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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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geworden – so vollends beschäftigt mit dem Kampf gegen sämtliche Übel der Welt?«
    Ihre Finger wurden weiß, als sie sich am Bettpfosten immer fester klammerte. Ihre Brüste schmerzten, desgleichen ihre Scham. Sie spürte warmes Blut über ihre Schenkel laufen – und fühlte sich erniedrigt, weil Ebroin sie in diesem Zustand sah.
    »Wir beide haben niemals etwas ausgemacht!«, wetterte sie. »Ganz gewiss hast du mich nicht dem König angepriesen, weildu Mitleid mit einer armen, kleinen Sklavin hattest. Du hast es getan, weil du in mir keine Gefahr sahst. Gewiss, so dachtest du, wäre ich dir derart zugetan, dass ich in vertraulicher Stunde dem König zuraune, was du mir vorgibst... Nun, ich flüstere dem König gewiss manches zu. Doch dein Pech ist, Ebroin, dass ich einen eigenen Willen habe.«
    Der Blutfluss ließ nach, mit jedem Wort fühlte sie sich kräftiger werden – so sehr, dass sie den Bettpfosten loslassen und auf ihn zutreten konnte. Noch genauer konnte sie sein fahles Gesicht in Augenschein nehmen, erkennen, wie manch roter Fleck darauf erschien und wie die dunkle Ader an seiner Schläfe sichtbar pochte.
    Sein Adamsapfel trat hervor, als er schnaubend zur Entgegnung ansetzte.
    »Ob deiner Vergangenheit würde dir Demut besser stehen als dieser Stolz«, geiferte er. »Sind deine Hände eigentlich sauber, Königin? Man hört, du würdest sie häufig waschen. Oder wuchert unter deinen Nägeln noch der schwarze Dreck? Ist deine Haut noch grindig? Und staubt nicht von deinem Haupt die Asche?«
    Sie zuckte zurück, sich an jene Stunde erinnernd, da er sie vor dem Gemach des Königs abgefangen hatte und einen Blick auf ihre damals noch dreckigen Finger geworfen hatte. Sie hasste ihn, weil er sie so gesehen hatte. Sie hasste ihn, weil er sich so viel Vertraulichkeit anmaßte, hier an ihrem Wochenbett zu erscheinen, ohne dass sie ihn gebeten hatte. Und sie hasste ihn, das ging ihr plötzlich auf und versetzte sie in nicht minderes Unbehagen, weil sie ihm nicht vergeben konnte, dass er es gewesen, der sie an den Königshof gefesselt hatte. Sie wusste, dass sie ihm in Wahrheit nicht länger dafür zürnen sollte, hatte sie in den letzten Monaten doch so vieles errungen, was ihr Leben zu dem einer erfüllten Frau machte: Sie hatte Einfluss und Macht, sie konnte sich des Vertrauens und der Liebe des Königs sicher sein, und seine Nähe, seine Berührung waren ihr längst nichtmehr unerträglich. Und sie hatte einen Sohn geboren, der ihr nicht fremd war wie die ersten beiden, der sie rührte, den sie liebte.
    Und dennoch, dennoch: War die fortwährende Verachtung für Ebroin nicht Zeichen dessen, dass dieses beharrlich errungene Glück nicht das war, wonach sie eigentlich getrachtet hatte? Dass es nicht genug war, nie genug sein könnte, solange sie den Schwur nicht wahr gemacht hatte, den sie Aidan gegeben hatte: Ich werde dich wiedersehen... ich werde dich wiedersehen... ich werde dich wiedersehen?
    Sie starrte in sein Gesicht, und ihr Leben deuchte sie schal, ihre Glückseligkeit nach Theuderichs Geburt nur vorläufig, sämtliches Gelingen nur magerer Ersatz für das, was ihr eigentlich zustand.
    Verdammt sollst du sein, Ebroin!, ging ihr durch den Kopf, obgleich sie in Wahrheit sich selbst verfluchte. Verdammt!
    Als sie den Mund öffnete, so tat sie’s nicht nüchtern berechnend, sondern einzig von dem Wunsch getrieben, ihm heimzuzahlen, dass er sie derart aufwühlte.
    »Ich fürchte den Dreck gewiss nicht mehr als du, Ebroin«, zischte sie. »Ich komme aus der Asche, so viel ist gewiss. Und woher, Ebroin, kommst du? Von welchem Samen wurdest du gezeugt? Welcher Leib hat dich in diese Welt gepresst? Ich weiß, dass du der Sohn von Chlodwigs Amme bist. Doch wer war dein Vater? Ein einfacher Bauer?«
    »Nimm das zurück!«
    »Du sagst mir nicht, was ich zu tun habe! Du bestimmst nicht über mein Leben! Weißt du nicht, dass ich dich in den Staub stoßen könnte, wenn’s mir gefiele? Komm mir noch einmal zu nahe, und ich werde dem König sagen, dass mich dein Anblick quält, dass er mich an das Antlitz des Teufels erinnert!«
    Er wandte sich ab, trat zum Kamin hin, in dem ob der Frühlingswärme kein Feuer brannte. Einzig ein kärgliches grauesHäuflein gemahnte daran, dass der Winter noch nicht lange zurücklag.
    Dass er ihr nichts entgegenhielt, ließ sie zaudern.
    Gewiss war sie zu weit gegangen, gewiss war diese Beleidigung...
    Unwillkürlich trat sie zu ihm – und da begann er wieder zu reden, so

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