Die Regentin (German Edition)
hoch, ein wenig hilfesuchend, als würde ersehr gerne reden, nur dürfte er dies in Gegenwart Ranghöherer nicht ohne deren Erlaubnis.
Unwillkürlich hob sie die Hand, ballte sie zur Faust und ließ sie niederkrachen, ein an ihr ungewohntes Gebaren, das sie selbst erschreckte – zumal sie sich dessen erst richtig bewusst wurde, als der laute Schlag durch die Stille echote.
Audoin versteifte sich. »Willst du uns jetzt auch drohen, Königin?«
»Ich soll Euch drohen? Ha! Mir hat man heute Steine nachgeworfen! Mich hat man als Jezabel beschimpft – als jene phönizische Prinzessin, die dem heidnischen Baal diente und sämtliche Propheten des wahren Gottes, darunter Elias, grausam verfolgen, manche von ihnen sogar töten ließ! Ihr soll ich ähnlich sein! Jetzt wagt endlich, mir ins Gesicht zu schauen und mir offen zu sagen, was...«
Audoins Miene wurde noch eisiger, doch zumindest führten ihre Worte dazu, dass sich Genesius auf ihre Seite stellte.
»Es kann doch sein«, warf er schüchtern ein, »dass die Königin tatsächlich nichts von alldem wusste und dass sie...«
»Was schlimm genug ist, nennt sie sich Regentin!«, fiel Audoin ihm mit kaum verhohlenem Ärger ins Wort. »Sie hat sich im Namen ihres Sohns verpflichtet, die Geschicke dieses Landes zu lenken – und nicht dazu, sich zwischenzeitig fortzustehlen und Ebroin alle Macht zu überlassen...«
Es bestürzte sie, dass er nicht mit ihr sprach, sondern über sie, als wäre sie nicht im Raum, doch noch mehr erschreckte sie die Erwähnung Ebroins. War er der Urheber dieser Aufregung? Hatte er verbrochen, was man ihr vorhielt?
Audoin fügte nichts mehr hinzu, und sein Schweigen erlaubte Genesius, ihr in knappen Worten zu berichten, was geschehen war.
Aunemund von Lyon, einer der mächtigsten Bischöfe des Reiches, groß geworden in der Hofschule Dagoberts und einflussreich vor allem hinter Neustriens Grenzen in Burgund, war beschuldigtworden, seinen Bruder zur Verschwörung angestiftet zu haben.
»Jener Bruder heißt Dalfinus und ist... war Präfekt von Lyon. Nicht zum ersten Mal hat man ihn gegen dich, meine Königin, wettern gehört... doch das tun andere Große dieses Reiches auch. Dalfinus freilich, so hört man, begnügte sich nicht mit Lästerrede. Verbittert darüber, dass wichtige Ämter in Burgund nicht von Landsleuten besetzt worden sind, so wie dein Gemahl es noch gehalten hat, sondern mit Neustriern, plante er gemeinsam mit anderen Mächtigen von Burgund, das Land von deinem Herrschaftsbereich abzulösen. Und sein Bruder, der Bischof, hat ihn dabei unterstützt... ja, es heißt sogar, er wäre der eigentliche Urheber dieses heimtückischen Vorhabens gewesen.«
Er schloss, als wäre damit alles gesagt. Bathildis ahnte den Ausgang der Geschichte; zu deutlich war ihr noch die Anklage des Mönchs im Ohr. Dennoch fragte sie atemlos: »Und dann?«
Genesius blickte fragend zu den Bischöfen – und an seiner statt ergriff nun Audoin mit knurrendem Unterton das Wort.
»Ich kann beschwören, zumal es dafür viele Zeugen gibt, dass ich niemals ein Freund von Aunemund war. Und doch hätte die unschöne Sache den Weg der Gerechtigkeit beschreiten müssen. Die Verschwörer sind von einem Mitwisser verraten worden, doch weder ist der Präfekt von Lyon vor Gericht gestellt worden, wie es die Gesetze unseres Landes in solchem Falle fordern, noch der Bischof vor eine Synode. Solch Verfahren versprach man ihnen zwar, als sie jedoch in Richtung Orléans reisten, um sich dort der Anklage zu stellen und sich zu verteidigen, kamen sie nie am Ziele an. Schon in Mâcon wurden sie aufgehalten und festgenommen. Der Präfekt Dalfinus wurde sofort enthauptet. Der Bischof selbst wollte noch fliehen, und nur die eindringlichen Worte von Waldebert von Luxeuil hielten ihn davon ab, wäre doch solch ehrenrührendes Verhalten als Schuldspruch gewertet geworden... Gelohnt freilich wurde es ihm nicht! Kaum, dass er sich den Duces gestellt hatte und von ihnen verlangte,nach Paris gebracht zu werden, zu dir... wurde er ebenfalls ermordet. Mitten in der Nacht. Ein gewisser Wilfrid war bei ihm, der einst die Nichte Aunemunds hätte heiraten sollen, sich dann aber Gott weihte und stets ein treuer Diener des Bischofs war. Er schrie, dass er gemeinsam mit Aunemund sterben wollte. Nun, sterben musste er, doch durfte es nicht an der Seite seines Herrn sein, sondern er wurde gewaltsam vom Bischof fortgeschleift und erst dann enthauptet. Es wird berichtet, dass er sich noch im Tod
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