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Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition)

Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition)

Titel: Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magali Ségura
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Er erwachte, als er sich beobachtet fühlte. Als er an die Wölfe dachte, die ihn vor einigen Tagen eingekreist hatten, öffnete er abrupt die Augen.
    Der Blick zweier goldener Augen war auf ihn gerichtet– vom schüchternen Licht der Morgendämmerung erfüllt. Chloe saß auf dem Felsen und lächelte ihn an.
    » Ich bin kein Wolf.«
    Andin richtete sich auf; er hatte einen leichten Muskelkater.
    » Du überraschst einen aber genauso wie ein Wolf.«
    » Warum schläfst du draußen? Ich dachte, du hättest ein Bett.«
    Andin erwachte vollends und sah sich um. Er hatte nicht einschlafen wollen, aber er hatte auch nicht ernsthaft gegen den Schlaf angekämpft. Die Träume hatten die überzähligen Sorgen verscheucht. Er stellte erleichtert fest, dass das Seil verschwunden war. Victoria war also zurückgekehrt. Chloe sah ein wenig besorgt drein, als sie die Gedanken des jungen Mannes erkannte. Andin begriff sofort und legte dem Kind einen Finger auf den Mund.
    » Das ist ein Geheimnis«, sagte er eindringlich und leise. » Ich habe deines deiner Mutter nicht verraten, also erzähl auch niemandem von diesem hier.«
    Das Mädchen nickte.
    » Hast du sie gesehen?«, fragte Andin plötzlich.
    Das Kind wusste, von wem er sprach. Die Bilder zogen durch Andins Verstand, und sie konnte sie betrachten wie in einem offenen Buch.
    » Sie ist in der Bibliothek«, antwortete sie widerstrebend.
    Er stand schon auf und wollte in die angegebene Richtung gehen.
    » Bist du ihr so böse?«
    Er antwortete nicht und entfernte sich. Im Vorbeigehen hob er heftig seinen Bogen auf.
    » Nein, Andin, ich weiß, dass du ihr nicht so böse sein kannst!«, schrie das Kind.
    Er drehte sich um. Chloes Fähigkeiten wurden schamlos und verstörend. Sie schien ihn mit dem Blick zu durchbohren und bewies ihm beinahe, was sie sagte, aber Andin sah ihr in die Augen und wandte sich wieder zum Gehen.
    Er durchquerte den Wald, ging am Fluss entlang bis zum Wasserfall und dann mit bleischweren Schritten über den Wiesenstreifen, um die Holztreppe des Großen Baums hinaufzusteigen. Womöglich begegnete er einigen Leuten, denn alle standen bei Sonnenaufgang auf. Doch sein Verstand wurde sich dessen nicht bewusst. Während er die Stufen emporstieg, hatte er nur einen Gedanken, und nichts konnte ihn von seinem Weg abbringen.
    Er ließ seine Waffen neben der Tür liegen und trat entschlossen ein. Aber Andin war noch nie in der Bibliothek gewesen. Obwohl er nicht in der Laune war, sich umzusehen, konnte er nur staunen, als er im Innern stand.
    Das gewaltige Bauwerk führte wie eine Halskette um den Baum herum. Die gesamte Decke bestand aus rautenförmigen Glasscheiben, die den Fenstern der Burg glichen. Die Rahmen aus Weidengeflecht unterstrichen das Schwindelgefühl, das von den Ansätzen der Äste, dem Blattwerk rings um den riesigen Stamm und den wenigen Fetzen blauen Himmels erzeugt wurde. Andin verstand plötzlich Tanins Eindruck fliegen zu können, wenn er sie betrachtete.
    Die Wände der Konstruktion waren zehn Fuß hoch und schienen vollständig mit Handschriften bedeckt zu sein. Nur einige Fenster oder Balken, an denen Laternen hingen, durchbrachen die Abfolge des Leders, in das goldene Lettern eingeprägt waren. Es gab hier mehr Bücher, als man im Laufe eines Lebens lesen konnte.
    Einige Tische und Stühle waren um den Stamm herum angeordnet und folgten seinem Verlauf. Victoria schien nicht da zu sein.
    Andin begann, eine Runde durch diesen Wald aus Handschriften zu machen. Alle Themen waren hier vertreten: Es war ein wahrer Brunnen der Wissenschaft und Literatur. Die linke Hand des jungen Mannes glitt über weiche, glänzende Buchrücken jeglicher Größe; er hatte Lust, alles, was sie enthielten, allein durch die Berührung zu entdecken. Ohne zu ahnen wer so viel Wissen an einem einzigen Ort zusammengetragen hatte, empfand Andin einen gewissen Respekt für die betreffende Person.
    Überwältigt von diesem Ort hatte er darüber fast seinen Zorn und den Zweck seines Kommens vergessen, als er hinter einer Biegung Victoria erspähte.
    Sie trug ein frisches helles Kleid, das Andin zwar entzückend, aber vollkommen unpassend für die Situation fand, und ging ein großes Buch durch, das zwischen fünf oder sechs anderen lag. Mit einer Hand ließ sie die Klinge ihres Dolchs auf dem Tisch kreisen und wirkte ganz versunken in ihre Nachforschungen. Von Zeit zu Zeit biss sie herzhaft in einen Apfel. Sie hatte Andin nicht gehört. Er lehnte sich geduldig mit

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