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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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das die Sklaverei verbietet – doch sprach er nicht minder deutliche Worte, als er die Heilige Blandina oder die Heilige Felicitas, welche eben Sklavinnen waren, dazu auserkoren hat, zu heiligen Märtyrerinnen zu werden?«
    »Was gleichsam heißt«, entgegnete einer der Männer mit schmalem Lächeln, »was gleichsam heißt, wie du schon sagtest, dass es bei Christus keine Unterscheidung gibt zwischen Sklaven und Freien. Aber hier auf Erden gibt es sie, seitdem Noah seinen Sohn Ham verfluchte und ihm das Schicksal auferlegte, als niedrigster Knecht seinen eigenen Brüdern zu dienen.«
    Die Rede endend neigte er den Kopf, als wolle er ihr Respekt bekunden. Die Geste deuchte sie geheuchelt, desgleichen wie das schmale Lächeln, das manche der Münder verzerrte – zumindest derer, die in der Kunst der Diplomatie ausreichend geübt waren, um nicht offenkundig Langeweile oder Entrüstung zu bekunden wie einige der anderen.
    Für einen Moment geriet Bathildis aus der Fassung – und jenen Augenblick nutzte einer der Diakone, um beschwichtigend zu murmeln: »Bedenkt auch, meine Königin, dass viele Sklaven nicht durch Kriegsgefangenschaft oder Raub zu Unfreien werden, sondern weil sie arm sind: Ihnen fehlt es an Land, Vieh und Gerät, um unabhängig zu sein. In der Obhut eines Grundherrn aber erlangen sie Sicherheit. Die Wahrheit ist: Sie könnten es gar nicht besser treffen!«
    Seine Stimme war frei von Hohn, und gerade dies hielt Batildisvor Augen, dass er an seine eigenen Worte glaubte, dass nichts, womit sie aufzurütteln versuchte, ihn jemals ehrlich treffen könnte.
    Die Entrüstung schenkte ihr die Eingebung fortzufahren, doch als sie’s tat, so klang es plötzlich zänkisch und keifend, ein wenig so, wie Leutsinda stets zu Erchinoald gesprochen hatte: »Beim Konzil von Orléans wurde festgelegt, dass keiner zum Sklaven gemacht werden dürfe, der durch Krankheit oder Unfall so schwer beschädigt ist, dass er seinem Tagwerk nicht mehr nachgehen kann. Für diese Menschen, so heißt es, habe die Kirche zu sorgen. Wie kann es sein, dass ein Krüppel dieses Anrecht hat – ein Verarmter aber nicht?«
    »Wenn Arme auf den Landgütern Zuflucht suchen und sich verkaufen«, wurde ihr entgegnet, »so ist das ihre ureigene Wahl. Längst sind doch die Zeiten vorbei, da Truppen in die germanischen Wälder auszogen, um dort Menschen zu rauben, die hier für die Arbeit fehlten. Und für die Übrigen setzen wir uns ein, ja, wir fordern, dass sie zu behandeln sind, wie’s einem Menschen ansteht... nicht wie Vieh.«
    »Ihr ratet es den Grundherren, aber könnt Ihr es befehlen?«, rief sie mit kippender Stimme in die Runde. »Wenn der gute Wille fehlt, so gibt es kein Gesetz, das dem Besitzer von Sklaven verbietet, sie zu foltern und zu morden.«
    »Das ist nicht wahr, denn es ist Kirchenrecht: Wer einen Sklaven selbstherrlich tötet, den trifft die Strafe der Exkommunikation. Desgleichen darf jeder Sklave, welcher sich ungerecht behandelt fühlt, in der Kirche Zuflucht suchen und erst wieder dem Herrn übergeben werden, wenn dieser zusagt, ihn menschenwürdig zu behandeln.«
    Die einzelnen Gesichter verschwammen vor Bathildis’ Augen, jenes des Mönchs stieg stattdessen vor ihr auf, welcher nicht vermocht hatte, Taurin und Moschia ausreichend zu schützen, dessen größte Sorge nicht ihnen galt, sondern sich selbst von jedem Vorwurf reinzuwaschen.
    Unwillkürlich ballte sie die Fäuste, als säße sie nicht länger mit möglichen Verbündeten an einem Tisch, sondern mit Feinden.
    »Und wer trägt Sorge, dass dieses Gebot tatsächlich eingehalten wird?«, schrillte sie. »Was soll ein Sklave tun, gesteht man ihm dieses Recht nicht zu? Er kann sich nicht wehren, denn Sklaven ist verboten, eine Waffe zu tragen. Er darf sich an kein Gericht wenden, denn es ist ihm nicht erlaubt, dort einen Eid zu schwören. Und ist es wirklich ein Leichtes, in eine Kirche zu fliehen, wo ihm doch untersagt ist, den Haupteingang zu betreten? Rechtlos ist der Sklave, noch mehr als zu Römerzeiten. Damals war es ihm noch gestattet, sich Geld anzusparen ... heute, nach fränkischem Recht, gehören ihm nicht einmal seine leiblichen Kinder!«
    »Aber, meine Königin«, antwortete ein Bischof, und so wie ihr Tonfall wurde auch seiner schärfer und kälter. »Die Kirche setzt sich seit vielen hundert Jahren für die Sklaven ein. Bedenkt, von wem das Gebot stammt, dass kein Heide einen christlichen Sklaven besitzen kann, vor allem die Juden nicht.«
    »Ha!«,

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