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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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wie soll ich’s anstellen? Wie Chlodwigs letzten Willen erfüllen?«
    Bedacht waren stets seine Worte, gemessen seine Gesten. Auch jetzt legte er den Finger an den Mund, um in Ruhe nachzusinnen. Jene Ruhe aber blieb weder ihm noch ihr.
    Noch ehe er eine Antwort gefunden hatte, wurden hinter ihnen Schritte laut. Rigunth lief ihr entgegen, leichtfüßig wie immer und doch mit banger Miene.
    »Meine Königin! Meine Königin – komm schnell!«
    Sie hatte gedacht, nein, gehofft, dass man der Trauer um Chlodwig einige Tage gewähren würde, dass sie in jener Schonzeit ruhig würde nachdenken können, was zu geschehen hatte, was sie tun sollte. Doch kaum gewärmt nach dem Begräbnis undkaum gesättigt vom Totenmahl, das auf den sparsam geschmückten Tischen gereicht wurde, hatten die Versammelten ihre kurze Abwesenheit genutzt. Indessen sie ihren Blick vorsichtig kreisen ließ und erkannte, dass die meisten Wein- und Metkelche noch gefüllt waren, weil jeder sich die Nüchternheit bewahren wollte, so hörte sie aufgeregte Stimmen bereits darüber diskutieren, wie man das Land, das Chlodwig hinterließ, zu unterteilen hatte und welcher der drei Söhne welche Region regieren sollte – in ferner Zukunft natürlich, erst wenn sie erwachsen wären, was hieß, dass vorerst Adel und Klerus allein bestimmen könnten.
    Schon waren die Namen der drei Städte ins Spiel gebracht, wo Chlothar, Childerich und Theuderich künftig ihren Herrschaftssitz nehmen sollten, Paris, Soissons und Orléans, doch wohingegen in dieser Frage Einigkeit bestand, war strittig, welche Teile des Landes dem jeweiligen Herrschaftsbereich zugeteilt werden sollten und vor allem: wer welchen bekäme. Mit wachsendem Zorn erkannte Bathildis, dass Chlothar, als der Erstgeborene und Älteste, der sich am frühesten um Macht bemühen und sich nicht ewig in den Schatten schieben lassen würde, als jener galt, unter dessen Herrschaft man das eigene Gebiet am wenigsten fallen lassen wollte. Theuderich hingegen, kaum mehr als ein Säugling, ließ sie nicht fürchten, sich in naher Zukunft dem Willen eines Königs beugen zu müssen.
    Eifrig wurde geschachert. Die Pariser Partei erklärte, dass man Chlothar als dem Ältesten keine der friedlichen Provinzen geben sollte, sondern ihn dorthin schicken, wo der Widerstand gegen die mächtige Hand eines Königs am größten war.
    »Wollt ihr uns des Aufruhrs bezichtigen?«, wehrten sich die Burgunder.
    »Wollt ihr es leugnen, dass euch ein König, der eben dem Säuglingsalter entwachsen und noch anfällig für Krankheiten ist, nicht gerade recht käme?«
    »Als ob ihr mehr Respekt vor solch einem Knaben hättet!«
    So eifrig folgten die Wortmeldungen aufeinander, ja gerietendurcheinander, dass kaum einer bemerkt hatte, wie Bathildis den Raum betrat, gefolgt von Rigunth und – was ihrem Erscheinen Gewicht gab – von Eligius.
    Umso unerwarteter hallte plötzlich ihre Stimme durch den Raum.
    »Das Reich wird nicht geteilt!«, rief sie entschlossen und war über die eigene Festigkeit überrascht, desgleichen darüber, dass sie augenblicklich gehört wurde.
    Alle schienen sich gleichzeitig nach ihr umzudrehen, warfen zuerst ihr Blicke zu und dann einander.
    Sie zeigte nicht, wie jene an ihr zehrten, wie sie befürchtete, man könnte sie entblößen: ihre Furcht und ihre Zweifel. Angespannt ging sie durch die Reihen.
    »Das Land wird nicht geteilt«, wiederholte sie fest. »Das war der Wille von Chlodwig, dem Ihr Euch beugen müsst. Mein ältester Sohn Chlothar wird König und sonst niemand. Und ich werde in seinem Namen regieren – bis zu seiner barbatoria , dem Fest des ersten Bartwuchses.«
    Für einen Augenblick zeugte ihr befehlender Tonfall Verblüffung. Erst nach einer Weile erhob sich einer der Grafen, stellte sich ihr entgegen und gebrauchte jenes Argument, welches ihnen allen auf der Zunge lag: »Aber so verlangt’s die Tradition: Das Land der Merowinger wird stets auf sämtliche Söhne der Könige aufgeteilt.«
    Bathildis, im Wissen, dass mit solchen Worten zu rechnen war, hatte sich dagegen gerüstet.
    »Und eben darum musste das Land grausame Kriege erdulden«, entgegnete sie. »Wie viele Brüder haben im Kampf um die Macht gemordet, wie viele haben ihre eigenen Neffen erschlagen?«
    »Doch wer sagt«, erhob sich von hinten eine Stimme, »dass so etwas nicht geschieht, wenn Eure Söhne erwachsen sind? Werden sich die jüngeren beiden nicht betrogen fühlen und um das Erbe kämpfen, das man ihnen vorenthalten

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