Die Regentin (German Edition)
er etwas getan, was dem Gesetz und Anstand widerspräche. Er wollte nur...«
Eine Erinnerung traf Bathildis so unvermittelt wie vorhin Gertrudes Worte – an jenes Abendessen, da Chlodwig zu seiner letzten Jagd aufgebrochen war und Ebroin Rigunth berührt hatte, nicht, weil ihm das Mädchen gefiel, sondern weil er solcherart seine Macht über sie, die Königin, bekunden wollte. Und sie – sie hatte sich von ihm reizen lassen, hatte ihm ihre Brust entgegengereckt und ihm von der Lust erzählt, die sie im König entfachen konnte. Beschämend war dieser Wettstreit zwischen ihnen, peinvoll – und zugleich so berauschend.
Bathildis erschauderte. Sie hatte nicht geahnt, dass es dem Rotäugigen jemals wieder gelingen könnte, solche Heftigkeit in ihr zu zeugen, solchen Ekel und – solchen Neid.
»Er will dich also zum Eheweib?«
Bathildis rief die Frage nicht aus, sie spie sie Rigunth vor die Füße.
»Er denkt darüber nach... und Königin... ach, Königin: Du musst ihn doch verstehen! Es ist nicht abwegig, ganz und gar nicht. Er ist in einer ähnlichen Lage wie einstmals Chlodwig: Nimmt er die Tochter einer großen Sippe, so bringt er alle anderen gegen sich auf. Besser wäre, er entschiede sich für eine, hinter der niemand steht... außer dir. Und du, du bist nicht nur Regentin, du bist seine engste Verbündete.«
»Ich will nicht, dass er dich berührt!«, rief Bathildis. »Wenn ich mir nur vorstelle, dass seine langen, dünnen Finger über deine bleiche Haut streicheln, sie in Besitz nehmen! Nicht nach allem, was er mir angetan hat!«
Rigunth starrte sie nur händeringend an.
»Nein, ich will es nicht, ich will es nicht!«, wiederholte Bathildis heftig.
Rigunth nickte.
»Ich werde niemals tun, was dir missfällt, meine Königin«, murmelte sie ergeben, »aber du denkst zu schlecht von ihm.«
»Ha!«, lachte Bathildis schrill. »Wie könnt ich besser denken von einem, der niemals zögert, zum Tode zu verurteilen, jeden Widersacher, jeden Feind, und sei’s ein Gottesmann.«
»Er tut es doch für dich«, sagte Rigunth leise, fast kleinlaut, wissend, dass sie vergebens reden würde, und doch nicht bereit, auf dieses Widerwort zu verzichten. »Ja, alles, was er tut, tut er für dich. Du hast ihm oftmals zugesetzt, hast ihn deine Verachtung spüren lassen – doch trotz allem bist du seine Königin, verstehst du nicht? Von Anfang an warst du für ihn seinesgleichen: von niederer Herkunft, verachtet von den Großen des Landes... aber geliebt vom König. Er verehrt dich. Er will das Bündnis mit dir stärken. Darum diese Ehe: Er will mich nur, um dich zu haben.«
Wie berauschend und zugleich widerwärtig war Bathildis die Vorstellung, er wäre ihretwegen all die Jahre ohne Weib geblieben, würde sich in einsamen Nächten nach ihr verzehren, und nun – wissend, dass er sie niemals haben konnte – nahm er sichRigunth, weil jene ihr von allen Frauen am Hof am nächsten stand.
»Ich werde es nie erlauben!«
»Wenn du es nicht willst, will auch ich es nicht. Aber Königin, ich glaube, er hat Angst, du könntest ihm entgleiten. Er will dich an seiner Seite wissen, aber er fühlt dich schon lange nicht mehr dort. Er hat es verwunden, dass du ihm lange Zeit gezürnt und mit seinem Tun gehadert hast... doch nun trägt er schwer am Verdacht, er könne dich nicht mehr erreichen, er wäre dir gleichgültig.«
»Oh!«, lachte Bathildis bitter. »Wenn er meinen Hass will – so kann er ihn gerne haben.«
Bathildis ließ die arme Rigunth stehen. Mit gleichem Eifer, mit dem sie vorhin Rigunth gesucht hatte, stürmte sie nun durch die Gänge, um Ebroin aufzustöbern und zur Rede zu stellen, nicht bereit, die Wahl der Worte vorher zu überdenken. Die Suche währte denn auch zu kurz, um sie zu beschwichtigen.
Kaum, dass sie seiner ansichtig wurde und noch ehe er etwas zu sagen vermochte, ging sie auf ihn los.
»Ich sag’s dir ein einziges Mal, Ebroin, ein einziges Mal und dann nie wieder: Komm Rigunth nicht zu nahe! Wage nicht, sie auch nur anzusehen! Du magst über mich Macht haben, weil ich ohne dich nicht herrschen kann – aber sie, sie ist mir wie eine Tochter, sie gehört mir, niemals dir. Nie werde ich erlauben, dass sie die Gattin eines missgestalteten Emporkömmlings wird, eines herzlosen Mörders. Du bist Abschaum, Ebroin, Abschaum! Sie aber wird rein bleiben und unbeschmutzt von dir, du hässliche, widerwärtige Kreatur des Teufels!«
Die Worte trafen ihn unvermittelt – das zeigte die verletzte Miene,
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