Die Rebellin
sich los und rannte in großen Sätzen auf das Ufer zu. Er folgte ihr langsamer, genoss den Anblick, der sich ihm bot, die langen schlanken Beine, den elegant geschwungenen verlängerten Rückenteil, das nasse Haar, das an ihrem Körper klebte, die Tröpfchen, die über die weiße Haut perlten. Sie wandte sich um und lachte ihn an. Mühsam holte er durch die Zähne Luft, als er die großen Brüste sah, die der Schwerkraft zu trotzen schienen, das nasse krausschwarze Dreieck, die Pforte zum Paradies. Sie bückte sich, sodass ihre Brüste fast ins Meer eintauchten und schöpfte mit beiden Händen Wasser, das sie lachend in seine Richtung spritzte. Dann drehte sie sich um und rannte weiter, Schaum hinterlassend.
Aphrodite, dachte er, wahrlich die Schaumgeborene, die Neckische, die verführerische quälende Göttin, die sich nimmt, was und wen sie will und die nie einem Einzigen angehört. Er war nur sterblich und durfte sich glücklich schätzen sie so erlebt zu haben. Mehr hieße die Götter versuchen, aber darauf würde er es ankommen lassen. Einen Augenblick lang hielt er das Gesicht zur Sonne hin und schloss die Augen. Der Sonnengott Helios hatte Hephaistos Aphrodites Ehebruch mit Ares verraten – trug Hephaistos Dimitri Ypsilantis Züge, weil er der hässlichste Mann war, den Marcus jemals gesehen hatte? –, aber wenn Hephaistos auch ihnen ein unsichtbares Netz überwerfen und sie beide zum Gespött der anderen Götter machen würde, für Marcus gab es kein Zurück. Er zwang sich zur Langsamkeit, wollte alles auskosten, in seine Erinnerung einbrennen, den Moment der Erlösung oder des wahrscheinlich schmerzlichen Erwachens hinauszögern.
Am Ufer ließ sich Mando der Länge nach ins seichte Wasser fallen und strampelte mit den Beinen. Erst jetzt begriff sie, wie groß ihre Angst gewesen war, wie sehr sie sich vor dem Mann am Ufer gefürchtet hatte. Vor Marcus! Sie hätte beinahe ihr Leben aufs Spiel gesetzt, weil sie tief im Inneren doch nicht so frei war, wie sie immer von sich geglaubt hatte. Ihre Erleichterung verwandelte sich in Übermut. Sie vergaß den Schwur, den sie vor wenigen Minuten geleistet hatte, fühlte sich unangreifbar und jeder Situation gewachsen.
Ich kenne keine Scham mehr, dachte sie verwundert, erst jetzt bin ich wirklich frei. Sie drehte sich auf den Rücken, zog die Knie etwas an und spreizte die Beine leicht herausfordernd. Sie würde ihn jetzt ein wenig quälen, strafen für die Angst, in die er sie gestürzt hatte. Marcus watete langsam auf sie zu. Warum rannte er nicht schneller, fiel nicht über sie her? Er begehrte sie doch! Oder etwa nicht? Leicht beunruhigt glitt ihr Blick auf jenen Körperteil, den sie bisher nur aus Büchern kannte, eine lange baumelnde Angelegenheit, die unter ihren Blicken eine Metamorphose zu erleben, zu wachsen und sich auszudehnen schien. Sie befeuchtete den rechten Mittelfinger mit der Zunge und legte ihn an jene Stelle, die dieser Finger in ihren einsamen Nächten so oft aufgesucht hatte. Sie fing Marcus' Blick ein und ließ ihn nicht mehr los. Jetzt begann Marcus zu rennen. Beim Anblick des inzwischen ziemlich bedrohlich aussehenden Körperteils sprang Mando hastig auf und rannte über den Strand.
Sie erwartete, dass er ihr folgen und sie zu Boden reißen würde und wandte sich erst um, als sie keine Schritte hinter sich hörte.
Sie sah, dass Marcus neben den Pferden ihrer beider Garderobe zu einem Lager ausbreitete. Er legte sich auf den Rücken und blickte wieder zum Sonnengott auf. Langsam kehrte sie zurück, ließ sich auf das Lager neben ihn fallen und legte wieder eine seiner Hände zwischen ihre Schenkel. Danach hätte Hephaistos ein eisernes Gitter um sie legen können, keiner von beiden hätte es gemerkt.
»Ist es immer so schön?«, fragte Mando flüsternd, als Marcus auf ein weißes Taschentuch spuckte und versuchte den Blutfleck auf Mandos Kleid wegzureiben.
»Mit dir und mir wird es immer so sein«, antwortete er und küsste das Muttermal unter ihrer linken Brust.
»Versprichst du es mir?«, fragte sie, plötzlich wieder voller Angst.
»Ich kann dir alles versprechen, außer einem«, erwiderte er. »Wir können nicht heiraten, keine Kinder zusammen haben, nicht vor Gott und der Welt zusammen sein …«
»Vor Gott schon«, erwiderte sie trotzig, »er hat die albernen Gesetze nicht gemacht, auch wenn das die Kirche behauptet. Kein Gebot verbietet mir meinen Cousin zu lieben.«
»Du kennst doch den stummen Jorgo?«, fragte
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