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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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Oldenlohe«, rief eine Männerstimme. »Bitte wacht auf. Es geht um die Tochter des Grafen!«
    Die letzten Worte wirkten wie ein Peitschenhieb auf den Kurier des Grafen. Augenblicklich fiel die Müdigkeit von ihm ab, und er sprang auf die Füße. Während er sein Hemd hastig in die Beinkleider schob, eilte er zur Tür und öffnete.
    Vor der Schwelle stand Thomas, einer von Bernhard Wackernagels Knechten. Er war kein besonders heller oder freundlicher Kopf, aber Heinrich Oldenlohe hatte weiter nichts mit ihm zu tun.
    »Was ist mit dem gnädigen Fräulein?«, fragte er, während er den Blick durch den Gang schweifen ließ.
    »Ich glaube, sie ist entführt worden.«
    »Entführt?«
    Heinrich Oldenlohe stellten sich die Nackenhaare auf. Die Behauptung klang absurd, wer war schon so verrückt, Bella von Katzenburg zu rauben? Doch etwas sagte ihm, dass die Behauptung des Burschen nicht ganz falsch war. »Von wem wurde sie denn entführt?«
    »Von dem Jungen, den der Kellermeister angestellt hat. Der Rüben… Ich weiß nicht, wie er heißt.«
    Der Waffenmeister zog die Augenbrauen hoch. Ist der Junge närrisch oder betrunken?, fragte er sich. Angestellt hatte der Kellermeister in den vergangenen Wochen sehr viele junge Männer. Welchen davon meinte er? Und was hatte das mit Rüben zu tun?
    Thomas schien den erstaunten Blick des Boten mitbekommen zu haben, denn er setzte hinzu: »Es ist der Kerl, der den Fürsten angegriffen hat.«
    Damit konnte Heinrich Oldenlohe schon eher etwas anfangen. Damit wurde die Nachricht aber auch auf bedrohliche Weise real. Hatte Roland von Hohenstein vielleicht recht mit der Behauptung, dass der Bursche mit Bella …
    »Zur Seite!«, rief er und stieß den Knecht grob aus dem Weg. Dann rannte er wie von Sinnen den Gang entlang, eilte ein paar Treppen hinauf und erreichte schließlich die Kemenate der Grafentochter. Der davor postierte Wächter schlief tief und fest.
    »Aufwachen, Mann!«, fuhr er den Uniformierten an, verzichtete jedoch darauf, ihn am Kragen zu packen und wachzurütteln. Stattdessen drückte er die Türklinke herunter.
    Auf den ersten Blick wirkte nichts verdächtig. Aber Heinrich Oldenlohe nahm sogleich einen Luftzug wahr. Das Fenster stand zwar nicht sperrangelweit offen, doch geschlossen war es auch nicht. Mit angehaltenem Atem stürzte er zum Bett und riss die Decke weg. Was zunächst so ausgesehen hatte, als läge das Mädchen darunter, entpuppte sich als Finte. Bella hatte ein Wildschweinfell darunter drapiert.
    Wütend schleuderte der Waffenmeister die Bettdecke von sich und rannte zum Fenster. Sofort gewahrte er den Strick, der am Fensterkreuz festgemacht war. Er erinnerte sich daran, dass Bella die Flucht aus diesem Raum schon einmal auf ähnliche Weise gelungen war – damals mit einem Laken.
    Woher hatte sie das Seil? Hatte es ihr eine der Mägde besorgt? Oder hatte sie vielleicht die Wachen bestochen?
    Diese Fragen marterten Heinrich Oldenlohe, während er das Seil betrachtete und zugleich darüber erstaunt war, dass Bella diese gefährliche Aktion gewagt hatte.
    Da klagt unser Herr über einen fehlenden Sohn, und seine Tochter hat das Mark, einfach einen Turm hinunterzuklettern, ging es ihm durch den Kopf. Allerdings stand es ihm nicht an, darüber zu urteilen, was der Graf mit seiner Tochter tat, und so löste er sich vom Fenster und eilte den Gemächern des Grafen entgegen.
     
    Rudolph von Katzenburg hatte sich gerade zu Bett begeben, als ein Klopfen an der Tür ihn aus dem Schlaf riss.
    »Was gibt es?«, fragte er und richtete sich auf. Seine Glieder schmerzten von der unbequemen Lage, die ihm das Kissen verschafft hatte, und auch sonst spürte er das Alter seit einigen Tagen mehr als sonst in den Knochen.
    Heinrich Oldenlohe trat ein. Obwohl sein Gesicht nur im Mondschein auszumachen war, konnte der Graf ihm ansehen, dass etwas Schlimmes passiert war. »Euer Gnaden, Eure Tochter ist verschwunden.«
    Die Meldung wehte die Müdigkeit und auch das Stechen in Graf von Katzenburgs Körper hinfort. Augenblicklich erhob er sich und sprang aus dem Bett. »Wie konnte das passieren?«
    »Sie ist über ein Seil aus ihrem Zimmer geklettert.«
    Heinrich Oldenlohes Worte ließen das Herz des Grafen zusammenkrampfen. Er hätte sich einreden können, dass Bella wieder nur in den Weinberg gelaufen war, doch tief in seinem Herzen wusste er, dass sie diesmal wirklich fort war. Nach ihrem Ausbruch am vergangenen Tag hätte er damit rechnen müssen.
    »Einer unserer Knechte

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