Die Regentin (German Edition)
Bett aus Asche ertragen, nur deswegen die niederen Dienste.
Würde auch der Hass auf Ebroin, die Verachtung für seine Taten genügen, um sie gleichsam weich schlafen zu lassen, in irgendeiner grauen Klosterzelle, verbannt von der Welt, von Behaglichkeit, von Macht?
Sadalberga nahm wieder das Messer und begann zu hacken.
»Als Chlodwig starb«, setzte Bathildis unwillkürlich an, »habe ich mich der Pflicht gebeugt und der Liebe zu meinen Söhnen Vorrang gegeben. Ich... ich habe auf Aidan verzichtet, um Regentin zu sein. Ich habe ihm nicht einmal geschrieben, weil Eligius mir sagte, es hätte keinen Sinn, an alte Wunden zu rühren, es könnte meine Macht schwächen. Ja, dieses Opfer habe ich gebracht, und es war ein großes Opfer, das größte, das ich hätte bringen können!«
Sie sprach wie von Sinnen, berücksichtigte nicht, dass Sadalberga ihre Worte nicht verstehen konnte, weil sie doch nichts von Aidan wusste.
»Ich will nicht, dass es umsonst gewesen ist!«, rief Bathildis.
»Ich... ich will mir die Regentschaft nicht rauben lassen!«
»Versucht man es denn?«, fragte Sadalberga.
Einen Augenblick war Bathildis verwirrt, dann fing sie sich.
»Nein... nein, man versucht es nicht. Ebroin zumindest würde mich nie aus dem Amt jagen. Und warum soll ich freiwillig gehen, warum? Etwa seinetwegen?«
»Was wirst du tun, Bathildis?«, fragte die Frau und schabte an einer Möhre, deren einst kräftige Farbe zu einem matten Gelb verkommen war.
Bathildis war froh, dass sie dem Blick des grauen, blinden Auges entging, als sie antwortete.
»Ich werde nicht aufgeben«, zischte sie plötzlich heftig. »Ich werde mich von ihm und seinen Schandtaten nicht vertreiben lassen. Ich... ich habe schon viel Schlimmeres erlebt als diese Unbill. Ich bin Regentin – und ich bleibe es!«
Als sie zurück nach Paris kam, erwartete sie Ebroin im Hof. Seine Schritte waren tänzelnd wie immer, sein Rücken jedoch gebeugt, als trage er an einer schweren Last. Erst als er sie erkannte, richtete er sich auf und gab für wenige Schritte der Regung nach, auf sie hinzustürzen. Wiewohl er sich rasch fasste, wähnte Bathildis dennoch kurz Besorgnis und dann, als er siewohlbehalten erblickte, Erleichterung über sein weißes Gesicht huschen.
»Man sagte mir, du wärst in ein schweres Unwetter gekommen und das Rad wäre gebrochen. Ich hoffe doch, das...«
Sie missachtete die Hand, die er ihr bot, stieg ohne seine Hilfe aus der Kutsche und drehte sich, kaum, dass sie wieder auf festem Boden stand, von ihm weg, um Theuderich herauszuheben.
Ohne ihn anzusehen, erklärte sie scharf: »Ich will, dass Genesius der Nachfolger von Aunemund wird. Das Erste, was er in diesem Amt tun wird, ist, in meinem Namen die Bedürftigen von Lyon zu speisen und zu kleiden. Hernach wird er sämtlichen Männerund Frauenklöstern der Region Geschenke übermitteln – in Form von gemünztem Geld, liturgischen Geräten und anderen Weihegaben. Hast du mich verstanden?«
Bei den letzten Worten hatte sie sich ihm wieder zugewendet. Sie schrie sie.
»Ich bin nicht taub, meine Königin«, gab er zurück, und seine Mundwinkel zuckten unmerklich. »Hat dir der sterbende Eligius diesen Rat ins Ohr geflüstert?«
»Ich traf ihn nur mehr tot an«, zischte sie.
»Nun, meine Königin... schwerlich wirst du mir die Schuld am Verscheiden dieses ehrwürdigen Bischofs zuschieben können. Aunemund mag durch mich gestorben sein – Eligius nicht.«
Bathildis zögerte einen Moment. Mit einer knappen Handbewegung hieß sie Fara nähertreten und schob ihr den kleinen Theuderich mit dem Geheiß zu, ihn in die Kinderstube zu bringen. Erst dann wandte sie sich Ebroin wieder zu.
»Hör mir gut zu«, begann sie – leiser nun, aber deutlich drohend, »wage nicht wieder, Entscheidungen wie Aunemunds Ermordung hinter meinem Rücken zu treffen! Wage nicht wieder, mich zu hintergehen!«
Wieder zuckten seine Mundwinkel unmerklich. »Ich war mirnicht gewiss, ob du dergleichen verstehen würdest... oder ertragen.«
»Ertragen muss ich’s doch in jedem Fall. Und darum sage ich: Kein Schritt mehr ohne mich. Ich bin kein zartes Weib, das Schonung verlangt. Ich weiß zu herrschen.«
Erst jetzt gelang es ihm, seine Züge wieder vollends zu beherrschen. Er verzog die Lippen zu einem starren Lächeln, trat zurück und gab vor, sich zu verneigen.
»Ganz wie du willst, meine Königin«, sprach er leise. »Gibst du mir Rückhalt bei dem Entschluss, dass niemand mehr von den Großen Burgunds
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