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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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keine eigenen Kinder hatte, war Fara gut darin, die rechten Ammen auszuwählen und desgleichen zu bestimmen, wann die Kleinen erstmals einen Bissen Fleisch zu kauen hatten und wann den ersten Schluck gesüßten Met zu nehmen. Sie war nie zärtlich zu ihnen, aber ihr Blick auf sie war gutmütig und stolz. Sie war überzeugt, dass man zu Kindern streng sein sollte, weil ihr schwacher Geist Formung bräuchte, doch ebenso, dass sie zur rechten Zeit Lob verdienten.
    Solches forderte sie nun auch von Bathildis ein.
    »Aber meine Königin!«, sprach sie in deren Schweigen. »Ihr dürft Euch ihnen gegenüber nicht blind stellen! Und ich meine auch, Ihr solltet Chlothar Euren Stolz bekunden darüber, dass er geritten ist! Und Childerich – wie gut er schon sprechen kann! Sagt ihm, dass er...«
    »Hast du mich nicht verstanden? Halts Maul, sagte ich! Geh weg!«
    Fara zuckte zusammen und riss die Augen auf. Solch grobe Worte hatte sie Bathildis noch nie sprechen hören. Abweisend, das war sie wohl... jedoch niemals vulgär.
    Bathildis selbst schien zu erschrecken. Hastig ging sie zurück zu jenem Zinnbecken, um wieder einmal die Hände hineinzutauchen.Ob des vielen Waschens waren sie so wundgerieben, dass sie brannten. Sie zuckte vor Schmerz zusammen.
    »Es tut mir leid«, murmelte sie in Faras Richtung. »Ich sollte nicht so mit dir reden... aber wenn meine Söhne Worte des Zuspruchs brauchen, so wende dich an den König, nicht an mich.«
    Fara war ihr mit leisen Schritten gefolgt.
    »Aber meine Königin«, begann sie vorsichtig, »es ist nicht leicht vorherzusehen, in welchem Zustand der König anzutreffen ist, ob er...«
    Ratlos hielt sie inne, anstatt den Satz zu Ende zu bringen.
    Bathildis ahnte, was sie sagen wollte. Ob er wahllos Essen in sich hineinstopfte. Ob er an Kopfschmerzen litt – oder an den Stimmen, die in ihm brüllten. Ob er dem allen zu entgehen suchte, indem er sich zur Jagd rüstete.
    Bathildis seufzte.
    »Dann weiß ich auch nicht, was du tun kannst. Nur lass mich endlich allein.«
    »Ach, meine Königin, ich weiß, dass ich gehorchen muss – und doch bitt’ ich Euch: Folgt mir nach draußen! Es wird nur Trübsinn bringen, den ganzen Tag hier drinnen...«
    »Lass mich allein!«
    Bathildis’ Stimme hatte wieder an Schärfe gewonnen, und diesmal fügte sich Fara, indem sie kleinlaut nickte, den Kopf senkte und den Raum verließ. Bathildis lauschte auf ihre Schritte. Sie ahnte, dass es Unrecht war, sich nicht um die Söhne zu scheren – doch gleichsam dachte sie, dass es genügen musste, sie immerhin geboren zu haben.
    Es war für sie nicht selbstverständlich gewesen. Kurz nach der Eheschließung hatte sie von einer Magd erfahren, dass man die Empfängnis verhindern könnte, schluckte man täglich Farnwurzeln, welche in Wein eingelegt worden waren. Tatsächlich war sie kurz verführt gewesen, den König solcherart noch mehr von ihrem Leben vorzuenthalten – doch alsbald von der Furchtzurechtgestutzt, dass er sie als Unfruchtbare viel schneller verstoßen würde denn als Schweigende, Gleichgültige. Eine Scheidung aber wollte sie nicht provozieren. Sie ertrug die Ehe, mehr nicht, aber sie würde nicht willentlich dazu beitragen, sie zu beenden, schlichtweg, weil sie nicht wusste, was ihr dann drohen könnte.
    So ging sie alsbald schwanger und ließ alle Prozeduren über sich ergehen, die ein solcher Fall vorsah: Da wurde ihr runder Leib mit einer Pomade aus den verkohlten Resten eines Igels eingerieben; da verbot man ihr, Gemüse zu essen, und gab ihr stattdessen die Milch einer Hündin zu trinken. Beides sollte ihrer Stärkung dienen – und tatsächlich verliefen die Geburten unerhört leicht. Noch Wochen später tuschelte die Obstetrix, die Hebamme, welche Bathildis in den Stunden der Wehen mit aufmunternden Worten sowie kühlen Leinentüchern erfrischt und ihr schließlich mit eingefetteten Händen das Kind aus dem Leib gezogen hatte, dass Bathildis nicht geschrien, ja kaum gestöhnt hätte und dass dies nicht Gottes Wille entspreche, wo jener doch nach dem Sündenfall entschieden habe, dass das Weib unter Schmerzen gebären sollte.
    Nun, wiewohl sie verwehrte hatte, sie zu zeigen, hatte Bathildis sehr wohl solche Schmerzen durchlitten. Freilich waren sie weniger körperlicher Natur. Beide Male betrachtete sie die Neugeborenen mit tiefem Weh – und konnte sich nicht entscheiden, was sie mehr zerriss: Dass ihr die Kinder nichts bedeuteten, weil sie vom falschen Mann gezeugt worden oder dass sie

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