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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Schenkel wieder trocken und die Nachmittagssonne neigte sich, da hatte immer noch kein Käufer um Aidan und sie gefeilscht, und jener stand in sich versunken und weigerte sich, etwas von dem abscheulichen Ort zu sehen.
    Gedankenverloren zog Bathildis an ihren Fesseln, und wiewohl sie sich nicht davon befreien konnte, gelang es ihr doch, sie so weit zu lösen, dass sie sich umdrehen konnte. Nicht weit von sich und Aidan erspähte sie ein Mädchen in ihrem Alter, mit breiten Schultern, kräftigen, schwieligen Händen und ebenso an eine Holzstange gebunden. Sie war eine von vielen anderen, fiel ihr jedoch auf, weil sie nicht ächzte, sondern grinste.
    Wie kann sie in solcher Lage lachen?, ging Bathildis verwundert durch den Kopf.
    Als hätte sie die Worte laut ausgesprochen, wandte sich das Mädchen ihr zu, schaute ihr herausfordernd in die Augen und studierte hernach nachlässig und auch ein wenig verächtlich ihre Gestalt.
    »Oh, ein feines Fräulein unter uns dreckigem Gesinde!«, stieß sie kichernd aus.
    Bathildis weitete überrascht ihren Blick. Zu ihrem Erstaunen verstand sie die Worte der anderen, zwar nicht jedes einzelne, jedoch ihren Sinn.
    »He, du da!«, rief sie und erschrak selbst, weil ihre Stimme so gar nicht matt und leidend klang, sondern herrisch und befehlend. »Bist du vom Volk der Angeln und der Sachsen? Kommst du auch aus Britannien?«
    Dass sie so forsch fragte, schien das Mädchen zu überraschen, denn es runzelte die Stirne, wenngleich nicht lange.
    »Das nicht, aber mein Vater war Sachse, und Sprachen spreche ich viele«, gab sie zur Antwort. »Habe schon so oft meinen Herrn gewechselt, dass es auf dieser Welt kein Fleckchen Land gibt, über das ich nicht schon gezerrt wurde... Siehst mir übrigens nicht aus, Prinzessin, wie eine, die man gerne kaufen will. Keiner bietet für dich und deinen Bruder. Was mich nicht wundert. Hast du schon mal Feuer gemacht oder Schweine geschlachtet? Kann dein Bruder Bäume fällen oder Stein hauen? Wenn sie euch nicht loswerden, dann verfüttern sie euch an die Fische.«
    Bathildis zuckte entsetzt zusammen. »Das ist nicht wahr!«
    Das Mädchen lachte laut auf. »Natürlich ist das nicht wahr! Wenngleich ich meinte, es wäre ein gnädigeres Geschick für eine wie dich. Scheinst zum Schuften nicht zu taugen.«
    »Dazu bin ich auch nicht geboren worden!«, gab Bathildis scharf zurück, um sich solcherart für den Schrecken zu rächen. »Aber sag, wo sind wir hier? Wie heißt dieser schreckliche Ort?«
    »Nicht schrecklicher ist’s hier als anderswo. Du bist mit dem Schiff der Friesen gekommen, nicht wahr? So sei froh, dass siedich nicht in ihre Heimat mitgenommen haben. Hier sind wir im Frankenland, und diese Stadt heißt Quentovic, manch einer nennt sie Wik. Siehst du den Fluss dort drüben ins Meer münden? Das ist die Canche.«
    Bathildis seufzte erleichtert. »So leben also Christen hier, nicht Heiden?«
    Das Mädchen zuckte mit den Schultern. »Die einen sind nicht besser als die anderen. In jedem Fall wollen sie dich verkaufen und gutes Geld machen. Sie schlagen dich, wenn du nicht gehorchst. Sag, wie bist du und dein Bruder in die Hände der Friesen geraten?«
    »’s ist nicht mein Bruder, sondern mein Bräutigam. Aidan ist sein Name, und meiner Bathildis.«
    »Der ist zu lang, man wird dich anders heißen. Ich selbst weiß gar nicht mehr, mit welchem Namen ich geboren wurde, mein letzter Herr hieß mich stets Bruntje. Heute gab er mich ab, weil er lieber mit einem Fass Met heimkehrt als mit mir. Hab ihm das Handelsgut schleppen müssen, doch kaum hat er’s hier verkauft, brauchte er mich nicht länger. ... Schade ist das, zwei meiner Brüder leben noch auf seinem Hof, und ich hätt’ sie gern wiedergesehen.«
    Sie sagte es gleichgültig, lachte hernach gackernd wie ein Huhn. Der Ton schmerzte Bathildis mehr als alle Klagen, mehr als alles Schluchzen und Stöhnen, das von den anderen Gebundenen ertönte.
    »Nun«, fuhr Bruntje fort. »Mich sind sie bald los... wenn sie dich nicht vorher im Meer ertränken, werden dich die Friesen wohl in ihre Heimat mitschleppen müssen, und deinen Bruder auch, so schwächlich wie der dreinschaut.«
    »Es ist nicht mein Bruder!«
    »Sei’s drum! Weißt du, dass die Männer aus dem Norden Sklaven töten, wenn einer der ihren stirbt? Sie legen sie ihm ins Grab, mit Wagen und Schlitten, Stoffen und Schüsseln, Pferden und Hunden.«
    »Schweig still, ich bitte dich!«
    Bruntje lachte wieder kreischend. »Besser, du

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