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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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geschehen sein musste, dessen er sie zu Recht für schuldig befand, und alsbald wähnte sie diese Ahnung bestätigt – durch Blicke, die vor ihr niedergeschlagen wurden, als gelte es ein Geheimnis zu bergen oder sich einfach nur vor ihr zu schützen.
    Nicht nur die Mägde oder Stallburschen verhielten sich so, sondern auch Leudesius, der blonde Sohn von Erchinoald, der nicht hatte Major Domus werden können, weil Ebroin das Amt an seiner Stelle ergriffen hatte, und der – des Schreibens kundig – fortan als einer der Notare darauf wartete, dass ihm eine gewichtigere Aufgabe zugewiesen würde.
    Bathildis wusste nicht, ob er sie erwartet hatte oder nur zufällig ihre Ankunft erlebte. In jedem Fall grüßte er nur kurz, senkte den Kopf – und verschwand. Nicht anders verhielt sich Fredegar, der Lehrer ihrer älteren beiden Söhne. Er stand im Hof, freilich nicht, um sie zu begrüßen, sondern um kalt durch sie hindurchzusehen und sich schließlich schroff abzuwenden.
    Fara blieb nicht die Möglichkeit zur Flucht. Sie kam mit Theuderich an der Hand, der mit den nicht länger wackeligen Schritten eines Vierjährigen auf sie zugelaufen kam, doch der Wiedersehensfreude, die dem Knaben ein Juchzen entlockte, enthielt sie sich selbst vollkommen. Gerne hätte Bathildis den Knaben freudig in die Luft geworfen – doch ob Faras düsterem Anblick erstarrte jede Regung. Die Frau stand mit gebeugtem Rücken, als würde sie vom Alter zu Boden gezerrt, obgleich ihr feister Leib noch nie zuvor hatte erkennen lassen, dass dieses Alter sie zu quälen begonnen hatte.
    Bathildis ahnte an ihr gleiches Misstrauen, wie es so viele andere mit schelem Blick bekundeten, mehr ängstlich als boshaft, mehr betroffen als aufgebracht.
    »Gertrude!«, wandte sie sich schließlich an eine der ältesten Vertrauten, »Gertrude, was ist in meiner Abwesenheit geschehen?«
    Das plappernde Mädchen von einst hatte sich zur verblühten,nicht minder geschwätzigen Frau gewandelt, die nie erkennen ließ, ob ihr das Leben behagte: Sie benannte zwar alles, was ihr geschah, aber zeigte nie Anteilnahme daran.
    Heute freilich war ihre Stirne merkwürdig gefurcht.
    »Meine Königin«, murmelte sie verlegen, »du bist erhaben über eine wie mich. Und doch deucht mich, dass es Unheil brächte, erhebt man das Schwert gegen einen Gottesmann...«
    Schon wieder jene schreckliche Bezichtigung.
    »Niemals würde ich einem Gottesmann Gewalt antun! Warum also...«
    »Sprich nicht mit mir darüber, meine Königin!«, wehrte Gertrude ab und trat beiseite.
    Bathildis hätte sie schlagen können für diese absonderliche Scheu, aber beließ es dann dabei, sie lediglich anzuschnauben. Dass sie noch heute mit dem Bischof von Paris zu sprechen wünschte, verlangte sie unwirsch.
    Doch jener war bereits bei Hofe und trat nun eben aus dem Tor. Er war nicht allein, sondern hatte Audoin von Rouen bei sich, jener noch fettleibiger und schnaufender als bei ihrer letzten Begegnung.
    Audoin schüttelte mit tiefem Bedauern den Kopf.
    »Was...«, rang Bathildis hilflos nach Worten und wurde schon von ihm unterbrochen.
    »Das, meine Königin«, sprach Audoin düster, »hättest du nicht zulassen dürfen.«

XXIX. Kapitel
    Wie alle anderen sahen die beiden sie nicht offen an, sondern mit jenem ausweichenden Blick, weder anklagend noch feindselig, aber mit unverhohlenem Tadel. Er setzte ihr umso mehr zu, als sie nicht wusste, was er zu bedeuten hatte und wessen sie sich schuldig gemacht hatte.
    Draußen im Hof hatten sie nicht mehr Worte verloren, und auch nun, im Saal, hing bleierne Stille über ihnen. Bischof Chrodebert von Paris, der aus dem Kloster zu Saint Denis stammte, dem Bathildis nach dem Tod seines Vorgängers selbst sein Amt verliehen hatte und der ihr von Anfang an ergeben gewesen war, war äußerst verlegen. Audoin von Rouen hingegen, welchem die Treue zu ihr vor allem politisch vernünftig schien, schüttelte fortwährend düster den Kopf.
    Indessen sie die beiden musterte, trat Genesius, ihr Almosenverwalter, hinzu, der mit ihr auf Reisen gewesen war. Ganz offensichtlich hatte er früher von dem erfahren, was hier die Gemüter aufwühlte, denn nun saß auch er mit gesenktem Kopfe.
    Wie kann er nur!, ging es Bathildis zornig durch den Kopf. Welch schreckliches Verbrechen auch geschehen sein mag – zumindest er muss wissen, dass ich viel zu beschäftigt war, um damit zu tun zu haben!
    »Genesius!«, begann sie forsch, »Genesius – sag mir, was du weißt!«
    Er blickte ratlos

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