Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken
alles. Bisher wurde mir in meinem Leben jeder Schritt vorgeschrieben und jetzt stehe ich plötzlich vor dieser großen Leere. Und du wirst nicht da sein, um mir zu helfen.«
»Doch, ich bleibe ein oder zwei Tage«, erinnerte er mich.
Ich bemühte mich, nicht zusammenzuzucken. Justin hatte mir schon mehr Zeit geopfert, als er sonst für Menschen übrighatte. Ich war einfach nur verwöhnt.
»Maddie?«
Plötzliche Panik überkam mich und schien meinen Brustkorb zu zerquetschen. Es war ein Gefühl, als sei die Atemluft unten in meiner Kehle gefangen und ich müsste darum kämpfen, nicht zu ersticken. Hilfesuchend starrte ich Justin an.
»Ich weiß, das ist jetzt leicht zu sagen und schwer zu glauben, aber alles wird gut.« Er sprach langsam und betonte jedes Wort. »Dir wird es wunderbar gehen. Der Ort, wo ich dich hinbringe, ist fantastisch.«
»Ja, okay«, sagte ich. Wenn es mir nur leichter fallen würde, das zu glauben. Er verstand das Problem nicht: Wie sollte es mir ohne Justin wunderbar gehen?
»Ich weiß, dein Zuhause kann es nicht ersetzen«, sagte er und schaute mir in die Augen. »Aber dafür hast du jetzt ein neues Leben, und dir stehen so viele Möglichkeiten offen.«
Tränen liefen mir über die Wangen und ich wischte sie hastig fort.
»Ich bin nicht sehr mutig«, sagte ich, »egal was du denkst.«
»Doch, bist du«, widersprach er überzeugt.
Ich schüttelte den Kopf. »Das stimmt einfach nicht. Ich habe Angst vor Spinnen. Und gruseligen Dachböden. Zu Hause habe ich mich nicht einmal getraut, nachts allein in den Keller zu gehen.«
Justin lächelte und schnaubte hörbar.
»Außerdem habe ich jetzt eine Panikattacke«, stellte ich fest.
»Du bist sensibel, aber das ist gut so«, sagte er. »Weißt du, man kann vieles im Leben nicht kontrollieren. Man hat wenig Einfluss darauf, was mit einem passiert oder wie die Leute auf einen reagieren. Deshalb ist es verschwendete Energie, sich darüberden Kopf zu zerbrechen. Stattdessen kannst du bestimmen, wie du reagierst. Nur darauf kommt es an.«
Wir schwiegen beide, und ich versuchte, meinen Atem zu beruhigen, doch die Luft blieb mir immer noch im Hals stecken, als wollte jemand mich erwürgen. Justin setzte sich seitlich, sodass er mir zugewandt war, legte einen Arm auf die Rückenlehne und lehnte sich gegen die Couchkissen.
»Soll ich dir etwas beibringen, das dir vielleicht beim Entspannen hilft?«, fragte er.
Ich zuckte die Achseln. Im Moment hatte ich nicht das Gefühl, dass überhaupt etwas helfen konnte.
»Du musst lernen, in deinen Kopf zu verschwinden. Stille ist für dich schwer zu ertragen, weil du immer mit Soundeffekten und Ablenkungen bombardiert worden bist. Und du bist das Nachdenken nicht gewöhnt, weil Maschinen es für dich übernommen haben.«
Ich wischte mir über die Augen und nickte.
»Nach allem, was passiert ist, fühlst du dich unter diesen Bedingungen natürlich …«
»… starr vor Angst?«
Er lächelte und erklärte: »Deshalb musst du lernen, Ruhe in der Stille zu finden, anstatt in Panik zu geraten.«
»Ich werde mich bemühen.«
»Okay«, sagte er und stellte den Fernseher aus. Das Zimmer verdunkelte sich und wurde nur noch von einer Lampe am anderen Ende des Kellers erleuchtet. »Lehn den Kopf zurück und schließ die Augen.«
Ich warf Justin einen ungläubigen Blick zu, gehorchte aber. Bequem streckte ich mich auf der Couch aus, klappte die Augen zu und hörte in dem stillen Raum nur noch meinen Atem und meinen eigenen Herzschlag.
»Ich möchte, dass du dir einen Ort vorstellst, wo dich nichts verletzen kann. Dein persönliches Paradies.«
Ich presste angestrengt die Lippen zusammen und hoffte, dass ein Bild auftauchen würde. »Okay.«
»Was siehst du?«
Ich starrte mit voller Konzentration. »Meine geschlossenen Augenlider.«
Justin wartete geduldig, während ich nachdachte, aber ich sah einfach nichts.
»Vielleicht habe ich kein Paradies in meinem Kopf.«
»Stell dir einen Ort vor, der beruhigend ist und wo du dich sicher fühlst.«
So sehr ich auch die Augen zusammenpresste, vor mir erschien nur Dunkelheit.
»Das funktioniert einfach nicht«, sagte ich.
Seine Stimme blieb ruhig und gleichmäßig. »Weil du versuchst, mit deinen Augen zu sehen. Benutz deine Gedanken. Stell dir einen Ort vor, den du liebst.«
Ich atmete tief aus und erinnerte mich, was für einen wundervollen Tag ich heute mit ihm verbracht hatte.
»Der Strand«, sagte ich schließlich.
»Gut. Beschreib mir, wie er
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