Die Regentin (German Edition)
zurückhalten sollten, doch der Bischof lohnte es ihr nicht mit Erleichterung, sondern mit einem Kichern, schnaufend und ächzend.
»Und wenn’s so wäre!«, fuhr er fort, bäumte sich gegen die Fessel auf, versuchte, mit seinen nackten, weißen Füßen festen Stand zu finden. »Für mich seid Ihr nicht länger Königin. Wisset – selbst Ebroins Fratze ist mir lieber als die Eure; sie mag hässlicher sein, aber verlogener ist das Antlitz einer Frau, welche nichts weiter ist als eine dreckige, kleine Sklavin!«
Nach seinen ersten bösen Worten hatte sie noch Abstand gesucht. Nun überbrückte sie ihn mit schnellen Schritten, hob die Hand, schlug ihn in sein Gesicht. Sie wusste nicht genau, was sie dazu trieb – Ärger über seine Beleidigung oder Verzweiflung über die grauenhafte Lage, in die sie geraten war. Kaum war das Klatschen verklungen, zuckte sie zurück. Für ihn war’s wohl ein lächerlich geringer Schmerz, gemessen an dem, was ihm die Folterknechte angetan hatten – sie selbst aber wähnte ihre Hand verklebt von Blut und Eiter und Schweiß. Sie war beschämt, dass er ihr mehr Ekel aufzwingen konnte, als sie ihm Strafe zufügen.
»Wer sich an Bischöfen vergreift, hat nicht verdient zu herrschen!«,spuckte er ihr schon entgegen. »Ebroin ist nichts weiter als ein Bastard, und Ihr seid ein verfluchtes Weib!«
»Ganz gleich, woher ich komme und wer ich war... ich habe dem König Söhne geschenkt!«
»Chlodwig war schwach, das wussten alle hier im Reiche. Gewiss, er war der Sohn von Dagobert und seine Würde darum unantastbar. Doch seit er tot ist, denke ich... denken viele, dass vom Geschlecht der Merowinger kein Großer mehr zu erwarten sei. Wie könnte es auch anders sein, wo denn ein Missgestalteter und eine Sklavin herrschen!«
Schon teilte sie neuerliche Schläge aus, diesmal nicht mit der flachen Hand, sondern mit der Faust, auf dass sie weniger von seiner weichen, geschundenen Haut spüren müsste.
»Halt dein Maul!«, zischte sie und schlug direkt auf seine Lippen, auf seine Nase, auf seine Augen. Er zog an seinen Fesseln, um ihr zu entweichen, duckte seinen Kopf, doch, groß gewachsen, war es ihr ein Leichtes, ihm von allen Seiten zuzusetzen. »Was forderst du mich heraus? Was buhlst du nicht um meine Gnade?«
»Pah!«, machte er nur.
»Du denkst, es ist nicht notwendig, eine wie mich zu achten, nicht wahr?«, keuchte sie, und sämtlicher Unwille, den diese Stunde zeugte, verband sich mit vergangener Kränkung. »Deinesgleichen haben mich schon vor Jahren mit größter Lust verspottet. Dir hätte es gewiss auch gefallen, nicht wahr, wie sie da hockten, meinen Worten widerwillig lauschten und sich dachten: Soll das hübsche Mädchen nur den König beglücken, uns aber soll sie in Frieden lassen! ... Nun, was ist? Willst du mich noch mal Sklavin heißen? Ist’s nicht beschämend, von einem Mädchen ohne Stand geschlagen zu werden?«
Sie lachte keuchend. Er aber legte den Kopf in den Nacken, dann ließ er ihn vorschnellen und spuckte ihr ins Gesicht.
Bathildis’ angewiderter Aufschrei war noch nicht im Raum verhallt, da er von einem anderen Laut übertönt wurde – röhrend,würgend und doch durchdringend. Noch ehe Sigobrands Speichel ihr Gesicht getroffen hatte, da verzog sich schon sein hämisches Maul vor unerträglichen Schmerzen. Einer der Knechte hatte ihre Zustimmung nicht abgewartet, war vorgeschnellt und hatte Sigobrand die glühende Zange wie eine Lanze in den gelblich-weichen Bauch gerammt. Mit einem grässlich zischenden Laut zerriss das glühende Eisen die Haut, verbrannte es zu seiner stinkenden, schwarzen Wunde. Als er die Zange wieder herauszog, so floss kein rotes Blut, sondern nur eine glasige Flüssigkeit.
»Nicht!«
Der Mann hatte ein zweites Mal ansetzen wollen, sein teuflisches Gerät in die nackte Haut zu rammen. Unwillig hielt er ob Bathildis’ Befehl inne.
»Sollen wir ihm die Zunge rausreißen lassen? Ihn blenden? Ihn kastrieren?«
Sie fühlte, wie Sigobrands warmer Speichel über ihr Gesicht lief, über ihr Kinn, ihren Hals, wie er langsam begann, in ihren Mantel zu sickern. Noch während sie ihn mit zitternder Hand fortwischte, spürte sie ein Würgen sie überkommen; der süßliche Gestank von versengtem Haar kitzelte in ihrer Kehle. Sie war sich gewiss, dass sie, wenn sie nicht eiligst floh, vor die Füße des unmenschlich Schreienden speien würde.
»Nicht!«, wiederholte sie.
Obwohl sie der Folter nicht zugestimmt hatte, so zürnte sie ihm doch
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