Die Rebenprinzessin
nicht mehr wissen, wer Freund und wer Feind ist.«
Diese Äußerung stand dem Mann eigentlich nicht zu, aber Bella wusste nur zu gut, dass er sich von niemandem den Mund verbieten ließ und stets ehrlich sagte, was ihm durch den Kopf ging. Offenbar war ihm zu Ohren gekommen, was auf der Burg vor sich gegangen war. »Vielen Dank, das hoffe ich auch.« Damit griff Bella erneut zu dem Brotkanten und verschlang hungrig ein zweites Stück.
Nachdem den ganzen Tag über die Sonne geschienen hatte, war Giacomo sicher, dass der richtige Zeitpunkt gekommen war, um den Weinberg in Brand zu stecken. Die Blätter des Weinbergs waren abgetrocknet, und die Nacht versprach kühl und trocken zu werden. Die besten Bedingungen für das Donnerkraut.
Zum ersten Mal war der Italiener froh über das Wetter. Sonst war es ihm immer egal, denn es gab für ihn kaum Arbeiten, die daran gebunden waren. Doch in den vergangenen Tagen hatte er gespürt, dass der Fürst immer ungeduldiger wurde.
Das Misstrauen in seinen Augen war nicht mehr zu übersehen, selbst die Soldaten hatten sich bereits gefragt, wie lange ihr Herr wohl noch auf die Dienste des Fremden baute.
Aber nun war es so weit. Er verteilte das Donnerkraut auf mehrere Säcke und gab sie den Männern, die ihn begleiten würden. Er selbst band ein Säcklein an seinem Sattel fest und blickte sich dann nach den anderen um.
»Ein Stück vor dem Weinberg machen wir halt und laufen den Rest zu Fuß. Jeder von euch wird das Donnerkraut auf eine Reihe verteilen. Danach wartet ihr auf mein Zeichen zum Anzünden.«
Die Männer nickten einhellig und zogen ihre Mäntel fester um die Leiber.
Wenig später gesellte sich Roland von Hohenstein zu ihnen. Auch er trug wieder seinen einfachen Mantel, doch diesmal klapperte ein Schwert an seiner Seite. Die Art, wie er die Hand auf den Griff legte, deutete auf einen erfahrenen Waffenmann hin. »Hast du die Männer eingewiesen?«, erkundigte er sich und sog mit einem tiefen Atemzug die klare Luft ein. Es war nicht zu übersehen, dass er bester Laune war.
»Das habe ich, Euer Gnaden. Mit etwas Glück werden wir den Weinberg bald brennen sehen.«
»Wohlan, reiten wir los!«, gab Hohenstein zurück und schwang sich auf sein Pferd.
Giacomo folgte ihm, und nachdem alle im Sattel saßen, bewegte sich der Zug in Richtung Weinberg.
Als die Dunkelheit hereingebrochen war, verließen die beiden das Fährhaus wieder.
»Du bist sicher, dass es funktionieren wird?«, fragte Martin zweifelnd, als sie den Weg zur Burg hinaufritten.
»Ganz sicher«, gab Bella zurück. »Über das Seil werden wir in die Burg gelangen und dann zum Schlafgemach meines Vaters gehen. Wenn wir Glück haben, wird er uns anhören. Er muss es einfach!«
»Ich hoffe sehr, dass du dich nicht irrst«, entgegnete Martin. »Immerhin könnte er auch nach den Wachen rufen. Oder nach seinem Schwert greifen.«
»Mein Vater hat noch nie mit dem Schwert neben dem Bett geschlafen«, gab Bella zurück. »Wenn sich an ihm auch vieles geändert hat, das sicher nicht.«
Nach einer Weile tauchte die Burg vor ihnen auf. Noch waren sie weit genug entfernt, dass die Torwächter sie nicht ausmachen konnten.
»Reiten wir zum Weinberg«, schlug Bella vor. »Oberhalb der Pforte kommt man am besten über die Mauer. Außerdem braucht da nur einer von uns zu klettern, dann kann er dem anderen die Pforte öffnen.«
»Das werde dann wohl ich sein«, gab Martin zurück. »Ich kann unmöglich von dir verlangen, dass du kletterst.«
»Warum denn nicht?« Bellas Stimme klang herausfordernd. »Immerhin bin ich aus dem Fenster der Burg geklettert.«
»Dennoch solltest du mir das Klettern überlassen«, sagte Martin bestimmt. »Ich will nicht, dass dir etwas geschieht.«
Bella setzte ein trauriges Lächeln auf, als wollte sie sagen, dass ihr Leben nun ohnehin in Gottes Hand lag, dann erwiderte sie: »Na gut, klettere du!« und drückte ihrem Braunen die Hacken in die Flanken.
Am Rain des Weinbergs angekommen, machten sie halt und saßen ab. Den Aufstieg konnten sie unmöglich mit den Pferden wagen. Zu groß war die Gefahr, dass sie ausrutschten.
Martin schulterte das Seil, das er von Adam Höllerich unter der Bedingung bekommen hatte, es diesmal wirklich zurückzubringen, dann fasste er Bella bei der Hand.
»Was soll denn das?«, fragte sie. »Denkst du, ich kann nicht allein laufen?«
»Nein, ich wollte dir nur etwas Halt geben«, entgegnete Martin, ohne sie loszulassen.
Daraufhin lächelte sie nur
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