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Die Rattenhexe

Die Rattenhexe

Titel: Die Rattenhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Bilder. Jemand schickte mir eine Botschaft, die ich nicht verstand, die möglicherweise ein Vorgriff auf die nahe Zukunft war – oder eine Warnung.
    Der Geruch war mir nicht unbekannt. Schon mehrmals hatte ich mich in den Abwasserkanälen der Londoner Unterwelt herumtreiben müssen, und da hatte ich mich praktisch mit diesem Gestank vollgesaugt.
    Und wie oft hatten wir die fetten Wasserraten in diesen Gefilden erlebt?
    Ich wußte jetzt, woher sie kamen.
    Ich hörte sie nicht. Das Rauschen und Klatschen des Wassers überstrahlte alles, und ich hoffte eigentlich darauf, die Stimme der Senta de Fries zu hören.
    Nichts geschah.
    Sie selbst blieb stumm. Sie schickte mir nur die Geräusche. Vielleicht wollte sie mir auch den Weg weisen und mir klarmachen, daß ich hinein in diese Unterwelt stieg und sie dort traf.
    Einen Teufel würde ich tun, das aber nicht. Furcht war nicht der Grund.
    Ich wußte, daß die Gänge mehrere Kilometer lang waren, da würde es schwer sein, die Frau zu finden. Außerdem konnte sie zu mir kommen, wenn sie etwas wollte.
    Schlagartig war alles vorbei. Als hätte jemand mit einem scharfen Messer alles abgetrennt, und ich fand mich in meiner normalen Gedankenwelt wieder.
    Ich lag auf der Couch. In meinem Kopf herrschte Ruhe.
    Es war alles okay, wie ich nach dem Aufrichten mit einem ersten Rundblick feststellte. In meine Wohnung hatte sich keine Ratte verirrt, aber auch Senta de Fries war nicht erschienen.
    Ich fühlte mich schon etwas verlegen und ausgepowert, als ich auf der Couch hockte und ins Leere starrte. Dabei hing ich meinen nicht eben angenehmen Erinnerungen nach und versuchte es mit einer Analyse, was auch nicht einfach war.
    Eine Kontaktaufnahme auf geistiger Ebene war mir nicht neu. Daran hatte ich mich sogar gewöhnt. Mit der neuen Variation kam ich nur schlecht zurecht.
    Hören, schmecken, riechen, aber nicht sehen.
    Ein Wahnsinn war das. Es ging mir gegen den Strich und zugleich unter die Haut. Selbst für mich war es nicht erklärbar. Diese neue Variante mußte mir jemand darlegen, da ich selbst noch keinen Zugang zu ihr fand.
    Ich stand auf und holte mir etwas zu trinken. Das Wasser erfrischte. Ich hatte es mit Orangensaft gemischt, trank es in langsamen Schlucken und wanderte durch die Wohnung.
    Ratten waren nicht zu sehen. Ich mußte mich einfach mit dem Gedanken anfreunden, daß ich die Auflösung möglicherweise erst in dieser Blue Bar erfuhr. Dort traf ich auch Senta. Suko erwischte ich noch im Büro und teilte ihm telefonisch die Öffnungszeit der Bar mit.
    »Wann sollen wir denn los?«
    »Eine halbe Stunde vorher reicht. Wir können an der Themse entlangfahren.«
    »Okay. Ich habe Shao gesagt, sie soll etwas vorbereiten. Wir können noch zusammen essen.«
    »Geht klar.«
    Die Zeit bekam ich auch noch rum. Und wenn ich mich vor die Glotze hockte.
    Es blieb bei meinem Vorhaben, denn ich kam nicht mehr dazu, sie anzustellen, weil es schellte. Wer konnte das denn sein?
    Shao? Möglich, denn sie wußte ja, daß ich mich in der Wohnung aufhielt.
    Wahrscheinlich wollte sie wissen, um was es ging, und deshalb öffnete ich ziemlich schnell und dachte auch an nichts Böses.
    Das hätte ich besser tun sollen, denn im Flur stand ein Fremder und lächelte mich an. Das Lächeln gefiel mir nicht, es sah aufgesetzt aus und paßte auch nicht zu diesem gedrungenen Typ, dessen dünnes, braunes Haar nach vorn gekämmt war, so daß die unegal geschnittenen Spitzen in die Stirn hineinhingen. In eine breite Stirn, die ebenfalls zu diesem breiten Gesicht paßte. Eine flache Nase, dünne Lippen, eine Haut wie Leder und kalte Augen. Der Mann trug einen braunen Anzug. Darunter ein weißes T-Shirt.
    »Kennen wir uns?« fragte ich.
    »Nein, noch nicht.«
    »Was wollen Sie?«
    »Mit Ihnen über Senta de Fries reden.«
    Das war ein Ding! Plötzlich kam durch das Erscheinen dieser Gestalt Bewegung in den Fall. Aber ich war nicht bereit, den Fremden hereinzulassen, und so baute ich mich breitbeinig und demonstrativ auf der Schwelle auf.
    »Was haben Sie mir über Senta zu sagen?«
    »Nicht hier.«
    »Doch.«
    Der Mann nickte und tat, als wäre er damit einverstanden. Plötzlich aber zückte er eine Pistole, so schnell, daß ich nicht reagieren konnte. Ich kam erst richtig zu mir, als die Mündung gegen mein Gesicht wies und ich die flüsternde Stimme hörte: »Es macht mir überhaupt nichts aus, hier im Flur deinen verdammten Schädel zu zerblasen. Wie ist das jetzt? Gehen wir hinein, oder willst du tot

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