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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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ich hörte, dass sie bei der Geburt gestorben ist?«, fauchte ihn sein Vater nun an. »Bei der Geburt seines Balges! Ich bin sicher, dass meine Kinder sie nicht umgebracht hätten.« Das Kerzenlicht ließ die Tränen in seinen Augen wie Kristalle schimmern. Anklagend blickte er seinen Sohn an, als könnte er etwas für das Leid. »Ich kann nicht zulassen, dass dieser Mann jemals glücklich wird.«
    »Selbst wenn das bedeutet, dass du das Glück deines eigenen Sohnes ebenfalls zerstörst?« Martins Stimme zitterte. Er konnte nicht glauben, dass seines Vaters Sturheit alles verderben sollte. »Du strafst damit nicht Rudolph von Katzenburg, sondern zwei Menschen, die mit eurer unseligen Fehde nichts zu tun haben. Ich liebe Bella, egal wessen Tochter sie ist. Und ich werde auf gar keinen Fall zulassen, dass sie mit einem Mann vermählt wird, den sie nicht liebt.«
    »So?«, gab Gernot von Bärenwinkel ungerührt zurück. »Wenn es nach mir ginge, könnte sie meinetwegen den Höllenfürsten heiraten. Du wirst sie nicht bekommen.«
    Im nächsten Augenblick sprang hinter ihm die Tür auf.
    Giacomo zögerte einen Moment im Türgeviert, dann verkündete er: »Euer Gnaden, der Fürst von Hohenstein ist soeben eingetroffen.«
    Gernot von Bärenwinkel senkte die drohend erhobene Hand, und Martin konnte seinem Vater ansehen, dass die Ankunft des Fürsten keine Überraschung für ihn war.
    »Wir reden später weiter«, beendete der Graf kurzerhand die Strafpredigt und wandte sich um.
    Martins Versuch, aus dem Gesicht des Italieners herauszulesen, was das alles zu bedeuten hatte, scheiterte kläglich. Sein Vater verschwand mit dem Spion, und nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, wurde der Schlüssel herumgedreht. Es gab kein Entrinnen, nicht auf diesem Wege. Aber vielleicht auf einem anderen?
    Während ein ungutes Gefühl in dem Jungen hochkroch, begab er sich zum Fenster, von wo aus er auf den Hof blicken konnte. Die Kutsche des Fürsten von Hohenstein war inzwischen leer, nur ein paar Stallknechte waren gerade dabei, die Pferde auszuschirren. Offenbar gedachte der Fürst, länger zu bleiben.
    Die Unruhe biss plötzlich in seinem Inneren wie eine in die Enge getriebene Ratte um sich. Ich muss wissen, was Roland von Hohenstein hier will, überlegte er. Gewiss ist er nicht hergekommen, um meinen Vater zu sehen. Dahinter steckte gewiss etwas anderes.
    Da Martin bezweifelte, dass sein Vater ihn nach all den Vorfällen ins Vertrauen ziehen würde, beschloss er, es auf eigene Faust herauszubekommen.
    Du hast aus mir einen Spion machen wollen, dachte er, während er das verschwommene Abbild seines Gesichts in der Butzenscheibe betrachtete, hinter der das Abendrot kaum noch auszumachen war. Nun gut, du sollst deinen Spion bekommen, aber du wirst nicht mögen, was meine neuen Erfahrungen alles so mit sich bringen.
    Nachdem er noch eine Weile vor dem Fenster ausgeharrt hatte, ohne die Mahlzeit, die man ihm gebracht hatte, auch nur eines Blickes zu würdigen, war es so weit. Die altbekannte Stille senkte sich über das Gut Bärenwinkel.
    Das war der Moment, zu dem sich die Wachen am Feuer einfanden, in dem Wissen, dass der Burgherr sie nicht schalt, wenn sie versuchten, sich wach und warm zu halten – durch Feuer und durch den ihnen zuerkannten Wein.
    Da Martin wusste, dass vor seiner Tür gewiss ein Wachposten saß, vielleicht Giacomo persönlich, öffnete er das Fenster. Die kalte Luft schlug ihm ins Gesicht und ließ die Kerze auf dem Tisch flackern. Nachdem Martin sich nach einer Fluchtmöglichkeit umgesehen hatte, schlich er zu seiner Truhe und holte das Nötigste für sein Vorhaben heraus. Einen Dolch, ein zweites Wams und seinen Mantel. Wams und Mantel zog er an, den Dolch verstaute er in seinem Hosenbund. Dann ging er zu seinem Bett und riss das Laken von dem Strohsack herunter.
    In den Hof hinunterzuklettern, war ein Wagnis, das er ohne Sicherung nicht eingehen wollte. Rasch teilte er den Stoff mit dem Dolch in vier Streifen, die er aneinanderknotete. Als er damit fertig war, ging er zum Fenster. Der Stoff wehte wie eine Fahne im Nachtwind, als er ihn hinunterließ. Da nur noch die Torwächter auf ihren Posten waren und zu dieser Zeit für gewöhnlich anderes zu tun hatten, als die Wände der Burg im Auge zu behalten, stieg Martin aufs Fensterbrett und hangelte sich dann an dem provisorischen Seil hinunter.
     
    Gernot von Bärenwinkel war sich darüber im Klaren, dass er einem hohen Gast wie Fürst von Hohenstein nicht

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