Die Regentin (German Edition)
verbringt. Ich habe lediglich gefragt, warum dem so sei.«
»Was treibst du mit ihm hinter meinem Rücken? Was?«
»Ich würde doch niemals etwas tun...«
Rigunth rang hilflos die Hände, von der Königin bei Theuderich aufgespürt, der es liebte, sich von der sanften Frau Geschichten erzählen zu lassen. Vor dem Lieblingssohn hatte Bathildis keine harschen Worte sprechen wollen, konnte jedoch nicht vermeiden, Rigunth am Arm zu packen und hinauszuzerren, viel gröber, als sie jemals eine Dienstmagd angefasst hatte... geschweige denn das Mädchen, das ihr wie eine Tochter war.
»Gertrude hat’s mir erzählt – sie weiß es schon seit langem. Nicht nur einmal hat sie euch beobachtet, wie ihr da gemeinsam steht und plaudert... was habt ihr zu besprechen? Was hast du mit Ebroin zu schaffen?«
Bathildis’ Worte überschlugen sich, so ungeheuerlich war, was Leutsindas Tochter ihr erzählt hatte. Nicht nur, dass sie von Ebroins Bemühen um Rigunth erfahren musste... nein, das, was ihr Gertrude außerdem eben gestanden hatte, erzürnte sie noch mehr.
Es war schon Jahre her, kurz nach dem gewaltsamen Tod des Aunemund von Lyon, da hatte Ebroin zum ersten Mal die Nähe von Bathildis’ Frauen gesucht. Nicht auf Rigunth war damals seine Wahl gefallen. »Nein«, hatte Gertrude stattdessen kleinlaut erzählt, »nein... um mich hat er geworben. Er sagte, er wollte sich vermählen... und ich erschiene ihm passend, wo ich doch Erchinoalds Tochter und er dessen Nachfolger wäre. Und obendrein, das sagte er auch, wäre ich eine deiner Vertrauten.«
Unscharf erinnerte sich Bathildis an jene vergangene Stunde, da Gertrude mit ihr hatte sprechen, ihr Wichtiges hatte mitteilen wollen und sie zu sehr in ihren eigenen Sorgen gefangen war, um darauf zu hören.
»Du hast ihn abgewiesen?«, hatte sie Gertrude gefragt.
Der Ausdruck, der auf der anderen Miene entstand, war ihr fremd. Obzwar Bathildis schon früher überlegt hatte, dass mehr hinter Gertrudes schlichtem Plappern stecken müsste als nur ein hohler Geist – wie hätte sie sonst den Willen durchgesetzt, unverheiratet zu bleiben? – war ihr doch die Ernsthaftigkeit fremd, die hinter den Worten lag, die sie da sprach. »Es steht mir nicht an, darüber zu richten. Doch Ebroin hat meinem Bruder Leudesius das Amt des Major Domus geraubt. Vielleicht hat’s mein Bruder nicht besser verdient, vielleicht hat er sich zu willig vertreiben lassen. Doch seinen Widersacher will ich nicht... genauso wenig wie jeden anderen Mann.«
»Und Ebroin?«
»Ich hatte nicht den Eindruck, er wäre sonderlich enttäuscht. Jedoch hat er gestichelt – du weißt, mit dieser hohen, schrillen Stimme, die immer dann laut wird, wenn etwas ihn erbost. Gespottet hat er, dass er mit meiner Entscheidung leben müsste und dass mir Eure Gesellschaft wohl lieber wäre als die seine.«
Diese letzten Worte bestätigten Bathildis’ Verdacht, der schon bei der ersten Andeutung geschürt worden war: Dass Ebroin nicht nur auf Brautschau war, sondern ihr etwas beweisen wollte. Dass er ein Recht auf eine ihrer Getreuen zu haben vermeinte, dass er das Band, das sie so gerne schlaff hängen sah, wiewohl sie’s aus Kalkül und Trotz niemals durchgeschnitten hätte, noch entschiedener zu stärken suchte als nur durch gemeinsame Politik.
»Und... und Rigunth?«, fragte sie.
Gertrude zuckte die Schultern. »Ich kann nicht beschwören, dass er dasselbe von ihr will wie einst von mir. Fest steht, dass er ihre Nähe sucht, dass er überall zur Stelle ist, wo sieauftaucht, um sie abzupassen und mit ihr zu reden. ... Und ich habe nicht den Eindruck, dass Rigunth sich dagegen sträubt.«
Anstatt darüber nüchtern nachzudenken, überkam Bathildis solch ein Widerwille, als hätte Ebroin nicht nur um eine der Frauen geworben, sondern sie gewaltsam genommen.
Genug hatte sie ihm opfern müssen – dies aber durfte er nicht!
Sie hatte Gertrude stehen lassen und Rigunth gesucht, um jene ohne Erklärung zu beschimpfen. Rigunth begriff sehr rasch, wie wütend die Königin war, jedoch nicht gleich, warum. »Ich wusste nicht«, setzte sie bedauernd an, sobald ihr dämmerte, dass es um Ebroin ging, »ich wusste nicht, dass es verboten ist, mit ihm zu reden. Ansonsten hätte ich...«
»Ich will es nicht, verstehst du? Ich will nicht, dass er deine Ehre befleckt!«
»O, glaub mir, Königin, er hat meine Ehre nicht befleckt. Er ist... er ist aus achtbaren Gründen auf mich zugekommen. Und nie ist er mir zu nahe getreten, nie hat
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