschnauzt zu werden, weil er zu spät vom Frühschoppen zum Essen gekommen war, in einem Wutanfall weggeworfen. Jedenfalls war der Braten da, und die Gier der Ratten nach Fleisch war in einem erschreckenden Maß geweckt.
    Die kleineren Ratten versuchten, an das Fleisch heranzukommen, doch sie wurden sofort getötet und von ihren größeren Artgenossen verschlungen.
    Ferris hörte das Winseln und Quieken der kleineren Ratten, als er an dem Mietshaus vorbeirannte. Er blieb unvermittelt stehen, neigte das schmale Gesicht zur Seite und lauschte angespannt. Dann erkannte er, woher die Geräusche kamen. Langsam und sehr leise ging er auf die scheinbar soliden Türen zu. Der Gestank von Essensresten bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen. Er entdeckte die Löcher am Fuß der Türen und ließ sich vorsichtig auf ein Knie nieder. Dann lauschte er von neuem. Jetzt herrschte Stille. Vorsichtig neigte Ferris den Kopf zu den größeren der schwarzen Löcher und versuchte, in die Dunkelheit zu spähen. Nichts bewegte sich. Er ließ sich auf beide Knie nieder. Sein rechtes Ohr berührte fast den Boden.
    Die riesige Ratte flog ohne Vorwarnung auf ihn zu und biß tief in seine Wange. Ferris schrie und fiel zurück. Er schlug wild nach der Kreatur auf seinem Gesicht. Mit all seiner Kraft zog er die Ratte von sich, riß eine klaffende Wunde in seine Wange, aber er konnte den starken, sich windenden Körper nicht festhalten, und die Ratte fiel ihn von neuem an. Die anderen Ratten strömten jetzt durch die Löcher zu dem kleinen Mann, dessen Schreie inzwischen Leute alarmiert hatten, die zu Türen und Fenstern eilten.
    Als die Mieter die kleine Gestalt im Overall auf dem Bo-den sahen, umgeben und bedeckt mit dunklen, pelzartigen Tieren, konnten sie im ersten Augenblick nicht fassen, was da geschah. Dann erkannten es einige, und sie schlugen die Türen zu und verriegelten sie aus irgendeinem Grund, als befürchteten sie, die schrecklichen Kreaturen könnten Schlösser aufbrechen. Andere - es waren überwiegend Frauen, deren Männer bei der Arbeit waren - schrien oder wurden ohnmächtig. Einige riefen die Polizei an. Viele starrten nur in entsetztem Schweigen. Eine alte Rentnerin, eine dicke, jedoch behende Frau, rannte aus einem Haus und schwang einen Besen. Sie schlug mit voller Wucht auf die Ratten, die am nächsten waren, die kleineren Ratten am äußeren Rand des Kreises um den kämpfenden Mann. Während sich die kleineren Ratten zerstreuten, hielt eine der großen Ratten im Fressen inne, wandte den Kopf und blickte die Frau drohend an.
    Die erste Telefonzelle, die Harris fand, war von Wandalen zerstört worden. Vermutlich sah es in den anderen Telefonzellen in dieser Gegend nicht viel besser aus, und so entschloß sich Harris, keine Zeit mehr zu verlieren, sondern es im nächsten Laden oder Pub zu versuchen. Er fand einen Tabakladen und bat den Besitzer hastig um die Erlaubnis, die Polizei anrufen zu dürfen. Der Ladenbesitzer war erst ziemlich mißtrauisch, doch der Ernst des Lehrers überzeugte ihn, daß der junge Mann aufrichtig war und nichts Schlechtes im Sinn hatte.
    Nachdem Harris angerufen und Anweisungen gegeben hatte, bedankte er sich bei dem Tabakwarenhändler und verließ den Laden im Laufschritt. Bald gelangte er an die Stelle, an der Ferris und er sich getrennt hatten, und lief in die Richtung, in die der kleine Rattenbekämpfer verschwunden war. Harris überquerte die Brücke am Kanal und sah die Mietshäuser der städtischen Siedlung. Schon bevor er an den gräßlichen Schauplatz gelangte, hörte er den Lärm. Er rannte auf das Gelände, bog um eine Hausecke und sah eine alte Frau, die wild einen Besen schwang und von mehreren großen Ratten zu Boden gerissen wurde. Harris blieb wie angewurzelt stehen, bis ihn die mitleiderregenden Hilfeschreie weitertrieben. Er war sich der tödlichen Krankheit durch die Rattenbisse nur zu bewußt, aber er konnte nicht einfach dastehen und zuschauen, wie die alte

Weitere Kostenlose Bücher